Drostens Fahrplan für die zweite Welle

Vorsicht vor Superspreadern!

silv
Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité hat Pläne vorgelegt, wie Deutschland einen zweiten Lockdown verhindern könnte. Er rät zur Konzentration auf Cluster und das Führen eines Kontakt-Tagebuchs.

In einem Beitrag für die „Zeit“ schlägt er eine neue Strategie im Kampf gegen das Coronavirus vor. Denn die zweite Welle werde einer anderen Dynamik folgen als die erste. Damals sei das Virus von Reisenden nach Deutschland eingeschleppt worden und breitete sich aus den jeweiligen Altersgruppen heraus im Land aus. Mittlerweile habe sich das geändert: das Virus ist jetzt gleichmäßiger verteilt und Drosten geht davon aus, dass sich nach der Urlaubssaison auch die Ansteckungen gleichmäßiger als bisher verteilen werden. Das mache die Nachverfolgung schwieriger und die Gesundheitsämter laufen Gefahr, überfordert zu werden.

Superspreader sorgen für Infektionscluster

Drosten fordert deshalb, die „Superspreader“ – Menschen, die jeweils eine ganze Gruppe weiterer Menschen anstecken – genauer zu betrachten. Ein Superspreader sorgt für Infektionscluster, aus denen schnell neue Infektionsketten entstehen können. Weil diese Cluster die Epidemie beschleunigen, argumentiert Drosten, sei deren schnelle Nachverfolgung so wichtig im Kampf gegen die Pandemie.

Die Gesundheitsbehörden sollten nur noch mit behördlichen Maßnahmen wie zum Beispiel Quarantäne reagieren, wenn ein positiver Corona-Test von einem möglichen Clustermitglied stammt. Clustermitglieder sollen kürzer als bisher in Quarantäne, es reiche aus, Clustermitglieder fünf Tage lang zu isolieren. Diese Phase nennt der Berliner Virologe „Abklingzeit“. Drosten in der „Zeit“: „Solch eine pauschale Regelung für Cluster ist zu verkraften und allemal besser als ein ungezielter Lockdown.“ Zum Ende der Abklingzeit sollen die Betroffenen auf die Höhe der Viruslast getestet werden. Eine niedrige Viruslast bedeute, dass der Patient nicht mehr ansteckend sei.

Vorbild Japan – erste Welle ohne Lockdown

Als Vorbild für seine These dient Drosten Japan. „Statt viel und ungezielt zu testen, hat Japan früh darauf gesetzt, Übertragungscluster zu unterbinden. Japan gelang es, die erste Welle trotz einer erheblichen Zahl importierter Infektionen ohne einen Lockdown zu beherrschen“, schreibt er in der „Zeit“. Und: „Die Erfahrung aus anderen Ländern lehrt uns schon jetzt, dass eine vollkommene Unterbrechung der Einzelübertragungen unmöglich ist. Wir müssen also den Gesundheitsämtern in schweren Zeiten erlauben, über das Restrisiko hinwegzusehen. Sie müssen das wenige Personal dort einsetzen, wo es drauf ankommt: bei den Clustern.“

Um nachverfolgen zu können, mit wem ein Superspreader Kontakt hatte, rät er dazu, dass alle Bürger im kommenden Winter ein Kontakt-Tagebuch führen sollten. „Quellcluster“ könnten zum Beispiel eine Fußballmannschaft, Teilnehmer eines Volkshochschulkurses, eine Schulklasse oder Kollegen in einem Großraumbüro sein.

Die wichtigsten sieben Punkte seiner Empfehlungen: Konzentration auf Cluster, Mut zum Restrisiko, Maskenpflicht, Kontakt-Tagebuch führen, Beschränkung privater Feiern, Schulklassen im Schulalltag voneinander trennen, Testung auf Infektiosität statt wie bisher auf Infektion.

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