US-Studie

Künstlerisch interessierte Ärzte verstehen ihre Patienten besser

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Praxis
Angehende Ärzte begegnen ihren Patienten mit mehr Empathie und emotionaler Intelligenz, wenn sie sich für die schönen Künste begeistern - und sie sind weniger anfällig für Burn-out, wie eine neue US-Studie zeigt.

Literatur, Musik, Theater und bildende Kunst spielen in der medizinischen Ausbildung eher eine untergeordnete Rolle. Dabei wird immer wieder als Argument ins Feld geführt, dass das Interesse an den Schönen Künsten die ärztliche Kompetenz verbessert - und sogar Burn-out vorbeugt. Diese positive Wechselwirkung zwischen Medizin und Kunst haben jetzt Forscher der Thomas Jefferson University in Philadelphia und der Tulane School of Medicine, New Orleans, wissenschaftlich belegt.

Ziel war zu überprüfen, ob mit einem größeren Interesse für Literatur, Musik, Theater und bildende Kunst auch die positiven Arztqualitäten (wie Weisheit, Empathie, Selbstwirksamkeit, emotionale Bewertung, räumliche Fähigkeiten) steigen, während ein Desinteresse sich schädlich auf das ärztliche Wohlbefinden (etwa Intoleranz gegenüber Mehrdeutigkeit, körperliche Erschöpfung, emotionale Erschöpfung und kognitive Müdigkeit) auswirkt.

Für die Online-Umfrage wurden alle Studenten, die im akademischen Jahr 2014-2015 an fünf US-amerikanischen Universitäten für Medizin (Medical Schools) eingeschrieben waren, per E-Mail zur Teilnahme eingeladen. Abgefragt und gemessen wurde dann ihre Liebe für Musik, Literatur, Theater und bildende Kunst mithilfe von zu vervollständigenden Bewertungsskalen.

Zuhören und anschauen reicht

Insgesamt nahmen 739 von 3.107 Medizinstudenten (23,8 Prozent) an der Umfrage teil. Regressionsanalysen zeigten, dass das Interesse für die Schönen Künste signifikant mit positiven persönlichen Eigenschaften wie Empathie (p <0,001), Ambiguitätstoleranz (p <0,001), Weisheit (p <0,001), emotionaler Beurteilung (p = 0,01), Wirksamkeit (p = 0,02) und räumliche Fähigkeiten (p = 0,02) korrelierte, während umgekehrt ein Desinteresse signifikant mit einigen Burn-out-Eigenschaften verbunden war (p = 0,01).

Die Studie bestätigt den Autoren zufolge somit den Zusammenhang zwischen dem Interesse für Kunst und Musik und ihrer ärztlichen sozialen Kompetenz. Dabei ist es egal, ob sich die Ärzte aktiv oder passiv mit Kunst beschäftigen, also, ob sie ein Instrument spielen oder einfach Musik hören, ein Bild malen oder in eine Ausstellung gehen - der Effekt ist immer gleich.

Diese Ergebnisse könnten nach Ansicht der Wissenschaftler auch Auswirkungen auf die Rekrutierung von Medizinstudenten und die Gestaltung des Curriculums haben.

"Kunst und Medizin driften seit 100 Jahren immer weiter auseinander. Unsere Erkenntnisse sprechen dafür, die linke und die rechte Hirnhälfte vermehrt zusammenzuführen - zum Wohl der Patienten und der Ärzte", brachte Erstautor Salvatore Mangione von der Jefferson University die Erkenntnisse auf den Punkt .

"Künstlerische Disziplinen haben in der medizinischen Ausbildung einen geringen Stellenwert, aber unsere Arbeit zeigt, dass sie stark zur Persönlichkeitsbildung der künftigen Ärzte beitragen", wird Autor Marc Kahn zitiert. Es handle sich um die die erste Studie, die diesen Zusammenhang belegt.

Salvatore Mangione, Chayan Chakraborti, Giuseppe Staltari, Rebecca Harrison, Allan Tunkel, Kevin Liou, Elizabeth Cerceo, Megan Voeller, Wendy Bedwell, Keaton Fletcher, Marc Kahn: Medical Students' Exposure to the Humanities Correlate with Positive Personal Qualities and Reduced Burnout: A Multi-Institutional US Survey - in: Journal of General Internal Medicine, 30. Januar 2018

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