Der Fall: Die seborrhoische Keratose

Frank Halling
Zahnmedizin
Eine 49-jährige Patientin in gutem Allgemein- und Ernährungszustand suchte aufgrund einer störenden Hautveränderung auf der rechten Stirnseite unsere Praxis auf. Auf Nachfrage berichtete sie, dass sie vor einigen Jahren eine Warze in diesem Bereich bemerkt hatte, die aber keinerlei Beschwerden verursachte.

Erst in den vergangenen Monaten sei sie deutlich größer geworden und habe gelegentlich einen Juckreiz verursacht. Schmerzen oder Blutungen haben sie nie verspürt. Aufgrund der Größe der Veränderung sei die Patientin aber immer öfter von Bekannten angesprochen worden, so dass sie jetzt eine Entfernung wünschte. Eine gerinnungshemmende oder immunsuppressive Medikation lag nicht vor.

Klinisch imponierte auf der rechten Stirnseite unterhalb des Haaransatzes eine 2 x 2 cm große, fast kreisrunde, scharf begrenzte Hautveränderung (Abb. 1 ). Breit auf der Unterfläche aufsitzend zeigte sie eine weiche Konsistenz mit einer zerklüfteten, warzigen, erhabenen Oberfläche und bräunlicher, teilweise schwarzer Farbe. Durch die Hautveränderung wuchsen die ortsständigen Haare hindurch (Abb. 2 ).

Vor der definitiven Entfernung des Befundes wurde eine histologische Abklärung durch eine Probeexzision vorgenommen (Praxis für Pathologie Dres. Alt, Katzer und Sturm, Fulda). Bei der Exzision fiel bereits der „krümelige“ Charakter des Gewebes auf.

Diagnose

Histologisch zeigten sich Anteile einer intraepidermalen Neubildung im Sinne einer seborrhoischen Keratose. Das verbreiterte Plattenepithel wies eine Hyperkeratose und Einsenkungen der oberflächlichen Hornschicht auf.  In den Einsenkungen war eine beginnende Ausbildung von Hornpseudozysten zu erkennen. Darunter befand sich ein lymphozytäres Infiltrat als Zeichen einer Irritation (Abb. 3). Es ergab sich kein Anhalt für Malignität.

Therapie

Die Patientin entschied sich für eine Abtragung des Befundes mit dem supergepulsten CO2-Laser in Lokalanästhesie (Articain 4 Prozent mit Adrenalin 1.200.000). Die Laserabtragung erfolgte ohne größere Blutungen bis in die obersten Schichten der Dermis (Abb. 4). Zur anfänglichen postoperativen Wundpflege wurde der Patienten eine Pflegesalbe mit Dexpanthenol rezeptiert. Innerhalb von einer Woche kam es zu einer allmählichen Austrocknung der Wunde mit Krustenbildung. Nach der endgültigen Ablösung der Kruste regenerierte sich die Epidermis sehr rasch, so dass zwei Monate nach dem Eingriff nur noch eine minimale Hyperpigmentierung im Operationsbereich feststellbar war (Abb. 5).

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Diskussion

Die seborrhoische Keratose oder Warze ist eine der häufigsten gutartigen Tumoren bei Erwachsenen [Duque et al., 2003; Izikson et al., 2002; Roh et al., 2016]. Sie stellt einen benignen epidermalen Tumor aus basaloiden Keratozyten dar [Rudolph P, 2009] und wird morphologisch in mindestens fünf verschiedene Typen, die auch häufig kombiniert auftreten, eingeteilt [Rudolph P, 2009]. Während der akanthotische, kompakte Typ die häufigsten histologische Variante darstellt [Roh et al., 2016], lag bei unserer Patientin die hyperkeratotisch-verruköse Variante vor.

Die seborrhoische Warze tritt bei Männern und Frauen etwa gleich häufig auf und zeigt eine zunehmende Prävalenz mit einem höheren Lebensalter [Hafner C, Vogt T, 2008]. Klinisch finden sich zumeist einzelne oder multiple erhabene, grau-bräunliche oder schwarze Läsionen mit schuppiger, schmieriger Oberfläche. Der Durchmesser kann wenige Millimeter bis mehrere Zentimeter betragen [Rudolph, 2009]. Die Tumor tritt fast immer im höheren Lebensalter auf, bei Individuen unter 30 ist er eher selten anzutreffen [Duque et al. 2003].

Differenzialdiagnose

Seborrhoische Keratosen können sowohl benigne Läsionen wie Fibrome, prämaligne Veränderungen wie aktinische Keratosen oder auch maligne Tumoren wie das maligne Melanom oder das Basalzellkarzinom imitieren [Duque et al., 2003; Izikson et al., 2002; Hafner C, Vogt T, 2008; Rudolph P, 2009]. Von besonderer Bedeutung ist die Tatsache, dass sich hinter diesem gutartigen Tumor in einer Häufigkeit von etwa 0,7% ein malignes Melanom verbergen kann [Izikson et al., 2002].

