Studie der Cleveland Clinic und der Universität Gent

Warum Herpes eine Gehirnentzündung auslösen kann

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Gesellschaft
Forscher aus den USA und Belgien haben herausgefunden, warum es bei einer Infektion mit dem verbreiteten Herpes Simplex Virus 1 (HSV-1) in seltenen Fällen zu einer Entzündung des Gehirns kommen kann.

Forscher der Cleveland Clinic und der Universität Gent haben Gendaten eines Patienten mit Immunschwäche analysiert, der im Alter von neun Monaten mit Herpes-Enzephalitis - einer seltenen, aber lebensbedrohlichen Gehirnentzündung nach einer HSV-1-Infektion - ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Dabei identifizierten sie  neue Mutationen im Gen GTF3A, die die angeborene Immunantwort beeinträchtigen.

Ein genetischer Marker für das Herpes-Enzephalitis-Risiko

Die Ergebnisse könnten als genetischer Marker dienen, mit dem Ärzte das Herpes-Enzephalitis-Risiko eines Kindes abschätzen können, obwohl solche Mutationen in der Bevölkerung im Allgemeinen sehr selten sind.

Rund 70 Prozent der Bevölkerung tragen HSV-1 nach einer Infektion in der Kindheit in sich, davon zeigen viele überhaupt keine Anzeichen. Das häufigste Symptom sind Fieberbläschen im Mund. HSV-1 ist für Menschen mit einer Immunschwäche gefährlicher.

"Genetische und mechanistische Analysen von ungewöhnlichen Viruserkrankungen wie der Herpes-Enzephalitis sind recht selten. Tatsächlich sind die Ursachen für schwere Herpes-Enzephalitis oft unbekannt", sagt Dr. Michaela Gack von der Cleveland Clinic. "Diese Informationen geben uns einen unschätzbaren Einblick in die grundlegenden molekularen Prozesse, die unsere Immunreaktion steuern, und eröffnen Möglichkeiten für die künftige Erforschung der Folgen schwerer Krankheiten."

Die defekten Zellen können HSV-1 nicht mehr kontrollieren

Gack stellte fest, dass die Zellen mit den Mutationen aufgrund von Defekten in bestimmten immunstimulierenden RNAs anfälliger für eine HSV-1-Infektion waren und die Fähigkeit verloren, das HSV-1-Virus zu kontrollieren. Das betroffene Gen ist Teil des körpereigenen Abwehrsystems, das Interferone zur Bekämpfung von Viren produziert. Interferone sind für die menschliche Immunreaktion und für die Unterdrückung der Virusinfektion und -ausbreitung von entscheidender Bedeutung.

Epidemiologie und Symptome einer Herpes-Enzephalitis

Die Erkrankung beginnt mit unspezifischen grippeähnlichen Symptomen, die für 1 bis 4 Tage persistieren. Dieser Prodromalphase folgt nach kurzzeitiger Besserung ein plötzlicher Fieberanstieg mit Kopfschmerzen und Erbrechen. Die Patienten machen einen schwerkranken Eindruck und zeigen schließlich eine psychomotorische Verlangsamung sowie die Symptome eines hirnorganischen Psychosyndroms. Häufig entwickeln sich eine Aphasie, eine leichte Hemiparese, ein Meningismus und fokale oder generalisierte epileptische Anfälle. Unbehandelt steigt der Hirndruck und es entwickelt sich eine Bewusstseinsminderung bis hin zum Koma.

Ungefähr 10 bis 20 Prozent der akuten sporadischen Virusenzephalitiden werden durch HSV verursacht. Die jährliche Inzidenz wird auf 1/250.000 bis 1/1.000.000 geschätzt. Dabei sind vor allem Personen zwischen 5 und 30 Jahren sowie über 50-Jährige betroffen.

Quelle: DocCheck

Dieser neue genetische Pfad könnte hilfreich sein, um die Immunreaktion auf andere Viren wie das Epstein-Barr-Virus zu verstehen, ein weit verbreitetes Virus, das mit Mononukleose in Verbindung gebracht wird und mit bestimmten Arten von Krebs und Multipler Sklerose in Verbindung steht.

Hilfreich, um die Immunreaktion auf das Epstein-Barr-Virus zu verstehen

"Das Verständnis der molekularen Prozesse, die der antiviralen Reaktion zugrunde liegen, ist der Schlüssel zur Behandlung oder möglicherweise zur Vorbeugung schwerer Virusinfektionen, die das Leben von Patienten und Familien verändern", resümiert Gack. "Unsere Erkenntnisse über kritische Immunabwehrproteine könnten in der Zukunft zu neuen Therapien führen."

Naesens L, Muppala S, Acharya D, Nemegeer J, Bogaert D, Lee JH, Staes K, Debacker V, De Bleser P, De Bruyne M, De Baere E, van Gent M, Liu G, Lambrecht BN, Staal J, Kerre T, Beyaert R, Maelfait J, Tavernier SJ, Gack MU, Haerynck F. GTF3A mutations predispose to herpes simplex encephalitis by disrupting biogenesis of the host-derived RIG-I ligand RNA5SP141. Sci Immunol. 2022 Nov 25;7(77):eabq4531. doi: 10.1126/sciimmunol.abq4531. Epub 2022 Nov 18. PMID: 36399538.

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