Wer war Philipp Pfaff?

sf
Gesellschaft
Wer auf den Namen "Philipp Pfaff" stößt, erfährt, dass er "der Wegbereiter der wissenschaftlichen Zahnheilkunde in Deutschland“ sei. Doch ist diese Zuschreibung überhaupt gerechtfertigt? Mit wem haben wir es eigentlich zu tun? Der Medizinhistoriker und Medizinethiker Prof. Dominik Groß ordnet Pfaffs Schaffen ein.

Der vorliegende Beitrag nimmt den 250. Todestag von Philipp Pfaff zum Anlass, diesem Zahnarzt nachzuspüren und seine Bedeutung für die Zahnheilkunde näher zu beleuchten. Philipp Pfaff wurde vermutlich Anfang 1713 in Berlin geboren. Genaueres ist nicht bekannt. Es existiert lediglich ein Taufbucheintrag vom 27. Februar 1713 in der Berliner Domgemeinde, der auf dieses ungefähre Geburtsdatum schließen lässt.

Zu jenem Zeitpunkt war die Zahnheilkunde noch kein eigenständiges Fach. Sie wurde teilweise von Wundärzten – das heißt,. handwerklich ausgebildeten Chirurgen - (mit)betrieben, teilweise lag sie aber auch in den Händen von sogenannten Zahnbrechern oder Zahnreißern. Hierbei handelt es sich um nicht oder nicht regelhaft ausgebildete Behandler, die ihre Tätigkeit häufig im Umherziehen ausübten („Wanderheiler“).

Pfaff sollte einen anderen Weg einschlagen

Pfaff sollte einen anderen Weg einschlagen: Er erlernte die Chirurgie an der Charité, wo er auch Lehrveranstaltungen in der Medizin und – soweit verfügbar – in der Zahnheilkunde belegte. Dieser Ausbildungsweg lag insofern nahe, als Pfaff selbst der Sohn eines Chirurgen war: Der Heidelberger Wundarzt Johann Leonhard Pfaff war 1710 nach Berlin gekommen und dort zum Amtschirurgen und Prosektor an der Charité avanciert. Er gehörte damit zu den Lehrern seines Sohnes, der in Berlin seine chirurgische Abschlussprüfung vor dem Collegium Medicum absolvierte, die auch zur Tätigkeit in der Zahnheilkunde berechtigte.

Nach der Ausbildung absolvierte Pfaff seinen Militärdienst in den Infanterie-Regimentern Nr. 25 des Oberst von Kalckstein und Nr. 34 des Prinzen Louis Ferdinand von Preußen. Zudem nahm er als Kompaniechirurgie am Ersten Schlesischen Krieg teil. Hier konnte er angesichts der vielen Kriegsverletzten seine Kenntnisse in der Wundversorgung und Traumatologie maßgeblich erweitern. Nach dem Ende des Militärdienstes eröffnete er in Berlin eine wundärztliche Praxis, wo er sich mehr und mehr auf die zahnbehandelnde Tätigkeit konzentrierte.

###more### ###title### Er schrieb das erste deutsche zahnmedizinische Lehrbuch ###title### ###more###

Er schrieb das erste deutsche zahnmedizinische Lehrbuch

Wann genau und aus welchen Gründen er sich der wenig prestigeträchtigen Zahnmedizin zuwandte, ist nicht überliefert. Bekannt ist dagegen, dass er sich auch intensiv mit der wissenschaftlichen Zahnheilkunde auseinandersetzte. Wichtigster wissenschaftlicher Bezugspunkt in dieser Zeit: das Lehrbuch des Franzosen Pierre Fauchard (1678-1761). Dieser hatte 1728 die weltweit erste umfassende Monografie über Zahnmedizin verfasst, welche 1733 auch ins Deutsche übersetzt worden war. Es besteht kein Zweifel, dass Pfaff sein Wissen zu wesentlichen Teilen aus diesem Lehrbuch schöpfte und zusätzlich eigene Erfahrungen einbrachte.

