Studie

Kauen mit Köpfchen

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Im Unterschied zu früheren Hominiden besaß der Homo erectus wie wir relativ kleine Zähne, einen wenig ausgeprägten Kiefer und eine schwache maximale Kaukraft. Dennoch konnte er an Gehirn- und Körpermasse zulegen. Wie das?

Wie geht ein erhöhter Energiebedarf mit verringerten Kau- und Verdauungskapazitäten zusammen? Ganz einfach: Homo erectus stellte damals (vor zwei Millionen Jahren) seine Nahrung um - er aß Fleisch. Viel Fleisch. Wobei wir beim nächsten Problem wären: Denn wie konnte er so viel rohes Fleisch überhaupt zu sich nehmen? Gekocht wurde ja erst viel später, damit begann man vor etwa 500.000 Jahren.

Auch heute sind wir aufgrund unserer Konstitution immer noch kaum in der Lage, große - rohe - Fleischstücke zu zerkauen und zu schlucken: Bei einem Experiment kauten die Testpersonen durchschnittlich 40 Mal auf einem Fleischklumpen herum. Vor genau diesem Problem stand damals auch der Homo erectus: Hätte er auf einem Stück Fleisch rund 40 Mal herumgekaut - er hätte nicht lange überlebt.

Die Biologen stellten nun fest, dass sich der Zeit- und Kraftaufwand beim Kauen deutlich verringern lässt, wenn man das Fleisch vorher klein schneidet. Das war auch der Lösungsansatz von Homo erectus: Mit Steinwerkzeugen zerteilte er die Brocken und brauchte für die einzelnen Streifen danach nur noch jeweils 31 Kaubewegungen. Pro Jahr 2,5 Millionen Kaubewegungen sparte er dadurch. Die dadurch bewirkte Entlastung beim Kauen könnte dann dazu geführt haben, dass sich unser Gesicht zur jetzigen Form entwickelt und unser Gehirn auf die heutige Größe gewachsen ist .

"Statt wie Schimpansen den halben Tag auf ihrer Nahrung herumzukauen, konnten die Frühmenschen diese schneller aufnehmen und auch effizienter verdauen", sagt Michael Berthaume vom Max-Planck Weizmann Zentrum für Integrative Archäologie in Leipzig. Dieser Energieschub erlaubte es dem frühmenschlichen Gehirn und dem Körper, so prächtig zu gedeihen.

Impact of meat and Lower Paleolithic food processing techniques on chewing in humans, Katherine D. Zink, Daniel E. Lieberman, Nature, DOI: 10.1038/nature16990

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