Großbritannien

Erstkontakt per Telefon spart Ärzten keine Zeit

pr
Praxis
Ein Arzt spart keine Zeit, wenn er Erstkontakte mit Patienten per Telefon vornimmt und wenn diese Telefonate von einer Agentur vermittelt werden. Das zeigt eine Untersuchung aus Cambridge.

Wenn ein englischer Primärarzt (General Practitioner) den Erstkontakt zu seinem Patienten telefonisch vornimmt, um mit ihm abzustimmen, ob ein Praxisbesuch notwendig ist, erspart ihm das weder Zeit noch Geld. Das hat eineUntersuchung der Universität Cambridgeergeben, die vor Kurzem im British Medical Journal veröffentlicht wurde.

Hintergrund der Untersuchung sind Aussagen von Agenturen wie „GP Access“ oder „Doctor First“, die damit werben, dass durch Zwischenschaltung eines Callcenters eine bessere Verwaltung von Praxisbesuchen möglich sei.

Die Serviceleistung der Agenturen: Anrufe der Patienten bei der Arztpraxis werden zum Callcenter umgeleitet, die Patientendaten werden dort aufgenommen und an die Arztpraxis weitergeleitet. Der Arzt ruft noch am gleichen Tag beim Patienten an und ermittelt telefonisch, ob der Patient zu einer persönlichen Konsultation (zeitnah) kommen soll oder nicht.

Laut Werbeaussagen der Agenturen soll das die Produktivität der Arztpraxis um 20 Prozent steigern. Die Arbeitsbelastung von Arzt und Praxisteam soll sinken und die Patientenzufriedenheit soll steigen. Der Service wird auch für Krankenhäuser und Notfallambulanzen angeboten.

Das Ziel: Kostenersparnis und Patientensteuerung

Vom britischen National Health Service (NHS) wird diese Dienstleistung mit Wohlwollen gesehen, da man sich dadurch sinkende Arztbesuche und eine Kostenersparnis für die Praxen verspricht. Insgesamt kämpfen Primärärzte im britischen Gesundheitswesen mit steigenden Anforderungen von Patientenseite, einer stärkeren Übertragung von Aufgaben des Sekundärsektors (Fachärzte, Krankenhäuser) in den primärärztlichen Bereich, mit steigenden Kosten und mit einer sinkenden Anzahl von Primärärzten.

Die Wissenschaftler aus Cambridge haben jetzt herausgefunden: Die Anzahl der persönlichen Kontakte ist der Untersuchung zufolge zwar um 38 Prozent gesunken. Dafür ist aber die Zahl der Telefonkonsultationen um 12 Prozent gestiegen. Insgesamt ist der Zeitaufwand für Gespräche des Arztes mit dem Patienten um acht Prozent gestiegen. Ein weiteres Ergebnis war, dass einige Ärzte mit den telefonischen Erstkontakten gut zurechtkamen und Zeit sparten. Bei anderen wiederum hat die zeitliche Belastung stark zugenommen.

Ergebnis: Zeitaufwand und Auslastung stagnieren

Die Wissenschaftler fanden keinen Beleg dafür, dass durch den Service die Inanspruchnahme von Notfallambulanzen substanziell gesunken ist. Es kam sogar zu einer leichten Zunahme von Krankenhausaufnahmen von zwei Prozent. An der Zahl der Kontakte mit Notfallambulanzen änderte sich zunächst nichts. Später gingen diese leicht um zwei Prozent pro Jahr zurück – das ist weniger, als von den Servicecentern versprochen.

Patienten zeigten sich der Untersuchung zufolge mit dem Service zufrieden. Als positiv vermerkten sie, dass sich Probleme oft am Telefon lösen können, ohne dass ein Arztbesuch notwendig ist, oder dass bei Notfällen der Rückruf direkt erfolgt. Es kam aber auch Kritik. So monierten Patienten, dass der Rückruf oft am Arbeitsplatz (etwa im Büro) erfolgt und dass es schwierig ist, gesundheitliche Beschwerden mit dem Arzt am Telefon zu bereden.

In der Untersuchung wurden 147 Primärärzte, die den Service nutzen, mit einer Zufallsstichprobe von zehn Prozent anderer Primärärzte verglichen. Hinzu kamen eine Patientenbefragung sowie die Analyse von gesundheitsbezogenem statistischem Datenmaterial.

 

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