So kam es, dass er 1756 im Alter von ungefähr 43 Jahren das erste von einem deutschen Zahnarzt verfasste Lehrbuch über Zahnmedizin vorlegen konnte. Es trug den Titel „Abhandlungen von den Zähnen des menschlichen Körpers und deren Krankheiten“ und enthielt etliche diagnostische und therapeutische Anweisungen, die wegweisenden Charakter entfalteten.

Schon Pfaff bekannte sich zum Zahnerhalt

Sie betrafen unter anderem die erste Beschreibung einer extraoralen retrograden Wurzelfüllung im Rahmen einer Zahnreplantation, eine direkte Überkappung der vitalen Zahnpulpa mit Goldplättchen sowie eine Abdrucknahme vom Kiefer mit Siegelwachs. Bemerkenswert ist vor allem auch Pfaffs klares Bekenntnis zum Zahnerhalt – in einer Zeit, in der die Zahnextraktion immer noch als die Standardtherapie bei schadhaften Zähnen galt. Hinzu kamen Hinweise zum zahnärztlichen Instrumentarium, zur Mundhygiene und zu Arzneimittel(rezepte)n.

###more### ###title### Wie er den König beeindruckte ###title### ###more###

Wie er den König beeindruckte

Pfaffs Werk versammelte das zahnmedizinische Wissen seiner Zeit und wurde somit zum ersten Meilenstein einer (proto)wissenschaftlichen Zahnheilkunde in Deutschland. Zu den interessanten Anekdoten rund um Pfaff gehört die Geschichte, dass er sein Buch König Friedrich dem Großen am 19. Mai 1756 persönlich vorlegen durfte. Seine Leistung hinterließ offensichtlich Eindruck: Der König ernannte Pfaff nachfolgend zum Hofrat und Hofzahnarzt.

Die tatsächliche Verbreitung des Buchs, das seinerzeit in normaler Ausstattung 16 und mit besserem Papier 20 Groschen (der zehnfache Tageslohn eines Knechts) kostete, ist heute nicht mehr zu bestimmen. Fest steht immerhin, dass es bereits am 20. Mai 1756 eine positive Buchbesprechung in den „Berlinischen Nachrichten“ gab, und dass einige Originalexemplare den Weg in Universitätsbibliotheken fanden. Heutzutage sind zudem Faksimile-Nachdrucke seines Werkes verfügbar.

###more### ###title### Arm gestorben, reich verehrt ###title### ###more###

Arm gestorben, reich verehrt

Pfaff war verheiratet, blieb jedoch kinderlos. Er starb am 4. März 1766 im Alter von 53 Jahren an der „Brustkrankheit“ – wobei es sich vermutlich um Tuberkulose handelte, einer in jener Zeit ebenso gefürchteten wie verbreiteten Krankheit. Pfaffs Werk hatte ihm somit keinen Wohlstand eingebracht – wohl aber einen beträchtlichen Nachruhm.

Hiervon zeugen die Tatsache, dass Pfaff Namensgeber der gemeinsamen Fortbildungseinrichtung der Zahnärztekammer Berlin und der Landeszahnärztekammer Brandenburg („Philipp-Pfaff-Institut“) und einer zahnärztlichen Gesellschaft („Deutsche Zahnärztliche Philipp-Pfaff-Gesellschaft“) ist. Zudem hat sich das Dentalmuseum im sächsischen Zschadraß jüngst dem Leben und Werk Philipp Pfaffs gewidmet, wobei es das Behandlungszimmer Pfaffs aus Anlass des Jubiläums in originalgetreuer Rekonstruktion präsentiert.

250 Jahre nach seinem Tod ist Philipp Pfaff – als einziger deutscher Zahnarzt des 18. Jahrhunderts – dank seines Oeuvres immer noch unvergessen. Er ist damit genau das, was ihm nachgesagt wird: Ein Schrittmacher der wissenschaftlichen Zahnheilkunde im deutschsprachigen Raum. 

Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Dr. phil. Dominik Groß  leitet dasInstitutfür Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Uniklinik RWTH Aachen.

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.