GKV-Zuschuss in Gefahr

Petra Spielberg
Das nationale Spardiktat und der europäische Fiskalpakt könnten sich negativ auf die Finanzierung der GKV auswirken: Fachleute befürchten Kürzungen beim Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds.

Mit dem Anfang 2013 in Kraft getretenen europäischen Fiskalpakt, den 25 der 27 EU-Regierungen mit Ausnahme von Großbritannien und der Tschechischen Republik unterschrieben haben, will man die Verschuldung der Staatshaushalte eindämmen. Das strukturelle Defizit der jeweiligen Staaten darf demnach ab 2014 nur noch maximal 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) betragen. Bei Nichteinhalten drohen finanzielle Sanktionen.

Der Fiskalpakt umfasst dabei nicht nur die Haushalte von Bund und Ländern, sondern auch die der Gemeinden und Sozialversicherungen. In Kombination mit der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse zur Haushaltskonsolidierung könnte sich dies nach Ansicht von Fachleuten mittelfristig negativ auf das deutsche Gesundheitswesen auswirken.

Wenig Spielraum

Johannes Clemens, stellvertretende Leiter der Abteilung Öffentliche Finanzen der Deutschen Bundesbank, meint jedenfalls: "Halten sich Bund und Länder an ihre nationalen Neuverschuldungsgrenzen, verbliebe im ungünstigsten Fall noch ein Spielraum von 0,15 Prozent des BIP für strukturelle Defizite der Gemeinden und der Sozialversicherungen.“ Dies entspräche derzeit etwa vier Milliarden Euro. "Im Prinzip müssten Bund und Länder sich für einzelne Jahre ambitioniertere Planungen vornehmen, wenn absehbar wäre, dass die Sozialversicherungen oder die Gemeinden diesen Wert überschreiten“, folgert Clemens.

Vor dem Hintergrund einer solchen möglichen Entwicklung fürchten Vertreter der gesetzlichen Krankenversicherungen, dass der Bund seinen Zuschuss zum Gesundheitsfonds weiter abschmilzt, um die nationalen und europäischen Vorgaben zur Schuldeneindämmung einhalten zu können. "Aufgrund der verschärften Schuldenbremse dürfte der noch vor kurzer Zeit vielfach proklamierte Ausbau der Steuerfinanzierung in der GKV bereits sein Ende gefunden haben, ehe er recht begonnen hat“, so Prof. Dr. Klaus Jacobs, Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK in einem Beitrag für die Zeitschrift "Gesundheit und Gesellschaft“ (Ausgabe 2/13).

Schwankungen bei Steuerzuschüssen

Bereits in den vergangenen Jahren unterlagen die jährlichen Steuerzuschüsse zur "pauschalen Abgeltung der Aufwendungen der Krankenkassen für versicherungsfremde Leistungen“ mehr oder weniger großen Schwankungen. 2006 waren es beispielsweise 4,2 Milliarden Euro, 2010 hingegen 15,7 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr zahlte der Bund zwar die sozialgesetzlich vorgesehene Summe von 14 Milliarden Euro ein. Doch schon in diesem und im nächsten Jahr fallen die Zuschüsse wieder geringer aus. 2013 sind es 2,5 Milliarden weniger. 2014 sollen dann maximal 12 Milliarden in den Fonds fließen.

Nach Angaben der GKV kostet allerdings allein die beitragsfreie Mitversicherung von Kindern und Jugendlichen mehr als 14 Milliarden Euro pro Jahr, so dass der Zuschuss des Bundes eigentlich erhöht und nicht gesenkt werden müsste.

Schlechte Erfahrungen

Auch Prof. Wolfgang Greiner, Lehrstuhlinhaber für "Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement“ an der Universität Bielefeld, sieht den Bundeszuschuss in Gefahr: "Die bisherigen Erfahrungen mit der Zuverlässigkeit und langfristigen Planbarkeit des Bundeszuschusses waren ja bekanntermaßen bereits schlecht (ständige Änderung nach Kassenlage). Das würde im Fiskalpakt eher ein noch größeres Problem.“

Greiner spricht sich daher dafür aus, auf den Bundeszuschuss ganz zu verzichten oder ihn zumindest an feste Regeln zu binden. „Der Zuschuss sollte dann ersetzt werden durch einen individuellen Anspruch auf Sozialausgleich bei niedrigem allgemeinem Beitragssatz und höheren Zuzahlungsbeiträgen“, so der Gesundheitsökonom. Denn individuelle Ansprüche würden nicht so einfach gesenkt werden wie ein allgemeiner Zuschuss.

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