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Keine Werbung für Zahnmedizinleistungen auf Groupon

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Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Groupon GmbH rechtskräftig zum Unterlassen der Werbung für zahnärztliche Leistungen verpflichtet. Lesen Sie dazu bei uns die juristische Einschätzung der Zahnärztekammer Nordrhein.

Das im Februar 2012 eingeleitete Klageverfahren der Zahnärztekammer Nordrhein gegen die Groupon GmbH wegen der Werbung für zahnärztliche Leistungen ist nunmehr hinsichtlich aller geltend gemachten Klageanträge rechtskräftig abgeschlossen. Im Ergebnis konnte die Zahnärztekammer Nordrhein erfolgreich eine Verurteilung der Groupon GmbH zum Unterlassen der Werbung für zahnärztliche Leistungen in der beanstandeten Art und Weise durchsetzen.

Sachverhalt

Mit ihrer Unterlassungsklage hatte die Zahnärztekammer Nordrhein die Werbung der Groupon GmbH für eine Zahnreinigung, Bleaching-Leistung, kieferorthopädische Zahnkorrektur, Implantatversorgung, prothetische Versorgung und Zahnfüllung sowie die vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Groupon GmbH und den kooperierenden Zahnärzten unter verschiedenen rechtlichen Aspekten als wettbewerbswidrig beanstandet.

Die vorgenannten zahnärztlichen Leistungen waren von der Groupon GmbH über ihr gleichnamiges Internetportal im Rahmen von sogenannten „Deals“ mit einer begrenzten Laufzeit und mit Rabatten von bis zu 90 Prozent sowie zu Festpreisen beworben und angeboten worden. Die Werbung war in der für das Schnäppchen-Portal typischen reklamehaften und anpreisenden Art und Weise ausgestaltet.

Nach Abschluss eines „Deals“ wurden die zahnärztlichen Leistungen sodann auf der Grundlage von eigenständigen Kooperationsverträgen durch Zahnärzte erbracht, die wiederum 50 Prozent des rabattierten Preises als Erfolgsprämie im Falle der Behandlung des Patienten an die Groupon GmbH leisteten.

###more### ###title### I. bis III Instanz ###title### ###more###

I. bis III Instanz

In erster Instanz hat das Landgericht Berlin (LG Berlin, Urteil vom 28.06.2012, Az. 52 O 231/11) die beanstandete Werbung untersagt und dies - für die verschiedenen Leistungen differenziert - maßgeblich mit den Umständen einer unzulässigen Festpreiswerbung, einer ebenso unzulässigen Gebührenunterschreitung und einer berufswidrigen Werbung begründet.

Auf die Beanstandung der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Groupon GmbH und den kooperierenden Zahnärzten wegen einer unzulässigen Beeinträchtigung der zahnärztlichen Unabhängigkeit und wegen einer unzulässigen Zuweisung von Patienten gegen Entgelt wies das LG Berlin die geltend gemachten Unterlassungsanträge zurück.

II. Instanz

In zweiter Instanz hat das Kammergericht Berlin (KG Berlin, Urteil vom 09.08.2013, Az. 5 U 88/12) auf die Berufung der Groupon GmbH und Anschlussberufung der Zahnärztekammer Nordrhein die Entscheidung des LG Berlin hinsichtlich der wettbewerbswidrigen Werbung bestätigt und darüber hinaus in der Zahlung der Erfolgsprämie auf der Grundlage des Kooperationsvertrage und der verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch eine unzulässige Zuweisung von Patienten gegen Entgelt gesehen.

Nichtzulassungsbeschwerde und III. Instanz

In dritter Instanz hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 17.11.2014, Az. I ZR 183/13, die Beschwerde der Groupon GmbH gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des KG Berlin insoweit zurückgewiesen, als die Groupon GmbH erst- und zweitinstanzlich zur Unterlassung der Werbung für zahnärztliche Leistungen in der beanstandeten Art und Weise verurteilt worden war. Diese Verurteilung ist somit in Rechtskraft erwachsen.

Hinsichtlich der in zweiter Instanz ausgeurteilten Unterlassungsverpflichtung wegen der Vereinbarung einer unzulässigen Zuweisung von Patienten gegen Entgelt wurde das Revisionsverfahren durchgeführt. Der Bundesgerichtshof hat mit jüngst zugestelltem und veröffentlichtem Urteil vom 21.05.2015, Az. I ZR 183/13, entschieden, dass die nach dem Kooperationsvertrag und den verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehene Prämie für die Vermittlung von Patienten kein nach § 1 Abs. 5 der Berufsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein (BO) unzulässiges Entgelt für die Zuweisung von Patienten darstellt.

