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Korruptions-Gesetz: Ärzte unter Generalverdacht?

sg
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Der Bundestag hat das Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen verabschiedet. Die Zahnärzte kritisieren es.

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen Zahnärzte, Ärzte, Apotheker, Physiotherapeuten und Pflegekräfte künftig strafrechtlich verfolgt werden können, wenn sie Vorteile annehmen, die als Gegenleistung an eine unlautere Bevorzugung geknüpft sind. Dies ist etwa bei Zahlungen von Pharmafirmen an Ärzte für die bevorzugte Verordnung von Arzneien oder Geldern für die Zuweisung von Patienten an bestimmte Krankenhäuser der Fall. Bei solchen Vergehen drohen nach dem neuen Gesetz bis zu drei Jahre Haft. Besonders schwere Fälle von Bestechung oder Bestechlichkeit werden mit bis zu fünf Jahren Gefängnis geahndet.

Staatsanwaltschaft kann auch ohne Strafantrag verfolgen

Im ursprünglichen Entwurf war auch eine Strafbarkeit für Verstöße gegen das Berufsrecht vorgesehen. Dieser Passus ist jedoch wegen unterschiedlicher Berufsordnungen der Länder wieder entfernt worden. Korruption im Gesundheitswesen gilt nun als so genanntes Offizialdelikt: Staatsanwaltschaften können Taten ohne vorherigen Strafantrag verfolgen.

Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) hat von vornherein auf die verfassungsrechtlichen Bedenken bezüglich des gestrichenen Gesetzesteils, der die Verletzung berufsrechtlicher Pflichten thematisiert, hingewiesen, heißt es von der BZÄK. Die Kammer vertrete zudem die Auffassung, dass "weitere bestehende Regelungen im Hinblick auf die Zusammenarbeit von Selbstverwaltung und Justiz verbesserungswürdig sind." Der Gesetzgeber lasse aber offensichtlich erneut die Chance verstreichen, diese Zusammenarbeit zu stärken und weiterzuentwickeln.

Rechtsunsicherheit durch unkonkrete Formulierung

Auch die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) moniert das Gesetz: Wie aus einer Mitteilung der KZBV hervorgeht, habe der Gesetzgeber trotz intensiver Anmahnung von Seiten der zahnärztlichen Selbstverwaltungkeinekonkrete Formulierung des Korruptionstatbestandes vorgenommen, heißt es. Stattdessen sei mit dem Begriff der "unlauteren Bevorzugung" eine abstrakte Formulierung gewählt worden, die Rechtsunsicherheiten für die Heilberufe schaffe.

„Ob zuletzt vorgenommene Änderungen im Bereich des Berufsrechts für Zahnärzte im Ergebnis sachgemäße Verbesserungen hinsichtlich vermeintlicher Korruptionsstrafbarkeiten und des Risikos der Strafverfolgung mit sich bringen, wird die Rechtspraxis zeigen“, sagt der Vorsitzende des Vorstandes der KZBV, Dr. Wolfgang Eßer. „An unserer ablehnenden Gesamtbewertung ändert sich dadurch nichts: Trotz grundsätzlich guter Absichten hat der Gesetzgeber ein kompliziertes Instrument geschaffen, das Heilberufe unverhältnismäßig diskriminiert und einen Generalverdacht gegenüber allen ehrlich arbeitenden Zahnärzten und Ärzten erhebt“.

"Null Toleranz bei Korruption"

Eßer weiter: „Die Zahnärzte bekennen sich beim Thema Korruption seit Jahren geschlossen, unmissverständlich und konsequent zu einer Null-Toleranz-Politik. Zudem gibt es bereits umfängliche und völlig ausreichende Sanktionsmaßnahmen, die bis zum Entzug der Zulassung reichen und faktisch einem Berufsverbot gleichkommen. Darüber hinaus arbeiten alle zahnärztlichen Institutionen bei Bedarf kooperativ mit Staatsanwaltschaften zusammen.“ Das neue Gesetz schaffe im Vergleich zur bestehenden Rechtslage keinen Mehrwert.

Um die Rechtssicherheit bei Behandlung, Kooperationen und Praxisführung sicher zu stellen, haben BZÄK und KZBV auf ihren Internetseiten Broschüren bereit gestellt. Zur Broschüre "Zahnmedizin und Zahntechnik - Rechtsgrundlagen und Hinweise für die Zahnarztpraxis geht eshier. Die Broschüre "Einkauf von Materialien - Rechtsgrundlagen und Hinweise für die Zahnarztpraxis" finden Siehier.

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