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Lob und Kritik an Gesetzentwurf zur Beschneidung

eb/dpa
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Die Beschneidung kleiner Jungen wird in Deutschland gesetzlich neu geregelt und soll damit bei Einhaltung bestimmter Maßgaben straffrei bleiben. Dem Gesetzentwurf zufolge können Eltern künftig einer Beschneidung ihres Jungen zustimmen, ohne damit ihre gesetzliche Fürsorgepflicht zu verletzen.

Allerdings muss der Eingriff, der meist religiös begründet ist, "nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden", wie es in dem  Gesetzestext heißt. Das Wohl des Kindes dürfe dadurch nicht gefährdet werden. Die Abtrennung der Penisvorhaut darf dem Entwurf zufolge in den ersten sechs Lebensmonaten des Kindes auch von "besonders ausgebildeten" Vertretern der Religionsgemeinschaften vorgenommen werden. 

Anfang Mai hatten Richter am Kölner Landgericht die religiöse Beschneidung eines minderjährigen Jungen als rechtswidrige Körperverletzung bewertet. Das Urteil hatte bei Muslimen wie Juden Empörung und Proteste ausgelöst. Bei beiden gilt die Beschneidung als wichtiger Bestandteil der religiösen und kulturellen Identität. 

Politik nimmt klare Abgrenzung zu weiblicher Genitalverstümmelung vor

Nach heftigen öffentlichen Debatten hatten sich Union und FDP Anfang der Woche auf einen Gesetzestext zur Beschneidung geeinigt. Er soll als Paragraf 1631d in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eingefügt werden. Das Kabinett will sich nach Angaben des Familienministeriums bereits am kommenden Mittwoch damit befassen und den Entwurf danach in den Bundestag einbringen. 

Wie ein Ministeriumssprecher sagte, hatte es nach Vorlage der Gesetzes-Eckpunkte Ende September durch das Justizministerium noch Detailabsprachen zwischen den beiden Ressorts gegeben. Dazu zählte etwa die Abgrenzung zu weiblichen Genitalverstümmelungen.

So dürfen Eltern dem Begleittext des Gesetzentwurfs zufolge in eine Genitalverstümmelung ihrer Tochter "weiterhin keinesfalls einwilligen". Betroffene ältere Jungen sollen demnach eine Art Recht zum Veto gegen den Eingriff erhalten, das auch respektiert werden muss.

Aufklärung der Eltern wird zur Bedingung für den Eingriff

Der Einsatz von örtlichen Betäubungs- oder im fortgeschrittenen Alter von Narkosemitteln soll zur Schmerzminderung beitragen. Eltern sollen zudem umfassend über medizinische Risiken und mögliche Folgen des Eingriffs aufgeklärt werden. 

"Ich bin sehr froh über die neuen Klarstellungen zur Schmerzfreiheit. Da sind wir in internen Gesprächen deutlich weiter gekommen als es zunächst möglich schien. Ohne die jetzt neu aufgenommene ausdrückliche Erwähnung einer angemessenen und wirkungsvollen Betäubung im Gesetzentwurf hätte ich nicht zustimmen können", sagte Familienministerin Kristina Schröder (CDU) der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Deutsche Kinderhilfe lehnt den Gesetzesentwurf ab

Jüdische und muslimische Vertreter begrüßten den Gesetzentwurf.  "Wir sind froh, dass jüdische Gebote und damit jüdisches Leben nicht in die Illegalität gedrängt werden", erklärte der Präsident des Zentralrats der Juden, Dieter Graumann. "Rechtssicherheit bedeutet in diesem Falle zugleich Zukunftssicherung des Judentums in Deutschland." Auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, zeigte sich gegenüber der "Neuen Osnabrücker Zeitung" mit dem Entwurf zufrieden.

Die Deutsche Kinderhilfe wiederum lehnt den Gesetzentwurf ab. Der nun vorliegende Entwurf bestätige Befürchtungen, "dass die im Hauruck-Verfahren in einer 'Augen zu und durch,-Mentalität geplante gesetzliche Regelung zur Legalisierung von Beschneidungen mehr Probleme bereitet als löst", sagte der Vorstandsvorsitzende Georg Ehrmann.

"Es ist ein Irrglaube, mit Zäpfchen oder einer Salbe diese erheblichen Schmerzen und ihre Auswirkungen auf das Schmerzempfinden im späteren Leben lindern zu können", kritisierte Ehrmann. "Dazu reicht nicht einmal eine generelle Narkose, die an sich ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist."  Die Deutsche Kinderhilfe lehne Beschneidungen im Säuglingsalter ebenso wie der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte als unzumutbare Körperverletzung ab, betonte Ehrmann.

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