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Pflege-TÜV wird verschärft

eb/dpa
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Bestnoten, obwohl die Menschen schlecht behandelt werden? Der Pflege-TÜV sollte die Heimsuche erleichtern und Missstände eindämmen. Doch er gilt als zu lasch. Nun soll das Kontrollsystem reformiert werden.

Nach massiver Kritik am Pflege-TÜV sollen die Prüfungen von Pflegeheimen verschärft werden. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollen sich dann besser über die Qualität von Pflegeeinrichtungen informieren können. Entsprechende Reformpunkte werden nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in Kürze veröffentlicht. 

Gute Noten für schlechte Heime

Pflegekassen und Heimbetreiber haben sich demnach nach insgesamt dreijährigem Ringen bereits im Juni hinter verschlossener Tür in einer Schiedsstelle geeinigt. Ende vergangener Woche lief nun eine Widerspruchsfrist ab. "Jetzt wird der Schiedsspruch ausformuliert und dann veröffentlicht", hieß es in Verhandlungskreisen. 

Hintergrund ist die teils vernichtende Kritik an den Bewertungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen. Es kämen zu viele Bestnoten heraus, monieren Politiker, Patientenvertreter und Experten seit langem. Schlechte Heime könnten gute Noten bekommen, indem sie Akten ausführlich führten oder das Essen in Ordnung sei. 

Gutes Schnitzel gleicht Wundliegen aus

Der Bundespatientenbeauftragte Wolfgang Zöller (CSU) sagte: "Wenn ich aber in der Gesamtbeurteilung häufiges Wundliegen mit einem guten Schnitzel oder einem schönen Gartenfest ausgleichen kann, dann ist das Instrument gescheitert." 

Künftig sollen unter den bisher 82 Kriterien für die Bewertung eines Heims die Ergebnisse in den 21 zentralsten Punkten im Internet besonders hervorgehoben werden. Darunter die Frage, ob es in einem Heim Vorbeugung gegen Wundliegen gibt, ob die Flüssigkeitsversorgung angemessen ist und die Notwendigkeit von freiheitseinschränkenden Maßnahmen regelmäßig überprüft wird. 

Die Krankenkassen konnten sich aber nicht mit der Forderung durchsetzen, dass diese Kriterien bei der Benotung eines Heims stärker gewichtet werden. In einem internen Schreiben der Kassen wird dies als Wermutstropfen bezeichnet. 

Feste gehen nicht mehr in die Note ein

Andere Kriterien sollen künftig nicht mehr aufgeführt werden, etwa ob es "jahreszeitliche Feste" gibt. Künftig wird zudem bei mehr Bewohnern als bisher genau hingesehen, vor allem bei mehr schweren Fällen der Pflegestufe drei. Auch sollen die Noten wegen geänderter Berechnung etwas schlechter ausfallen können. Einrichtungen, die heute mit 1,4 abschneiden, sollen etwa eher eine gute 2 bekommen. 

Zöller mahnte, der Kompromiss dürfe nicht zulasten der Transparenz und Aussagekraft über die wirkliche Qualität gehen. "Ich möchte, dass die schwarzen Schafe als solche zu erkennen sind." Die Selbstverwaltung müsse den Beschluss zügig umsetzen und Qualitätsunterschiede realitätsnaher darstellen. Auch das Bundesgesundheitsministerium erwartet eine zügige Umsetzung, wie eine Sprecherin sagte. Es sei damit zu rechnen, dass die Neuregelungen Anfang 2014 wirksam würden. 

Ein fauler Kompromiss

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sprach bereits von einem faulen Kompromiss. So habe sich beim Skandal freiheitsentziehender Maßnahmen, etwa Bettgitter, in den vergangenen Jahren nichts geändert. "Ich will wissen, ob das bei 30, 20 oder nur 5 Prozent der Bewohner vorkommt", sagte Brysch. Auch ob Patienten durch Pillen ruhiggestellt würden, bleibe unklar. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) müsse nacharbeiten. 

Der Präsident des Sozialverband Deutschland, Adolf Bauer, meinte, für viele Menschen könne sich die Lage zwar verbessern. Aber: "Um von einer ausreichenden Information der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen zu sprechen, reicht es noch nicht", sagte er. An diesem Dienstag will die Organisation Transparency International Deutschland eine Studie zu Transparenzmängeln in der Pflege vorstellen. Der Arbeitgeberverband Pflege präsentiert Forderungen gegen den Fachkräftemangel.

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