Medizin

Neue Leitlinie für akuten Schlaganfall

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Eine neue Leitlinie empfiehlt in bestimmten Fällen des akuten Schlaganfalls eine Kombination aus bewährter Thrombolyse mit einem Medikament und der mechanischen Methode mittels Katheter.

Das mechanische Entfernen von Blutgerinnseln im Gehirn mit einem Katheter (Thrombektomie) setzt sich in Deutschland durch. Die neue Methode kann schwere Behinderungen nach einem schweren Schlaganfall vermeiden, indem sie eine verstopfte Hirnarterie von einem Blutgerinnsel (Thrombus) befreit. Die Thrombektomie soll möglichst schnell möglichst vielen Patienten zugutekommen, melden die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG), die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) in einer gemeinsamen Information. 

Goldstandard bisher: Alteplase-Infusion

Rund 80 Prozent aller jährlich 250.000 Schlaganfälle werden in Deutschland durch ein Thrombus, das ein Blutgefäß verschließt, verursacht. Als Folge können Teile des Gehirns nicht mehr mit Blut versorgt werden. In solchen Fällen bestand bisher die beste Behandlung darin, die Patienten möglichst rasch mit einer Infusion des Medikaments Alteplase (rt-PA) zu behandeln. Der Wirkstoff kann das Blutgerinnsel in den Hirnarterien auflösen. Diese Lysetherapie ist in allen deutschen Schlaganfalleinheiten (Stroke Units) seit Mitte der 1990er-Jahre Standard. Allerdings können mit dieser Therapie tatsächlich nur etwa 50 bis 60 Prozent der großen Blutgerinnsel beseitigt werden.

Neue Ära in der akuten Schlaganfall-Behandlung eingeleitet

Aktuell erweitern Kliniken, die eine Stroke Unit besitzen, ihr Angebot um eine neue Therapieoption, die sich kürzlich in fünf Studien der Meldung zufolge als wirksam erwiesen hat: Spezialisierte Neuroradiologen schieben von der Leiste aus einen Katheter bis an die Stelle des Gehirns, wo das Blutgerinnsel eine Arterie blockiert hat. Der Katheter durchbohrt den Thrombus und umschließt das Gerinnsel mit einem Stent wie ein Drahtkäfig. Anschließend kann es über einen Hohlkatheter abgesaugt werden.

„Diese Behandlungsmethode, auch mechanische Thrombektomie genannt, wurde in den letzten Jahren so weit verfeinert, dass fast 90 Prozent der Gefäße wieder eröffnet werden können“, sagt Professor Dr. Hans-Christoph Diener, Direktor der Klinik für Neurologie am Uniklinikum Essen und Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Er verweist auf eine kürzlich in der Fachzeitschrift Lancet publizierte Meta-Analyse, die die Ergebnisse von fünf Studien zusammenfasst und zeigt, dass vielen Patienten durch die mechanische Thrombektomie schwerwiegende Behinderungen infolge des Schlaganfalls erspart blieben.

Aktuelle Leitlinie bewertet die neue Methode

Die beteiligten Fachgesellschaften haben die Studienergebnisse zum Anlass genommen, ihre Leitlinie zuergänzen: „Die Leitlinie gibt umfassende Anleitungen zu allen Aspekten der neuen Therapie“, berichtet Professor Dr. Peter Ringleb, Mitglied im Vorstand der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft und Leiter der Sektion Vaskuläre Neurologie am Universitätsklinikum Heidelberg. Er ist Erstautor der neuen Leitlinie.

„Im Regelfall werden beide Therapien – die Lysetherapie und die mechanische Thrombektomie – miteinander kombiniert“, so Ringleb. Im Ärzte-Jargon heißt das „Drip-and-ship“. Da eine Katheterbehandlung derzeit nur an bestimmten Kliniken möglich ist, wird der akute Schlaganfallpatient zuerst in die nächste Stroke Unit gebracht, um ohne Zeitverzug mit der Lysetherapie zu beginnen („drip“). Dort entscheiden die Ärzte dann umgehend, ob eine mechanische Thrombektomie in Frage kommt und der Patient mit dem Rettungswagen in eine Klinik transportiert („ship“) werden soll, in der die Katheterbehandlung möglich ist.

Mayank Royal et al.: Endovascular thrombectomy after large-vessel ischaemic stroke: a meta-analysis of individual patient data from five randomised trials. Lancet 2016; doi: 10.1016/S0140-6736(16)00163-X.

Peter Ringleb et al.: Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls, Ergänzung 2015 - Rekanalisierende Therapie. Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Neurologie, 2016.  Erschienen in: Akt Neurol 2016; 43: 82–91. dx.doi.org/10.1055/s-0042-101225Ralph Weber et al.: Outcome and periprocedural time management in referred versus directly admitted stroke patients treated with thrombectomy. Therapeutic Advances in Neurological Disorders 2015; doi: 10.1177/ 1756285615617081.

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