###more### ###title### Begründung ###title### ###more###

Begründung

Zur Begründung wird ausgeführt, dass der Zahnarzt nach § 1 Abs. 5 BO keine Verpflichtung eingehen soll, die seine Unabhängigkeit bei der Berufsausübung beeinträchtigen kann. Mit dieser Vorschrift soll verhindert werden, dass sich die Zahnärzte bei der Ausübung ihres Berufs statt an medizinischen Notwendigkeiten an ökonomischen Erfolgskriterien orientieren und sich dadurch bedingt langfristig negative Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung ergeben.

Die Entscheidung, ob und wie der Zahnarzt einen Patienten behandelt, soll sich nicht an sachfremden wirtschaftlichen Eigeninteressen, sondern allein an medizinischen Erwägungen mit Blick auf das Patientenwohl ausrichten. Daher sei es dem Zahnarzt auch nicht gestattet, sich im Vorfeld einer Behandlung in der Weise zu binden, dass er Dritten für die Zuweisung von Patienten eine Gegenleistung verspricht oder gewährt. Somit verbiete § 1 Abs. 5 BO es den Zahnärzten, an Betreiber von Internetportalen für die Zuweisung von Patienten Provisionen zu zahlen.

Nach Ansicht des BGH begründet das beanstandete Geschäftsmodell der Groupon GmbH jedoch nicht die Gefahr, dass Zahnärzte sich bei der Behandlung von Gutscheininhabern nicht am Wohl der Patienten, sondern an ihren eigenen wirtschaftlichen Interessen orientierten. Sofern in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Regelung zur Haftung des Zahnarztes im Falle der Ablehnung der Behandlung vorgesehen sei, bestünden Zweifel an der Reichweite dieser Regelung, so dass diese Zweifel nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten der Groupon GmbH gehen.

Dementsprechend sei davon auszugehen, dass den Zahnarzt keine Freistellungsverpflichtung und damit keine Haftung trifft, wenn er die Behandlung des Gutscheinerwerbers – aus welchen Gründen auch immer – ablehnt. Vor diesem Hintergrund sei auch mit der Laufzeit von 24 Monaten und dem Recht der Groupon GmbH, Gutscheine in beliebiger Zahl zu verkaufen, keine Beeinträchtigung der zahnärztlichen Unabhängigkeit verbunden. Nach Auffassung des BGH habe die Kooperation letztlich keine anderen Auswirkungen auf das Patientenwohl als das kostenpflichtige Zurverfügungstellen einer Internetplattform zum Anbieten freiberuflicher Leistungen, das als solches als zulässig anzusehen ist.

###more### ###title### Anmerkungen ###title### ###more###

Anmerkungen

Der Bundesgerichtshof befasst sich inhaltlich maßgeblich mit der Frage der Beeinträchtigung der zahnärztlichen Unabhängigkeit durch die verschiedenen Regelungen in dem Kooperationsvertrag und den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Der Umstand, dass die Auslegung einer unklaren Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zulasten des Verwenders letztlich im Ergebnis zugunsten des Verwenders zu einer zulässigen Kooperationsvereinbarung führt, darf kritisch gesehen werden.

Zudem wurde die aus Sicht der Zahnärztekammer Nordrhein wesentliche Frage der berufs- und wettbewerbsrechtlichen Bewertung der gezahlten Erfolgsprämien für die Patientenzuweisung nicht weiter erörtert. Eine klare Abgrenzung zwischen berufs- und wettbewerbsrechtlich zulässigen Entgeltzahlungen für die Nutzung von Internetportalen und berufs- und wettbewerbsrechtlich unzulässigen Provisionszahlungen für die Vermittlung und Zuweisung von Patienten bleibt somit der weiteren Rechtsprechung vorbehalten.

Ergebnis

Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Kooperationsverträge zwischen der Groupon GmbH und den kooperierenden Zahnärzten jedenfalls nicht unter dem Aspekt einer unzulässigen Zuweisung von Patienten gegen Entgelt beanstandet werden können.

Als Ergebnis bleibt aber auch - und vorrangig - festzuhalten, dass die Groupon GmbH rechtskräftig zum Unterlassen der Werbung für zahnärztliche Leistungen in der beanstandeten Art und Weise verpflichtet worden ist. Dementsprechend verstoßen auch die kooperierenden Zahnärzte gegen die Vorgaben des Berufs- und Gebührenrechts. Die Werbung für zahnärztliche Leistungen auf dem Portal „Groupon“ ist und bleibt somit unzulässig.

Dr. iur. Kathrin Janke,Justitiarin der Zahnärztekammer Nordrhein

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