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Forschungsprojekt zu DDR-Medikamententests startet

eb/dpa
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Nach wochenlangem Ringen um die Finanzierung ist jetzt klar: Ein Forschungsprojekt soll Aufklärung in die westlichen Arzneimitteltests in der DDR bringen. Das Vorhaben startet noch im Juni.

Grünes Licht für die Aufklärung der DDR-Arzneimitteltests: Die umstrittenen Medikamententests westdeutscher Pharmafirmen in DDR-Kliniken werden an der Berliner Charité wissenschaftlich untersucht. Ein entsprechendes Forschungsvorhaben sei nun auf den Weg gebracht, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme von Charité und Bundesinnenministerium am Mittwoch. Das auf zweieinhalb Jahre angelegte Projekt unter Leitung des Charité-Medizinhistorikers Prof. Volker Hess soll am 15. Juni starten.

Aus Sicht der Bundesregierung besteht ein erhebliches Interesse an einer gründlichen und umfassenden Aufklärung des Sachverhalts", betonte der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Bergner, am Mittwoch. Ziel sei, zunächst alle in der DDR im Auftrag von Westfirmen durchgeführten Versuche zu erfassen und darüber hinaus auch ausgewählte Fallstudien zu sichten. 

Über 50.000 Menschen waren Versuchskaninchen

Das Bundesinnenministerium übernimmt rund 70 Prozent der Finanzierung. 30 Prozent steuern die Bundesstiftung Aufarbeitung, die Pharmaindustrie, die Bundesärztekammer und einige Landesärztekammern bei. Über das Gesamtvolumen gab es keine Angaben. Auch über die Details der weiteren Untersuchungen wollten sich die Beteiligten zunächst nicht äußern. Hess arbeitet schon seit längerem an der Aufarbeitung und hat bereits große Mengen Material gesammelt. 

Nach ersten Schätzungen sind in mehr als 50 Kliniken 400 bis 600 Medikamentenstudien in Auftrag gegeben worden. Mehr als 50.000 Patienten sollen nach derzeitigem Wissensstand daran teilgenommen haben - teils möglicherweise unwissentlich. Für die Testreihen haben westdeutsche Firmen Geldsummen in Höhe von vielen hunderttausend D-Mark gezahlt, wie aus Akten im Bundesarchiv hervorgeht. 

Tests seit den 90er Jahren bekannt

Bereits im April hatten die Stasi-Landesbeauftragten in Ostdeutschland eine umfassende Studie verlangt. Auch westdeutsche Firmen sollten dazu ihre Archive öffnen, forderte Jahn in einem Interview. Über die Finanzierung des Projekts war in den vergangenen Wochen jedoch hart gerungen worden. Unter anderem ging es um die Beteiligung der Pharmaindustrie. 

Neu ist das Thema Medikamententests jedoch nicht: Bereits Anfang der 90er Jahre hatte der "Spiegel" darüber berichtet - allerdings schien das Ausmaß der Tests damals nicht so groß. Eine Expertenkommission, eingesetzt vom Berliner Senat und Landesärztekammer, hatte damals ermittelt und die Vorwürfe großteils entkräftet.

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