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PZR-Abo: Dumping verstößt gegen GOZ

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Das Berufsgericht Münster hat einem Zahnarzt einen Verweis und eine Geldbuße über 1.000 Euro ausgesprochen. Er hatte mit einer 86-jährigen Patientin einen von ihm sogenannten "Excellence-Vertrag" vier PZR pro Jahr zu einem Pauschalpreis von 270 Euro abgeschlossen. Lesen Sie hier die Stellungnahme der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe (ZÄKWL)!

"Die komplette Pauschale wurde sofort zur Zahlung fällig; eine Erstattung für nicht-wahrgenommene Termine schloss der Vertrag aus. Ohne Kündigung verlängerte sich der Vertrag jeweils um ein weiteres Jahr. Die Patientin wurde nach Vertragsabschluss pflegebedürftig und konnte die Termine nicht mehr wahrnehmen - gleichwohl zog der Zahnarzt die Jahrespauschale ein. Ebenfalls Gegenstand der Verhandlung war eine Werbung des Zahnarztes auf der Facebook-Seite seiner Praxis für Bleachings zu einem "Aktionspreis" von 99 Euro statt 499 Euro.

Ein Verstoß gegen die Abrechnungsvorgaben der GOZ

Das Berufsgericht stellte in beiden Fällen einen Verstoß gegen die verbindlichen Abrechnungsvorgaben der GOZ fest. Dies stützte das Berufsgericht bei dem "Excellence-Vertrag" insbesondere darauf, dass Behandlungen unabhängig von konkret festgestellten medizinischen Notwendigkeiten bereits im Voraus vereinbart und vergütet werden sollten.

Mit Blick auf das hohe Alter der Patientin, der zwischenzeitlich eingetretenen Pflegebedürftigkeit und die weiteren Umstände (zum Beispiel Vergütungspflicht ohne Leistung) verletzte der "Excellence-Vertrag" nach Auffassung des Berufsgerichts zudem das dem Zahnarzt im Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachte Vertrauen.

"Das Urteil bestätigt uns zum einen in der Auffassung, dass der Wettbewerb um medizinische Leistungen nicht überwiegend beziehungsweise nicht 'um jeden Preis' ausgetragen werden darf", betonte der Vizepräsident der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe, Zahnarzt Jost Rieckesmann. Dies nütze weder der Zahnärzteschaft noch den Patienten. Bei einem häufigen, allein an "Sonderangeboten" orientierten Praxiswechseln könne ein echtes Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient nicht aufgebaut werden. Insbesondere aber drohe die Qualität der Leistung zu leiden, wenn "Kampfpreise" in anderer Weise wirtschaftlich kompensiert werden müssen. "Als Freier Beruf muss sich die zahnärztliche Berufsausübung zuvorderst am Patientenwohl orientieren", so Rieckesmann weiter.

Als verwerflich habe der Kammervorstand zudem die weiteren Umstände des sogenannten Excellence-Vertrags" angesehen. Schon über die medizinische Notwendigkeit des PZR-Abos ließe sich im vorliegenden Fall wohl streiten. "Wenn dessen Bezahlung aber dann noch von einer fast 90-jährigen Patientin, die zwischenzeitlich zum Pflegefall geworden ist, verlangt wird, ohne dass sämtliche Leistungen erbracht wurden, entsteht durchaus der Eindruck, dass die Dame hier schlicht übervorteilt worden ist", erläutert Rieckesmann die Gründe für die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens. "Ein solches Geschäftsgebaren wirft ein schlechtes Licht auf den gesamten Berufsstand", so Rieckesmann."

Hintergrundinformation des Berufsgerichts: Der Beschuldigte betreibt eine zahnärztliche Praxis in Bielefeld. Die Zahnärztekammer Westfalen-Lippe wirft ihm vor,  2009 mit einer Patientin einen sogenannten „Excellence-Vertrag für individualprophylaktische Leistungen“ abgeschlossen und durchgesetzt zu haben. Durch den Vertrag hatte sich die 1923 geborene Patientin verpflichtet, für vier Professionelle Zahnreinigungen im Jahr im Voraus einen Betrag von 270 Euro zu zahlen. Dabei war eine Erstattung bei Nichtwahrnehmung von Terminen ausgeschlossen. Dieser Vertrag stelle nach Auffassung der Zahnärztekammer eine unangemessene Honorarforderung dar und verstoße gegen die Vorgaben der Gebührenordnung für Zahnärzte, wonach der Zahnarzt ein Honorar nur für bereits erbrachte Leistungen verlangen dürfe. Außerdem wirft die Zahnärztekammer Westfalen-Lippe dem Beschuldigten vor, gegen das Verbot berufswidriger Werbung verstoßen zu haben, indem er auf der Facebook-Seite seiner Praxis ein Video eingestellt habe, mit dem er auf anpreisende Art und Weise und unter Ankündigung eines reduzierten Festpreises („99 statt 499 Euro“) ein Bleaching (Zahnaufhellung) beworben habe.

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