124. Deutscher Ärztetag

Ärzte fordern Streichung von Sanktionen bei der Digitalisierung

pr
Der Deutsche Ärztetag hat die Streichung von Sanktionen infolge gerissener Fristen bei der Einführung digitaler Anwendungen gefordert. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte die Aussetzung sanktionsbewehrter Fristen zugesichert, sofern sie unverschuldet nicht zu halten sind.

Mit großer Mehrheit haben die Delegierten auf dem 124. Deutschen Ärztetag die Streichung von Sanktionen für Ärztinnen und Ärzte gefordert, die mit Fristen bei der Einführung digitaler Anwendungen verbunden sind. Digitale Anwendungen können zwar die medizinische Versorgung von Patienten unterstützen. Das vom Gesetzgeber vorgelegte Tempo berge jedoch die Gefahr, dass dadurch „notwendige Testungen zur Praktikabilität wie auch zur Patientensicherheit unterbleiben”, heißt es in dem Beschluss.

Die Delegierten weisen darauf hin, dass die Bundesregierung mit dem Entwurf eines Gesetzes zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG) nunmehr ein drittes Gesetz zur Digitalisierung im Gesundheitswesen in der laufenden Legislaturperiode vorgelegt habe. In zu schneller Taktung gebe der Gesetzgeber die Einführung digitaler Anwendungen der Telematikinfrastruktur vor und verbinde diese teilweise mit Sanktionen.

Spahn: „Keine Sanktionen”

Bundesärztekammerpräsident Dr. Klaus Reinhardt hat während der Beratungen der Delegierten die Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auf dem Ärztetag erneut begrüßt, in bestimmten Fällen von Sanktionen abzusehen. Spahn hatte auf der Eröffnungsveranstaltung des Deutschen Ärztetages gesagt: „Da, wo es objektiv nicht geleistet werden kann, soll es auch keine Sanktionen geben.”

Neben der Schaffung der technischen Voraussetzungen – Update des Konnektors, Erweiterung des Praxisverwaltungssystems, Anschaffung eines elektronischen Heilberufeausweises – müssten bei der Einführung digitaler Anwendungen vor allem eingespielte Praxisabläufe angepasst werden, heißt es in dem Beschluss weiter. Auch ohne die pandemiebedingte hohe Belastung der Arztpraxen seien die Vorgaben des Gesetzgebers unrealistisch. Mit diesen bestehe die Gefahr, dass Anwendungen unzureichend getestet und somit unausgereift, also potenziell patientengefährdend, eingeführt werden, um Fristen zu halten und Sanktionen zu vermeiden.

Erprobungen in realen Versorgungsszenarien nötig

Deshalb fordern die Delegierten, alle Sanktionen für Ärztinnen und Ärzte zu streichen. Auch sollten Anwendungen um zwölf Monate verschoben werden, die nicht unmittelbar der medizinischen Versorgung dienen (elektronisches Rezept, elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung). Die Zeit bis zur flächendeckenden Einführung von Telematikvorhaben sollte für Erprobungen in realen Versorgungsszenarien genutzt werden. Das soll gewährleisten, dass die entwickelten Produkte und Dienste friktionsfrei zum Einsatz kommen können.

Auch zum elektronischen Heilberufeausweis (eHBA) gab es Beratungen. Die Delegierten begrüßen den damit verbundenen gesicherten Austausch von medizinischen Dokumenten. Insbesondere in Krankenhäusern und größeren Praxen oder medizinischen Versorgungszentren (MVZ) halten sie die derzeitige Spezifikation für nicht geeignet, um weiterhin schlanke Arbeitsprozesse abzubilden. Sie fordern die gematik dazu auf, die Vorgaben derart zu verändern, dass die Prozesse in Krankenhäusern, größeren Praxen oder MVZ durch den Einsatz des eHBA unterstützt und nicht behindert werden.

Weitere Beschlüsse

  • Das berufsrechtliche Verbot der ärztlichen Suizidbeihilfe wird gestrichen: In Konsequenz aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Februar 2020 zum assistierten Suizid hat der Ärztetag berufsrechtlichen Regelungen zur Suizidhilfe geändert. Ärztinnen und Ärzte können künftig frei entscheiden, ob sie Suizidwillige beim Sterben unterstützen wollen oder nicht.

  • Ein neuer Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie wird in der Weiterbildungsordnung verankert. Damit wird dem wachsenden Bedarf des Fachgebiets Rechnung getragen. Die Pandemie habe deutlich gezeigt, welche Bedeutung Infektionskrankheiten für die Medizin und die Gesellschaft insgesamt hätten, so die Delegierten.

  • Die Delegierten fordern auch, die Anstrengungen zur Begrenzung der Klimakrise und der hieraus entstehenden gesundheitlichen und ökologischen Folgen für die Menschheit zu intensivieren. Ein entsprechender Antrag wurde an den Vorstand überwiesen. Außerdem wird der Weiterbildungsinhalt „Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit” in die allgemeinen Inhalte der Weiterbildung aufgenommen.

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