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Inaktives Leptin führt zu extremer Adipositas

ck/pm
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Inaktives Leptin führt zu extremer Adipositas: Ärzte und Wissenschaftler des Universitätsklinikums Ulm haben eine neue Krankheit beschrieben. Bei einem Kind, das im Alter von drei Jahren bereits über 40 kg wog, konnte das biologisch inaktive Sättigungshormon als Ursache für extremes Übergewicht identifiziert werden.

„Die Entdeckung ist bahnbrechend", führt Prof. Dr. Klaus-Michael Debatin, Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums und Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, aus. "Sie zeigt ein Grundprinzip möglicher biologischer Störungen von Signalübertragungsmolekülen im Körper. Das mögliche Vorkommen von biologisch inaktiven Signalmolekülen wurde bislang in der Medizin weitgehend ignoriert. Der Befund hier lässt uns wach werden und nach vergleichbaren Krankheitsbildern in anderen Bereichen suchen.“

Das Gehirn sendet "satt!"

Das Hormon Leptin (griechisch leptos = schlank) wurde 1994 in genetisch adipösen Mäusen entdeckt. Es wird im Fettgewebe in Abhängigkeit von der Fettzellgröße und der Fettmasse produziert und hemmt im Gehirn die Nahrungsaufnahme. Sind die Energiespeicher gut gefüllt, wird viel Leptin produziert und der Appetit wird gezügelt, wodurch die Fettspeicher wieder leerer werden.

Fett, weil das Hormon fehlt

Kann das Hormon wegen einer Veränderung im Erbgut nicht produziert werden, erhält das Gehirn kein Sättigungssignal. In der Folge wird ungebremst Nahrung aufgenommen, und es entsteht extremes Übergewicht. Auch andere Prozesse, die an den Energiehaushalt des Körpers gekoppelt sind, werden durch Leptin beeinflusst, etwa der Zucker- und Fettstoffwechsel, die Infektabwehr, die Pubertätsentwicklung und bei Erwachsenen auch die Fruchtbarkeit.

Ein mutiertes Gen programmiert das Gehirn auf Hunger

Bislang wurden Patienten mit dieser vererbten Erkrankung durch einen Bluttest identifiziert. War Leptin in der Blutbahn nicht nachweisbar, wurde die Diagnose des Leptin-Mangels gestellt. Bei dem oben beschriebenen Kind aber wurden normale, sogar hohe Werte des Hormons gemessen. Entgegen gängiger Richtlinien wurde daraufhin das Leptin-Gen untersucht. Völlig unerwartet konnte eine Mutation festgestellt werden.

„Diese Konstellation von Befunden hat mich an andere Krankheitsbilder aus der Kinderendokrinologie erinnert, bei denen Eiweißhormone vom Körper hergestellt werden und auch im Blut messbar sind, jedoch keine Wirkung entfalten. Wir sprechen dann von sogenannten bioinaktiven Hormonen“, erklärt Prof. Dr. Martin Wabitsch, Leiter der Sektion Pädiatrische Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum.

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Dem Körper wird ein Hormonmangel vorgetäuscht

„Die Information des Botenstoffs kommt am Ziel nicht an. Damit wird dem Körper ein Hormonmangel vorgetäuscht, der mit herkömmlichen Verfahren nicht messbar ist, da die gemessenen Konzentrationen im Blut normal sind.“

Die Forscher zeigten, dass das defekte Hormon im Fettgewebe des Patienten produziert und in die Blutbahn abgegeben wird, jedoch an den Zielorganen keine Wirkung entfaltet. Frau PD Dr. Pamela Fischer-Posovszky, die Leiterin der experimentellen Arbeitsgruppe: „Das defekte Hormon kann keine Reduktion der Nahrungsaufnahme erzielen, während das normale, gesunde Hormon zu einer raschen Gewichtsabnahme führt.“

Mit künstlichem Leptin zum Normalgewicht

Nach Vorliegen der experimentellen Ergebnisse beschloss Wabitsch, den Patienten mit biotechnologisch hergestelltem Leptin zu behandeln. Das Medikament war bislang für diese Indikation nicht zugelassen, doch die Ethikkommission des Universitätsklinikums Ulm gab grünes Licht für die Behandlung.

Nach gründlicher Aufklärung und einer Einwilligung der Eltern wurde das Kind schließlich mit Metreleptin behandelt. Bereits nach wenigen Tagen war eine eindeutige Wirkung zu erkennen. Die ausgeprägte Nahrungssuche und der übermäßige Appetit verschwanden vollständig.

Im Verlauf der nächsten Wochen nahm der Patient deutlich an Gewicht ab, und sein Stoffwechsel gesundete zusehends. Die Eltern sind über diesen Erfolg sehr glücklich. Seit Geburt ihres Kindes hatten sie sich Sorgen über seine Entwicklung gemacht. Verwandte und Freunde warfen ihnen vor, das Kind zu überfüttern und nicht ausreichend zu kontrollieren. „Es ist davon auszugehen, dass dies kein Einzelfall ist. Wir haben bereits weitere Patienten mit dieser Diagnose identifiziert“, so Wabitsch abschließend.

Dieses neue Krankheitsbild und die dazugehörigen physiologischen Zusammenhänge, die Ergebnisse der durchgeführten Experimente und der Therapieerfolg wurden in dem ranghöchsten, renommierten medizinischen Fachjournal, dem „New England Journal of Medicine“, publiziert.

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