20 Jahre Pflegekasse

ck/dpa
Die Bundesregierung feiert 20 Jahre Pflegeversicherung mit einem Festakt. Die Politiker sprechen von einer Erfolgsgeschichte. Dennoch muss die Versicherung weiterentwickelt werden.

Rund 2,6 Millionen Menschen in Deutschland müssen von anderen gepflegt werden. Zwei Drittel werden ambulant - in aller Regel zu Hause durch Familienangehörige und/oder ambulante Dienste - betreut, ein Drittel stationär in Heimen. Etwa eine Million Menschen sind beruflich in der Altenpflege tätig. Das sind einige Kerndaten der Pflegeversicherung 20 Jahre nach ihrer Einführung im Januar 1995.

"Es gibt keine Sozialversicherung in Deutschland, die eine so hohe Beitragsstabilität hat, wie die Pflegeversicherung", sagt der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), der dpa.  

Pflegekasse als Teilkasko

Der Beitrag zur Pflegeversicherung wurde zu Jahresbeginn von 2,05 Prozent (Kinderlose: 2,3) um 0,3 Punkte angehoben. 2017 kommt eine weitere Steigerung um 0,2 Punkte. Laumann erinnert daran, dass vor 20 Jahren zweistellige Beitragssätze prophezeit worden seien. 

Die Pflegeversicherung ist eine Art Teilkasko. Anders als etwa die Krankenversicherung deckt sie nur einen Teil der Leistungen ab. Wenn also die 80-jährige Mutter oder der 80-jährige Vater ins Pflegeheim müssen, ist der Schreck über die finanzielle Belastung der Familie groß. Wenn dann auch noch die Rente der Eltern nicht mehr ausreicht, kommt es nicht selten vor, dass die Mutter oder der Vater in ein "billigeres" Heim umziehen müssen.  

Die fünfte Säule im System

Die Pflegeversicherung ist heute als fünfte Säule im System der Sozialversicherungen fest etabliert - neben Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung. Als in den 1980er Jahren die Idee dieser neuen Versicherung aufkam, gab es massiven Widerstand, besonders aus dem Arbeitgeberlager und der FDP, wie sich Laumann erinnert. Die Arbeitgeber wollten wohl nicht schon wieder eine gesetzliche Sozialversicherung, bei der sie wie üblich die Hälfte der Beiträge übernehmen müssen.  

Von körperlichen Gebrechen bis zur Demenz

Doch es half nichts. Die Pflege- wurde an die Krankenversicherung gekoppelt. Jeder gesetzlich oder privat Krankenversicherte musste auch eine Pflegeversicherung haben. Am Anfang der Pflegeversicherung waren die Leistungen auf körperliche Behinderungen konzentriert. Erst spät wurde das zunehmende Problem der Demenzkranken im Leistungskatalog berücksichtigt. Doch es sei klar, dass eine Demenzerkrankung und die "eingeschränkte Alltagskompetenz", die damit einhergeht, in Zukunft bei der Begutachtung einen größeren Stellenwert bekommen solle, sagt Laumann.  

Heute gilt: Pflegebedürftig sind Menschen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung alltägliche Dinge wie Körperhygiene, Anziehen, Kochen, sich Bewegen oder auch Einkaufen auf Dauer, voraussichtlich aber für mindestens sechs Monate, nicht mehr selbst können.

Je nach Hilfsbedürftigkeit wird in Pflegestufen I bis III eingeteilt. Menschen, die zwar noch nicht in die Stufe I eingruppiert werden können, aber beim Einkaufen oder bei der Grundpflege Hilfe benötigen, können ebenfalls Unterstützung aus der Pflegekasse bekommen (Pflegestufe 0).  

Nach 20 Jahren ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff

Nach 20 Jahren soll die Pflegeversicherung in dieser Legislaturperiode runderneuert werden. Ein erstes Pflegestärkungsgesetz ist zum 1. Januar in Kraft getreten, mit dem unter anderem die Leistungen ausgeweitet werden. Ein weiteres Gesetz soll einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und ein neues Begutachtungsverfahren bringen. Zwischen körperlichen Einschränkungen und Demenzkranken soll nicht mehr unterschieden werden.  

Doch die Herausforderungen dürften damit nicht abgearbeitet sein. Die Zahl von Personen, die 80 und älter sind, nimmt zu: von 2008 bis 2050, so eine Schätzung, von gut fünf Millionen auf das Doppelte. Der sich abzeichnende Fachkräftemangel in der Altenpflege soll mit ausländischen Kräften gemildert werden.

Familie, Beruf und Pflege verbinden

In der häuslichen Pflege müssen zudem Strukturen geschaffen werden, die Familie, Beruf und Pflege verbinden, sagt Laumann. "Da wird einiges auf uns zukommen. Und das bedarf sicherlich auch Pflegestrukturen mit mehr Tagespflegeplätzen." Und wenn die Menschen älter werden, werden ihre pflegenden Kinder das auch. Es könnte bald keine Ausnahme mehr sein, dass eine 70-jährige Tochter ihre 90-jährige Mutter pflegen muss. Auch das bedarf anderer Betreuungsangebote.

von Ruppert Mayr, dpa

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