124. Deutscher Ärztetag

Ärzte fordern Maßnahmen für ein zukunftsfestes Gesundheitswesen

pr
Leistungsstarke Strukturen – aber auch Defizite im Pandemiemanagement: Der Deutsche Ärztetag fordert die Politik dazu auf, Schwachstellen zu analysieren und das Gesundheitswesen in Deutschland zukunftsfest aufzustellen.

Dazu haben die Delegierten gestern auf dem 124. Deutschen Ärztetag (online) mit großer Mehrheit einen entsprechenden Leitantrag angenommen. Die leistungsstarken ambulanten und stationären Strukturen des Gesundheitswesens sowie der beispiellose Einsatz von Ärztinnen und Ärzten aus allen Versorgungsbereichen haben eine Überlastung des Gesundheitswesens verhindert, heißt es darin.

Gleichzeitig haben die vergangenen Monate Defizite des Systems offengelegt: unter anderem bei der personellen und technischen Ausstattung in den Einrichtungen des Gesundheitswesens, insbesondere in den Gesundheitsämtern, bei der Vernetzung der Meldestrukturen und beim digitalen Ausbau. Die Delegierten forderten Bund und Länder dazu auf, diese Schwachstellen gemeinsam mit der ärztlichen Selbstverwaltung zu analysieren und das Gesundheitswesen in Deutschland zukunfts- und krisenfest aufzustellen.

Der Antrag hebt unter anderem folgende Bereiche heraus:

Den Öffentlichen Gesundheitsdienst stärken

Um die bestehenden Defizite im Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) zu beheben, halten die Delegierten eine schnelle und umfassende Umsetzung des von Bund und Ländern geschlossenen Paktes für den Öffentlichen Gesundheitsdienst unerlässlich. Erforderlich ist darüber hinaus eine grundsätzliche Strukturreform des ÖGD. Dazu gehört eine zentrale Stelle zur Koordination der Aktivitäten der Gesundheitsämter, ein flächendeckendes Kontaktnachverfolgungssystem, Anreize für die Tätigkeit im ÖGD und eine tariflich gesicherte arztspezifische Vergütung.

Menschen statt Margen in der Medizin

Entschieden fordern die Delegierten von der Politik ein klares Bekenntnis gegen eine zunehmende Kommerzialisierung im Gesundheitswesen – gepaart mit konkreten gesetzgeberischen Maßnahmen. Eine der wichtigsten Lehren aus der Pandemie muss es sein, die leistungsstarken Strukturen zu erhalten und auszubauen, statt sie auszudünnen und auf reine Kosteneffizienz zu trimmen, heißt es in dem Antrag. Die Delegierten sprechen sich für eine Begrenzung der Beteiligungsmöglichkeiten von Finanzinvestoren in der ambulanten Versorgung aus. Insbesondere sollten die Größe und der Versorgungsumfang von medizinischen Versorgungszentren (MVZ) begrenzt werden. Weiter fordern sie ein Transparenzregister für MVZ.

Arztpraxen bei Krisenbewältigung unterstützen

Die Delegierten fordern, den in der Pandemie eingeführten Schutzschirm für die Vertragsärzteschaft dauerhaft im Sozialgesetzbuch (SGB V) zu verankern. Um die Praxen beim Ausbau der Digitalisierung zu unterstützen, sollten finanzielle Ausgleichsmechanismen für die weitere Digitalisierung des ambulanten Versorgungsbereichs geschaffen werden. Mit Nachdruck unterstützt der Ärztetag auch die Forderungen des Verbandes medizinischer Fachberufe e. V., die Leistungen der Praxisteams nach dem Vorbild der Pflege mit einem steuerfinanzierten Bonus zu würdigen.

Krise als Treiber für Digitalisierung nutzen

Während auf der einen Seite die Akzeptanz vieler digitaler Anwendungen, wie zum Beispiel Videosprechstunden oder Telekonsile, deutlich gestiegen ist, legt die Pandemie auch die Defizite bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen offen, heißt es in dem Leitantrag weiter. Bereits erprobte Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI) – wie der Notfalldatensatz und der Medikationsplan – sollten zügig in den Versorgungsalltag eingeführt werden. Mit Sorge beobachten die Delegierten allerdings eine überhastete, politisch motivierte und viel zu enge Taktung weiterer Digitalisierungsschritte. Es sei zwingend erforderlich, neue digitale Anwendungen mit der dafür notwendigen Zeit und Genauigkeit auf ihre Praxistauglichkeit hin zu erproben, betonen sie.

Reizthema Bürgerversicherung

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Während der Diskussion zu dem Antrag hatte sich herausgestellt, dass ein Teil der Delegierten diesen Formulierungen kritisch gegenüberstand. Damit laufe die Ärzteschaft Gefahr, bei einer etwaigen neuen Koalition nach der Bundestagswahl keine Ansprechpartner mehr in der Politik zu finden, so die Befürchtung. In einem Änderungsantrag hatten sie dafür plädiert, die Formulierung abzuschwächen, dafür fand sich aber letztlich keine Mehrheit.

Mehr Frauen in die ärztlichen Gremien

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