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Gründe für Dentaltourismus

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Trotz langer Wege, möglichen Sprachschwierigkeiten oder eventuellen Problemen bei Gewährleistungsansprüchen, lassen sich viele Schweizer Patienten in deutschen Zahnarztpraxen behandeln. Eine Studie fragt nach den Gründen.

In der vorliegenden Untersuchung, aktuell veröffentlicht im Swiss Dental Journal SSO, hat das Forschungsteam um Raluca Gheorghe (Basel) versucht herauszufinden, weshalb Patienten aus der Schweiz für die zahnärztliche Behandlung nach Deutschland reisen.

Im Grenzgebiet Schweiz/Deutschland wurden dazu in einem regional abgesteckten Gebiet (von Lottstetten über Jestetten bis nach Radolfzell am Bodensee) in einem Zeitraum von sechs Monaten (von Juli 2014 bis Februar 2015) in fünf deutschen Zahnarztpraxen Patienten zu ihren Beweggründen befragt - dies waren 272 Frauen und 236 Männer im Alter zwischen 5 und 94 Jahren. Mit einem Fragebogen wurden Daten über soziodemografische Merkmale und das Patientenverhalten erhoben.

Schweizer befürworten deutsches Preis-Leistungs-Verhältnis

Die Befragung zeigt, dass bei Patienten mit Wohnort in der Schweiz wirtschaftliche Erwägungen, also ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, eine Rolle für den Besuch eines deutschen Zahnarztes spielen. 95,6 Prozent der Befragten waren der Auffassung, dass die zahnärztliche Behandlung in Deutschland auch tatsächlich kostengünstiger sei. Die Patienten kamen überwiegend für kostenintensivere Behandlungen wie Wurzelkanalbehandlungen, Implantat- und Kronenversorgungen sowie Parodontitistherapien. Sie waren bereit, längere Wege bis zu 50 km und mehr pro Einfachstrecke in Kauf zu nehmen.

Für Patienten mit Wohnsitz in der Schweiz treten zusätzlich noch andere Merkmale in den Vordergrund, wie beispielsweise neueste zahnärztliche Methoden, moderne Techniken, ausgezeichneter Service mit freundlichem Personal. Die fachliche Kompetenz der Zahnärzte ist ihnen ähnlich wichtig wie die Freundlichkeit des Personals. Patienten mit Wohnsitz in Deutschland hatten dagegen in der Regel eine kurze Entfernung zu ihrem Zahnarzt, maximal 10 km (74,3 Prozent), und erreichten ihn zu Fuß (19,2 Prozent). Die neueste technische Ausstattung und die Freundlichkeit des Praxispersonals spielten gegenüber den Kosten für die deutschen Patienten eine eher untergeordnete Rolle.

Die Empfehlung ist entscheidend

Sowohl für Patienten aus der Schweiz als auch aus Deutschland, spielte die Empfehlung von Verwandten und Freunden mit Abstand die wichtigste Rolle bei der Zahnarztwahl (CH 70,9 Prozent; D 64,6 Prozent). Die Mehrzahl der Schweizer Patienten bestätigte, dass weitere Angehörige zur Zahnbehandlung nach Deutschland kämen (65,0 Prozent). Werbung durch Plakate und Zeitungsinserate war bei den Patienten mit Wohnort in der Schweiz kaum relevant (0,3 Prozent; D 3,9 Prozent). 79,1 Prozent der Patienten mit Wohnsitz in der Schweiz, die sich jetzt in Deutschland behandeln lassen, waren früher bei einem Schweizer Zahnarzt.

Hauptmotivation ist Kostenersparnis

Die Neigung zu Dentaltourismus von Patienten mit Wohnsitz in der Schweiz ist, - so die Schlussfolgerung der Studienautoren - dass beim Parameter Kostenübernahme durch die Krankenkasse meistens (81,9 Prozent) keine Kostenerstattung stattfindet. Dagegen erhalten Patienten mit Wohnsitz in Deutschland über die gesetzliche Krankenkasse in der Regel eine Erstattung (89,9 Prozent).

Die Hauptmotivation für Zahntourismus liege dementsprechend in der Kostenersparnis, gefolgt von guten Erfahrungen mit Behandlungen im Ausland, Vertrauen in einen bestimmten Zahnarzt eines anderen Landes sowie die Möglichkeit, zahnärztliche Behandlungen mit einem Urlaub zu kombinieren. Bewohner einer Grenzregion sind mehr durch ein Vertrauensverhältnis zu einem bestimmten Arzt motiviert und kommen regelmäßig zur Behandlung, besonders zu zahnärztlichen Behandlungen. Außerdem gehen die Studienautoren davon aus, dass sich unter den vorliegenden sozialen, gesellschaftlichen und gesundheitssystem-spezifischen die Patientenwanderung nach Deutschland im Grenzbereich noch steigen wird. Der Trend zum Dentaltourismus wird wohl weiter anhalten.

Quelle: Raluca Gheorghe, Andrea Zürcher, Andreas Filippi: "Zahntourismus aus der Schweiz nach Deutschland", Klinik für Zahnärztliche Chirurgie, -Radiologie, Mund- und Kieferheilkunde Universitäres Zentrum für Zahnmedizin Basel, SWISS DENTAL JOURNAL SSO 127: 626–633 (2017)

Die Studie im Original finden Siehier.

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