Neandertaler waren Flexitarier
„Wir haben uns die Ernährung von Neandertalern im Detail angeschaut“, erklärt Prof. Dr. Hervé Bocherens vom Senckenberg Center for Human Evolution and Palaeoenvironment an der Universität Tübingen: „Dabei konnten wir feststellen, dass die ausgestorbenen Verwandten des heutigen Menschens sich überwiegend von pflanzenfressenden Großsäugern wie Mammut und Wollnashorn ernährten.“
Neues Wissen aus alten Knochen und Zähnen
Die Forscher belegen anhand von Isotopenuntersuchungen am Knochen-Kollagen, dass sich die Nahrung der Neandertaler deutlich von der anderer Raubtiere unterschied. Kollagen ist ein wesentlicher organischer Bestandteil des Bindegewebes in Knochen, Zähnen, Knorpeln, Sehnen, Bändern und der Haut.
Neandertaler bevorzugten die großen Pflanzenfresser
„Früher ist man davon ausgegangen, dass die Neandertaler die selben Nahrungsquellen wie ihre tierischen Nachbarn nutzten“, erläutert Bocherens und ergänzt: „Unsere Ergebnisse zeigen aber, dass alle Raubtiere eine sehr spezifische ökologische Nische besetzten, wobei in der Regel kleinere Beutetiere wie Rentiere, Wildpferde oder Wisente bevorzugt wurden, während sich die Neandertaler auf die großen Pflanzenfresser wie Mammut und Wollnashorn festlegten.“
Doch nicht nur Fleisch nahmen unsere ausgestorbenen Verwandten zu sich: Untersuchungen der Isotopenzusammensetzung einzelner Aminosäuren des Kollagens belegen, dass etwa 20 Prozent ihrer Nahrung pflanzliche Kost ausgemacht hat. „In dieser Studie konnte erstmalig quantitativ ermittelt werden, wie groß der Anteil pflanzlicher Nahrung der späten Neandertaler ist. Eine ähnliche Ernährung wird auch für steinzeitliche moderne Menschen angenommen“, sagt Bocherens.
Die Tübinger Wissenschaftler möchten mit ihren Untersuchungen die Gründe für das Aussterben der Neandertaler vor 40.000 Jahren besser verstehen. „Es verdichten sich die Belege, dass die Ernährung kein entscheidender Grund war, warum die Neandertaler Platz für die modernen Menschen machen mussten“, bilanziert Bocherens.