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Mediziner warnen vor Impfmüdigkeit

mg/dpa
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Zu viele Deutsche sind Impfmuffel, sagen die Virologen. Rund 1.000 Mediziner diskutieren in Kiel ihre Forschungsergebnisse. Ein Thema ist auch die Frage, wie riskant Forschung sein darf.

Virologen haben die Bevölkerung aufgerufen, sich mehr gegen Windpocken, Tetanus oder Gebärmutterhalskrebs impfen zu lassen. Vor allem die zweite Impfung werde häufig vernachlässigt. Bei keiner anderen Maßnahme sei das Verhältnis von Kosten und Nutzen so günstig wie bei einer Impfung, sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Virologie, Prof. Thomas Mertens, am Donnerstag in Kiel.

Es sei bedenklich, dass in Deutschland nicht konsequent geimpft werde. Gerade bei Windpocken wäre eine höhere Bereitschaft zur Impfung wichtig, sagte Mertens bei der Jahrestagung der Virologen-Gesellschaft, der wichtigsten Konferenz für Virologen im deutschsprachigen Raum. Die Erkrankung verlaufe bei Kindern zwar eher sanft, es könnten aber durchaus Schäden wie größere Narben bleiben. "Gerade die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs wird in Deutschland schlechter angenommen als in anderen Ländern", sagte Mertens.

Konkrete Zahlen darüber habe er allerdings nicht. Neben Impfungen ist "Dual Use" ein weiteres Thema, das bei der Jahrestagung der Virologen noch bis Sonntag diskutiert wird: Dahinter verbirgt sich die Angst vor Forschung, die zum Wohle der Menschheit betrieben wird, in falschen Händen aber Schaden anrichten kann. Auslöser für die Debatte waren Arbeiten der Wissenschaftler um Ron Fouchier am Erasmus Medical Center in Rotterdam. Sie hatten im Labor ein wenig infektiöses Vogelgrippevirus so verändert, dass es Labor-Frettchen infizierte.  Daraufhin kamen die Wissenschaftler der Forderung nach, die Ergebnisse nicht zu veröffentlichen, weil Terroristen die mutierten H5N1-Viren als Biowaffen nutzen könnten.

Infektionen von Neugeborenen sind nichts Geheimnisvolles

Die Forscher stoppten daraufhin ihre Arbeiten für ein Jahr, nahmen sie aber kürzlich unter strengen Sicherheitsmaßnahmen wieder auf. "Der Nutzen ist größer als die Risiken", sagte Fouchier in Kiel. Viele Millionen Menschen sterben nach seinen Worten jährlich an Infektionen, aber vergleichsweise wenig durch Missbrauch der Forschungsergebnisse. "Wir müssen herausfinden, warum ein Virus plötzlich ansteckend wird", sagte Fouchier.

Nach Beobachtung der Virologen ist das öffentliche Interesse für Infektionskrankheiten, vor allem auch im Umfeld von Krankenhäusern, größer geworden. Allerdings sollte in der Öffentlichkeit keine Angst geschürt werden, sagte der Kieler Infektionsmediziner und Tagungspräsident Prof. Helmut Fickenscher. Infektionswellen mit dem Noro-Virus oder Infektionen von Neugeborenen zum Beispiel seien nichts geheimnisvolles, sondern bekannt. Relativ neu ist das Wissen, dass Viren auch im Ozean vorkommen. "Auch Fische und Austern haben Viren." Aber diese seien für den Menschen nicht gefährlich, denn es seien überwiegend Bakteriophagen, die Bakterien befallen.

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