Vertreterversammlung der KBV

"Wir besinnen uns auf unsere eigenen Kräfte!"

pr/pm
Schluss mit den Scheindebatten um eine angebliche Zwei-Klassen-Medizin und um die vermeintlich ungerechte Vergabe von Arztterminen - das forderten die Delegierten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auf ihrer Vertreterversammlung am Wochenende in Berlin.

Die Delegierten wiesen in einer Resolution diese Debatten als realitätsfern und unsachlich zurück. Sie reagierten mit Befremden darauf, dass die Gesundheitspolitik aktuell in die ärztliche Selbstverwaltung eingreifen will.

Eine Leistungsausweitung von Mindestsprechstundenzeiten von 20 auf 25 Stunden, wie sie im Koalitionsvertrag angekündigt ist, sei mit den geltenden Budgets in der ambulanten Versorgung nicht vereinbar. Schon heute betrage die durchschnittliche Arbeitszeit eines Arztes 52 Stunden pro Woche. Deswegen müsse nicht die Sprechstundenzeit ausgeweitet, sondern vielmehr die Bürokratie von 50 Millionen Stunden pro Jahr in den Praxen zurückgefahren werden, forderten sie.

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen

Das Grundproblem der ambulanten Versorgung - die Budgetierung - bleibt im Koalitionsvertrag ausgeklammert, unterstrich der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Gassen. Dass Ärzte sich vorschreiben lassen müssen, wann und wie sie zu arbeiten haben, bezeichnete er als "unzumutbaren Eingriff". Der erste und wichtigste Schritt sei, die ärztlichen Grundleistungen aus der Quotierung herauszunehmen. "375 Milliarden sind die jährlichen Ausgaben im Gesundheitssystem. 28 Milliarden beträgt das aktuelle Finanzpolster der gesetzlichen Krankenversicherung. Mit nur 450 Millionen pro Jahr könnten die Grundleistungen ausbudgetiert werden. Worauf warten wir noch?", fragte Gassen. Sein Appell: "Warten wir nicht darauf, dass die Politik uns hilft! Wir machen unsere Arbeit und besinnen uns am besten auf unsere eigenen Kräfte."

Im Zuge der Vertreterversammlung skizzierten die Vertragsärzte weitere Handlungsfelder für die ärztliche Versorgung. Ein Hauptbereich: die Notfallversorgung. Dazu kritisiert der stellvertretende KBV-Vorsitzende Dr. Stephan Hofmeister: "Eines der neuralgischen Themen dieser Tage ist die ungezügelte Inanspruchnahme medizinischer Leistungen, die durch den ärztlichen Bereitschaftsdienst abgefedert werden muss."

KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister

KBV-Vize Dr. Stephan Hofmeister

Die Ärzte lehnen eine - von den Koalitionspartnern geforderte - gemeinsame Sicherstellung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes durch Landeskrankenhausgesellschaften und KVen noch aufzubauenden integrierten Notfallzentren in gemeinsamer Finanzverantwortung ab. Stattdessen will die KBV an geeigneten Standorten Bereitschaftspraxen einrichten.

Hofmeister erklärte, dem Aktionismus der Politik müsse man vorgreifen und als Selbstverwaltung eine griffige und klare Lösung präsentieren. Dies sei die bundeseinheitliche Rufnummer 116117 in Kombination mit einer Bereitschafts- und Notfall-App, der Website www.111117info.de und der BundesArztsuche-App der KBV.

KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel

KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel

Beim Ausbau der Telematikinfrastruktur (TI) gelte es, Risiken von den niedergelassenen Ärzten fernzuhalten, forderte KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel. Die KBV werde nicht tatenlos zusehen, wenn die TI nicht fristgerecht und kostenneutral in den Praxen aufgebaut werden kann, sagte er. Nach wie vor gebe es nur Konnektoren einer einzigen Firma, weitere seien zwar angekündigt, aber noch nicht verfügbar.

Kriedel kündigte Nachverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband über die Förderpauschalen für die Praxisanbindung an. Weiterhin wird die KBV auf die Politik zugehen, um eine Fristverlängerung für die Anbindung zu erwirken und so das Sanktionsrisiko für die Praxen zu entschärfen.

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