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Patientenverfügung rechtssicher formulieren

sg
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"Keine lebenserhaltenden Maßnahmen" - man möchte meinen, diese Formulierung sei für eine Patientenverfügung ausreichend. Ist sie aber nicht. Nach einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs ist diese Formulierung nicht bindend. Worauf man bei der Wortwahl seiner letzten Wünsche achten muss.

Stein des Anstoßes war ein Rechtsstreit unter drei Töchtern über den richtigen Umgang mit der pflegebedürftigen Mutter. Die 1941 geborene Frau wird seit einem Hirnschlag, den sie 2011 erlitt, über eine Magensonde ernährt und kann nicht mehr sprechen. In gleich zwei Patientenverfügungen hatte sie sich für den Fall eines schweren Dauerschadens des Gehirns gegen "lebensverlängernde Maßnahmen" ausgesprochen.

Künstliche Ernährung einstellen - oder nicht?

Eine ihrer Töchter erhielt eine Vorsorgevollmacht, um damit für sie mit dem behandelnden Arzt alle nötigen Entscheidungen abzusprechen, ihren Willen im Sinne dieser Patientenverfügung einzubringen und in ihrem Namen Einwendungen vorzutragen, die die Ärzte berücksichtigen sollten. Während die Tochter, die die Vollmacht erhalten hat, der Meinung war, dass die künstliche Ernährung fortgesetzt werden soll, sahen dies ihre beiden Schwestern anders.

Patientenverfügung zu unkonkret

Der Bundesgerichtshof (BGH) gab der Tochter mit der Vollmacht Recht. Nach Auffassung der Richter lässt sich aus den vorliegenden Verfügungen der Patientin kein Sterbewunsch ableiten. Konkret genug seien die Festlegungen nur dann, wenn einzelne ärztliche Maßnahmen genannt oder Krankheiten und Behandlungssituationen klar beschrieben würden. Dies gelte sowohl für die Verfügung als auch für die Vollmacht, die ebenfalls zu allgemein formuliert war.

Für Patienten und an einer Verfügung Interessierte bedeutet dies, dass sie sich für den Sterbefall aktiv mit ihrem Willen, den entsprechenden medizinischen Maßnahmen und den hierzu notwendigen Formulierungen auseinandersetzen müssen, um die Verfügung bindend und rechtssicher zu gestalten. „Und zwar je früher und konkreter, desto besser", sagt Wolfram-Arnim Candidus, Präsident der "Bürger Initiative Gesundheit e.V." auf zm-Nachfrage.

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Präszise, klar und einfach formulieren

Doch wie formuliert man Verfügung und Vollmacht am besten? Bei ihren Beratungen verweist die Initiative auf die Homepage des Bundesministeriums für Justiz, wo man umfangreiches Material anfordern und downloaden kann. So hält die Behörde etwa die zehnseitige Broschüre"Patientenverfügung"mit Formulierungshilfen vor.

Dort heißt es etwa auszugsweise zum Punkt „Lebenserhaltende Maßnahmen“:

„…wünsche ich, dass alles medizinisch Mögliche und Sinnvolle getan wird, um mich am Leben zu erhalten.“

oder wahlweise:

„…dass alle lebenserhaltenden Maßnahmen unterlassen werden. Hunger und Durst sollen auf natürliche Weise gestillt werden, gegebenenfalls mit Hilfe bei der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme. Ich wünsche fachgerechte Pflege von Mund und Schleimhäuten sowie menschenwürdige Unterbringung, Zuwendung, Körperpflege und das Lindern von Schmerzen, Atemnot, Übelkeit, Angst, Unruhe und anderer belastender Symptome."

Candius rät zu folgender Formulierung:

„Ich bin am ………. im Vollbesitz meiner geistigen Fähigkeiten und verfüge ab jetzt und für meine restliche Lebenszeit ohne Einschränkung und Möglichkeit der Widerrede, dass ich im Falle einer Krankheit, die mit ärztlicher Gewissheit unbehandelt zu meinem Tod führen würde, nicht behandelt werden will - es sei denn mittels intensiver Schmerztherapie, wenn dadurch meine Sterbensqualität verbessert würde.“

Sehr differenziert geht die Broschüre des Justizministeriums beispielsweise auch auf die Situation ein, in der die Verfügung gelten soll. So heißt es:

"Wenn ich mich

  • aller Wahrscheinlichkeit nach unabwendbar im unmittelbaren Sterbeprozessbefinde ...

  • ich mich im Endstadium einer unheilbaren, tödlich verlaufenden Krankheit befinde, selbst wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist ...

  • infolge einer Gehirnschädigung meine Fähigkeit, Einsichten zu gewinnen, Entscheidungen zu treffen und mit anderen Menschen in Kontakt zu treten, nach Einschätzung zweier erfahrener Ärztinnen oder Ärzte (können namentlich benannt werden) aller Wahrscheinlichkeit nach unwiederbringlich erloschen ist, selbst wenn der Todeszeitpunkt noch nicht absehbar ist. Dies gilt für direkte Gehirnschädigung z.B.durch Unfall, Schlaganfall oder Entzündung ebenso wie für indirekte Gehirnschädigung z.B. nach Wiederbelebung, Schock oder Lungenversagen. Es ist mir bewusst,dass in solchen Situationen die Fähigkeit zu Empfindungen erhalten sein kann und dass ein Aufwachen aus diesem Zustand nicht ganz sicher auszuschließen, aber unwahrscheinlich ist

  • ich infolge eines weit fortgeschrittenen Hirnabbauprozesses (z.B. bei Demenzerkrankung) auch mit ausdauernder Hilfestellung nicht mehr in der Lage bin, Nahrung und Flüssigkeit auf natürliche Weise zu mir zu nehmen"

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Check für untaugliche Formulierungen

Was man alles bei der Formulierung der Patientenverfügung falsch machen kann, listet die Deutsche Stiftung Patientenschutz auf. Sie bietet auf ihrer Internetseite einen ausführlichen 12-Punkte-Check zur Formulierung von Verfügung und Betreuungsvollmacht an:

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BundesgerichtshofAz.: XII ZB 61/16Urteil vom 9.8.2016

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