Medizin

Das richtige Medikament

ck/pm
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Auch Krebszellen unterliegen dem Darwinschen Gesetz "survival of the fittest". Forscher arbeiten jetzt daran, Medikamente zu entwickeln, die verhindern, dass der Tumor Metastasen bildet.

Der Kampf gegen Krebs ist für Betroffene eine langwierige Angelegenheit: Auch wenn ein Tumor operativ entfernt wurde, ist die Krankheit längst nicht ausgestanden. Zellen aus dem Tumor streuen in andere Organe und können sich dort zu neuen Metastasen auswachsen. Um auch diese gestreuten Zellen unschädlich zu machen, muss sich der Patient nach der Operation einer Chemotherapie unterziehen.

Den genetische Fingerabdruck des Tumors finden

Neuere Behandlungsansätze, etwa für Brustkrebs, beziehen molekulargenetische Erkenntnisse mit ein, um für die Patientinnen die wirksamste Medikation zu finden: Die Ärzte untersuchen dazu den genetischen Fingerabdruck des Primärtumors.

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Toxikologie und Experimentelle Medizin haben nun Erstaunliches herausgefunden: "Die Annahme, dass die gestreuten Zellen die gleichen Eigenschaften aufweisen wie der Primärtumor, stimmt manchmal, aber bei weitem nicht immer", erklärt Prof. Christoph Klein, Leiter der  Projektgruppe »Personalisierte Tumortherapie« in Regensburg.

Der Wissenschaftler und sein Team wiesen nach, dass die Streuung weitaus früher erfolgt als bislang angenommen. Im Fall von Brustkrebs etwa wird ein Tumor in der Regel bei einer Größe von 1 bis 2 Zentimetern diagnostiziert - die Streuung beginnt jedoch schon bei einer Größe von 1 bis 6 Millimetern.

Krebs ist ein Evolutionsprozess

"In diesem Krankheitsstadium ist der Primärtumor meist noch gar nicht entdeckt. Folglich kennt man auch seine Eigenschaften zu diesem Zeitpunkt nicht", sagt Klein. Untersuchungen am Tiermodell bestätigen seine These: Die gestreuten Zellen weisen andere Eigenschaften auf als ein Primärtumor, der bereits tastbar ist. "Krebs ist ein Evolutionsprozess: Die Zellen verändern sich im Laufe der Erkrankung", bringt es Klein auf den Punkt.

Um eine zielgerichtete Behandlung zu gewährleisten, muss sich der Fokus bei der Diagnose nach Ansicht des Forschers künftig stärker vom Primärtumor auf die gestreuten Zellen verlagern. Die Regensburger Projektgruppe arbeitet an Verfahren, um solche Zellen mithilfe von Markern zu detektieren und molekulargenetisch zu analysieren.

Informationen aus dem Wächterlymphknoten

In einer neuen Studie zu Melanomerkrankungen zeigten die Forscher beispielsweise, dass sich im Wächterlymphknoten bereits in einem frühen Stadium gestreute Zellen finden lassen, die aufschlussreiche Informationen über die aktuellen Zelleigenschaften liefern.

Der Wächterlymphknoten ist der erste Lymphknoten im Abflussgebiet des Tumors und muss von allen über die Lymphflüssigkeit gestreuten Tumorzellen passiert werden. Darüber hinaus belegt die Studie einen engen Zusammenhang zwischen der Anzahl der gestreuten Zellen im Wächterlymphknoten und dem Risiko, dass die Patienten an der Krankheit sterben. Kombiniert man diese Informationen mit Eigenschaften des Primärtumors, lässt sich die Prognose für den Patienten sehr gut abschätzen.

Das richtige Medikament gegen Metastasen

Unser Ziel ist es, für den einzelnen Patienten die richtigen Medikamente zu finden, so dass erst gar keine tödlichen Metastasen heranwachsen", erläutert Klein. Bei manchen Patienten wären dabei eventuell ganz andere Maßnahmen als die hochtoxische Chemotherapie hilfreich.

Denn auch Krebszellen unterliegen nach Erkenntnissen der Wissenschaftler dem Darwinschen Gesetz "survival of the fittest": Streuen sie in andere Körperregionen, müssen sie dort mit einem anderen Selektionsdruck zurechtkommen als an ihrem Entstehungsort. Die gute Nachricht: Die meisten Zellen schaffen das nicht - und können sich folglich nie zur Metastase auswachsen.

Für seine Erkenntnisse wurdeChristoph Klein mit dem Deutschen Krebspreis ausgezeichnet. Der Wissenschaftler möchte mit seiner Arbeit dazu beitragen, die Dynamik von Krebserkrankungen besser zu verstehen und die Behandlung daran auszurichten.

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