Umfrage

Parodontitis: Nur zwei Prozent lassen sich behandeln

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"Die Parodontitistherapie verfehlt ihr Ziel, Zähne zu erhalten", lautet das Urteil aus dem Barmer Zahnreport 2017. Doch so einfach ist das nicht.

Mit einem Datensatz aus über 400.000 zugrundeliegenden Behandlungen zeichnet der Barmer Zahnreport 2017 ein noch nicht dagewesenes Bild der Parodontitistherapie in der Versorgungsrealität - kein positives.

Denn aus ihren Daten geht der Kasse zufolge hervor, dass etwa ein Drittel der Parodontitis-Patienten nach der Therapie innerhalb von vier Jahren mindestens einen Zahn verlieren. "Dieser Befund lässt vor allem einen Schluss zu", sagt Barmer-Chef Prof. Dr. Christoph Straub, "das eigentliche Ziel der Parodontitistherapie, Zähne zu erhalten, kann nicht durchgehend erreicht werden."

Ist die Parodontitistherapie etwa nutzlos? "Nein", sagt Studienautor Prof. Dr. Michael Walter, Direktor der Dresdener Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus. Zwei Aspekte müssten bei der Betrachtung der Analyse beachtet werden. Erstens: Der Parodontitispatient bleibt auch nach der Therapie ein Risikopatient. Zweitens: Es besteht eine deutliche Diskrepanz zwischen Diagnostik und Therapie.

"Parodontitispatient bleibt Risikopatient - immer"

Demzufolge zeigen die Daten, dass auch nach abgeschlossener Parodontitistherapie die Häufigkeit von Zahnverlust erhöht bleibt. Bei etwa einem Drittel der Patienten geht mindestens ein Zahn innerhalb von vier Jahren verloren. Bei einer Vergleichsgruppe ohne Therapie war im gleichen Zeitraum nur etwa ein Viertel betroffen. "Die Ergebnisse mögen zunächst enttäuschen", sagt Walter. "Sie können aber nicht ursächlich auf Qualitätsdefizite in der Parodontitistherapie zurückgeführt werden." Vielmehr bleibe der Parodontitispatient auch nach Abschluss der Behandlung ein Risikopatient. "Daher sollte weiteren Zahnverlusten durch intensive Nachsorge entgegengewirkt werden", plädiert Walter. 

Mit höherem Alter steige zudem das Risiko, nach Parodontitistherapie weitere Zähne zu verlieren. "In dieser Patientengruppe sind also engmaschige Kontrollen besonders wichtig - ebenso bei Diabetikern", ergänzt Walter.

"Nicht jeder Erkrankte lässt sich behandeln"

Des Weiteren verdeutliche der Zahnreport, dass es eine deutliche Diskrepanz zwischen Diagnostik und Therapie gibt. Laut Umfrage ließen sich 25 Prozent der Versicherten im Jahr 2015 auf Parodontitis screenen. Wenn man berücksichtigt, dass die Screeninguntersuchung alle zwei Jahre im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung genutzt werden kann, könne man faktisch sogar von 50 Prozent der Versicherten sprechen, die sich screenen lassen. Therapiert würden hingegen weniger als zwei Prozent der Versicherten.

"Vor dem Hintergrund der hohen Prävalenz wirft diese erhebliche Diskrepanz Fragen auf", sagt Walter. "Ziel muss es sein, die Parodontitis und ihre Folgen stärker als bisher in das Bewusstsein der Patienten zu rücken. Die hohe Inanspruchnahme vertragszahnärztlicher Leistungen bietet dafür gute Chancen. Auch Anreizsysteme zur Vorsorge, wie das bereits bewährte Bonussystem beim Zahnersatz, werden diskutiert."

"Wir können den Betroffenen daher nur dringend raten, frühzeitig zum Zahnarzt zu gehen und dessen Therapie-Empfehlungen auch konsequent umzusetzen“, ergänzt Straub. Eine Aufnahme in den Leistungskatalog hält er nicht für nötig - ganz anders als die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung.

Forderung an Kassen und Politik: "Die Versorgungsverbesserungen mittragen"

„Der Leistungskatalog ist mit Blick auf Prävention und Nachsorge unvollständig, veraltet und entspricht längst nicht mehr dem Stand der Wissenschaft", sagt Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV). Wesentliche Bausteine einer präventionsbasierten Versorgungsstrecke fehlten: "Hierzu zählen die Möglichkeiten des Zahnarztes zur individuellen Aufklärung, Motivation und Remotivation der Patienten, regelmäßige Verlaufskontrollen im Sinne einer qualitätsgesicherten Evaluation sowie ein strukturiertes Nachsorgeprogramm im Sinne der Unterstützenden Parodontitistherapie."

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Eßer kündigte ein umfassendes Versorgungskonzept zur Parodontitistherapie unter Federführung der KZBV an, das zeitnah veröffentlicht werden soll. „Dann wird sich zeigen, ob die Kassen darin enthaltene, substanzielle Versorgungsverbesserungen mittragen oder aus Kostengründen blockieren.“

Das zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DG Paro) und unter Beteiligung der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) erstellte Konzept hinterfragt die bisher in der G-BA-Behandlungsrichtlinie und die im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen (BEMA) abgebildete Therapiestrecke. Geprüft wird insbesondere die Einbindung von Präventionskonzepten einschließlich der UPT in den Leistungskatalog.

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