Damit ergibt sich die Forderung einer histologischen Diagnosesicherung, obwohl der Tumor fast immer gutartig ist [Izikson et al., 2002]. Diese Forderung gilt vor allem in sonnenexponierten Bereichen wie im Gesicht, da dort besonders häufig eine Fehleinschätzung zwischen klinischem Eindruck und histopathologischer Diagnose auftritt [Roh et al., 2016]. Ein eruptives Auftreten bei älteren Patienten innerhalb eines kurzen Zeitraumes (Leser – Trélat – Zeichen) ist als paraneoplastisches Syndrom bei Malignomen innerer Organe zu werten und bedarf einer intensiven Tumorsuche [Inamadar AC, Palit A, 2003].

Die Exzision der seborrhoischen Keratose ist aufgrund des benignen Charakters nicht obligat, jedoch kann eine ständige mechanische Irritation zu einer Entzündung, zu Blutungen oder Juckreiz führen [Hafner C, Vogt, T, 2008]. Die ästhetische Beeinträchtigung ist jedoch der häufigste Grund für ein chirurgisches Vorgehen. Besonders im Gesicht muss sich die Therapie an ästhetisch – kosmetischen Gesichtspunkten orientieren. Nach der Diagnosesicherung ist deshalb eine weite lokale Exzision mit komplexen Lappenbildungen als obsolet zu betrachten [Duque et al., 2003]. Neben der „klassischen“ Exzision hat sich die Laserablation mit dem Erbium YAG- oder dem CO2-Laser als schonendes Therapieverfahren etabliert [Fitzpatrick RE, Goldman MP, Ruiz-Esparza J, 1994].

Aufgrund seiner Häufigkeit gehört dieser Hauttumor zu den Veränderungen, die jeder Zahnarzt kennen sollte [Lim GF, Cusack CA, Kist JM, 2014; Sibai L, Kudsi Z, 2015]. Da die seborrhoische Keratose im Gesicht sehr entstellend wirken kann, sollte der Zahnarzt dem Patienten auch Hinweise zu geeigneten Therapiemöglichkeiten geben können.

Fazit für die Praxis

Die seborrhoische Keratose ist eine der häufigsten epidermalen Tumore der Haut.

Der Tumor ist fast immer gutartig, eine Entfernung deshalb nicht obligat.

Im Gesicht wird die Exzision des Tumors von den Patienten meist aus ästhetischen Gründen gewünscht. Nach der histologischen Diagnosesicherung sollte die Entfernung unter kosmetischen Aspekten, zum Beispiel mit einem Laser, durchgeführt werden.

Der Zahnarzt sollte die Gesichtshaut stets in seine klinische Untersuchung einbeziehen. Verdächtige oder kosmetisch störende faziale Hautläsionen sollten einem plastisch-chirurgischen Facharzt zugewiesen werden.

Dr. med. Dr. med. dent. Frank HallingArzt für Mund-, Kiefer- und GesichtschirurgiePlastische OperationenGesundheitszentrum FuldaGerloser Weg 23a, 36039 FuldaDr.Halling@t-online.de

Literaturverzeichnis

  • Duque MI, Jordan JR, Fleischer AB Jr, Williford PM, Feldman SR, Teuschler H, Chen GJ: Frequency of seborrheic keratosis biopsies in the United States: a benchmark of skin lesion care quality and cost effectiveness. Dermatol Surg 29 (2003) 796-801

  • Fitzpatrick RE, Goldman MP, Ruiz-Esparza J: Clinical advantage of the CO2 laser superpulsed mode. Treatment of verruca vulgaris, seborrheic keratoses, lentigines, and actinic cheilitis. J Dermatol Surg Oncol 20 (1994) 449-456

  • Hafner C, Vogt T:  Seborrheic keratosis. JDDG 6 (2008) 664 – 677

  • Inamadar AC, Palit A: Eruptive seborrhoeic keratosis in human immunodeficiency virus infection: a coincidence or ‘the sign of Leser-Trelat’? Br J Dermatol 149 (2003) 435 - 436

  • Izikson L, Sober AJ, Mihm MC Jr, Zembowicz A: Prevalence of melanoma clinically resembling seborrheic keratosis: analysis of 9204 cases. Arch Dermatol 138 (2002) 1562-1566

  • Lim GF, Cusack CA, Kist JM: Perioral lesions and dermatoses. Dent Clin North Am 58 (2014) 401 – 435

  • Sibai L, Kudsi Z: Facial skin lesions dentists should know. Dent Update 42 (2015) 520 - 522

  • Roh NK, Hahn HJ, Lee YW, Choe YB, Ahn KJ: Clinical and histopathological investigation of seborrheic keratosis. Ann Dermatol 28 (2016)152-158

  • Rudolph P: Tumoren der Epidermis. In: Pathologie – Kopf-Hals-Region, Weichgewebstumoren, Haut (Hrsg. Cardesa A, Mentzel Th, Rudolph P, Slootweg, PJ). 3. Aufl., Springer Berlin – Heidelberg, 2009, 803 - 828

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