In zwei Stufen zum Studium

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Wartezeit bis zu sieben Jahren: Das Zulassungsverfahren zum (Zahn-)Medizinstudium ist seit Langem reformbedürftig. Doch wie genau soll die Studierendenauswahl in Zukunft aussehen? Studenten haben jetzt ein Konzept vorgelegt.

Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd) und der Medizinische Fakultätentag e.V. (MFT) haben gemeinsam einen Vorschlag für ein neues Auswahlverfahren in der Medizin erarbeitet. In die Überlegungen gingen sowohl die Problematiken des Zulassungsverfahrens als auch die Überlegungen im Rahmen des im März 2017 veröffentlichten Masterplans Medizinstudium 2020 ein.

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Das neue Zweistufenmodell

Die jetzige Vorabquote für Härtefälle, Nicht-EU-Ausländer, Sanitätsoffiziersanwärter usw. bliebe im Zweistufenmodell unverändert erhalten. Sollte zusätzlich eine sogenannte Landarztquote eingeführt werden, wäre diese als Vorabquote abzubilden.

Die drei bisher separaten Quoten für die Abiturbesten, das Auswahlverfahren der Hochschulen sowie die Wartezeit würden zu einer gemeinsamen Quote zusammengeführt.

In einer ersten Auswahlstufe würden neben Abiturnote und Studierfähigkeitstests auch berufspraktische Erfahrungen im medizinnahen Bereich oder ein Freiwilligendienst und sogenannte Situational Judgement Tests (SJT) berücksichtigt werden.

Die Kriterien im Einzelnen

- Abiturnote (max. 40 Punkte):Das Notenspektrum des bestandenen Abiturs sollte linear über die Punkteskala abgebildet werden. So bliebe die Abiturnote weiterhin ein maßgebliches Auswahlkriterium.

- Studierfähigkeitstest (max. 40 Punkte):Ein solcher Test müsste zu einem großen Teil auch nicht schulisches Wissen und Fähigkeiten testen. Eine Weiterentwicklung der in Deutschland bereits etablierten Tests TMS (Test für Medizinische Studiengänge) und HAM-Nat (Hamburger Naturwissenschaftstest) sollte angestrebt werden. Die Punkteskala sollte nicht linear abgebildet werden (mittleres Testergebnis: 0 Punkte; oberste 99% Perzentile: 40 Punkte). Der Test sollte deutschlandweit angeboten werden.

- Berufspraktische Erfahrung in einem medizinnahen Bereich oder ein staatlich anerkannter Freiwilligendienst (max. 10 Punkte):Die Höchstzahl von 10 Punkten sollte für eine Tätigkeit von 12 Monaten vergeben werden. Längere Zeiten sollten nicht berücksichtigt werden, um nicht in Konkurrenz mit anderen Ausbildungsberufen zu treten.

- Situational Judgement Test (SJT) (max. 10 Punkte):Hier sollte insbesondere aufgaben- und kontextbezogenes Wissen und soziale Kompetenz getestet werden.

Die Summierung dieser vier Kriterien ermöglicht dann eine bundesweite Reihung. Entsprechend dieser Reihung würde man 50 Prozent der Studienplätze unter Berücksichtigung der Ortspräferenz vergeben.

Die übrigen 50 Prozent der Plätze eines jeden Standorts könnten gemäß eines standortspezifischen Auswahlverfahrens der Hochschulen vergeben werden. Wie viele Bewerber mit der entsprechenden Ortspräferenz entlang der Punktereihung in das jeweilige Auswahlverfahren eingeladen werden, würde den Universitäten obliegen. Es stünde den Universitäten frei, auf ein separates Auswahlverfahren zu verzichten und die weiteren Plätze gemäß der Reihung aus dem zentralen Verfahren weiter aufzufüllen bzw. dabei die bereits erfassten Kriterien anders zu gewichten.

Im Auswahlverfahren der Hochschulen könnten weitere Kriterien für die Auswahl hinzugezogen werden, wie zum Beispiel zusätzliche berufliche Qualifikationen oder Noten einzelner Schulfächer. Es könnte ein Assessment kommunikativer und sozialer Kompetenzen oder der Motivation erfolgen oder (Mini-)Interviews durchgeführt werden.

Die erste Auswahlstufe mit den oben genannten Kriterien sollte auch bei Einführung der Landarztquote für die Bewerber innerhalb dieser Quote gelten – ebenso für die Nicht-EU-Ausländer. Diese würden jedoch nur innerhalb dieser Quote miteinander konkurrieren. Hierfür müsste man ein geeignetes Verfahren finden. Die Anwendung für weitere Gruppen der Vorabquote wäre zu prüfen.

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"Transparentes und innovatives Auswahlverfahren"

"MFT und bvmd sind sich bewusst, dass für die Umsetzung noch weitere wesentliche Detailplanungen notwendig wären", heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme. So müsste ein Modell wie das vorgeschlagene eng mit dem Dialogorientierten Serviceverfahren (DoSV) der Stiftung für Hochschul-Zulassung abgestimmt werden. Ebenso müssten die in Deutschland bereits bestehenden und erprobten Tests zusammengeführt und weiter entwickelt werden. Letztlich müssten die Länder einen neuen Staatsvertrag schließen, der das vorgeschlagene Verfahren in einer rechtssicheren Form abbildet und der Stiftung für Hochschulzulassung den Auftrag und die zur Umsetzung erforderlichen Ressourcen gibt.

„Das Papier ist ein sinnvoller Vorschlag und entspricht dem politischen Wunsch nach erweiterten Zulassungskriterien. Für die weitere Entwicklung ist es wichtig, mit den politischen Entscheidern ins Gespräch zu kommen und die konkrete Umsetzung zu diskutieren“, kommentiert MFT-Generalsekretär Frank Wissing das Ergebnis.

In der weiteren Diskussion müssen die in Deutschland bereits bestehenden und erprobten Verfahren zusammengeführt und weiterentwickelt werden. Bertram Otto, Bundeskoordinator für Medizinische Ausbildung der bvmd, resümiert: „Ziel unseres vorgeschlagenen Modells ist ein transparentes und innovatives Auswahlverfahren, das sich an den Bedürfnissen der zukünftigen Generation an Medizinerinnen und Medizinern orientiert."

Die Auswahl nach Abiturnote reicht nicht aus

Die Vergabe der Plätze erfolgt derzeit zunächst zentral über die Stiftung für Hochschulzulassung - im Wesentlichen auf Basis der Abiturnote, die eine maßgebliche Rolle spielt. Neben einer Vorabquote, etwa für Studienbewerber aus dem Nicht-EU-Ausland, Härtefälle oder Sanitätsoffiziersanwärter der Bundeswehr, werden 20 Prozent der Plätze unmittelbar über die Abiturnote vergeben. Weitere 20 Prozent der Studienplätze werden über die sogenannte Wartezeit der Bewerber vergeben und die restlichen 60 Prozent der Plätze über ein nachgelagertes Auswahlverfahren der Hochschulen, das neben der Abiturnote weitere Auswahlkriterien berücksichtigen kann.

Das Problem das sich daraus ergibt: Angesichts der großen Nachfrage liegt die erforderliche Wartezeit mittlerweile bei sieben Jahren - für Bewerber ist dies kaum noch zumutbar und unterliegt daher aktuell einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung. Problematisch ist zudem die Abiturbestenquote. Mittlerweile reicht ein Notendurchschnitt von 1,0 nicht mehr aus, um sicher einen Studienplatz zu erhalten, und es ist kaum noch möglich, hier weiter zu differenzieren.

Die Stellungnahme im Original finden Siehier.

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