Kieferersatz aus dem 3-D-Drucker

sp/pm
Zahnmedizin
Ein 69-jähriger Patient mit multiplen Vorerkrankungen und unter Gerinnungstherapie entwickelte einen Mundhöhlentumor. Sein Fall wurde auf dem MKG-Kongress in Hamburg vorgestellt.

Regelmäßiger Konsum von Nikotin und  Alkohol führt oft  zu Mundhöhlenkrebs. Die Patienten sind oft älter und allgemein schwer krank. Doch dank zeitgemäßer Methoden kann hier oft rasch und erfolgreich geholfen werden. Die wesentlichen Voraussetzungen sind mikrochirurgischer Gewebetransfer und 3-D-Planung, wie der Fall eines 69-jährigen Mannes zeigt:

Der Patient hatte zwei Herzinfarkte erlitten, einen Gefäßersatz der großen Körperschlagader sowie Stents in der Leisten- und Oberschenkelvene hinter sich und nahm regelmäßig zwei Gerinnungshemmer, als die Hamburger MKG-Chirurgen bei ihm einen großen Mundhöhlentumor mit bereits teilweise zerstörtem Unterkieferknochen diagnostizierten.

Der inzwischen rehabilitierte Patient berichtete auf der Jahres-Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG) anlässlich des 66. Kongresses in Hamburg von seiner Geschichte.

Der Patient stellte sich erstmals im Frühjahr 2014 in der ambulanten Sprechstunde des Hamburger MKG-Chirurgenteams um Prof. Dr. Dr. Max Heiland vor. Es bestand der Verdacht auf eine bösartige Tumorbildung im Bereich des rechten Unterkieferkamms. Zuvor hatte der Patient seit circa zwei bis drei Monaten eine Raum fordernde Veränderung im Mundbereich bemerkt und ging damit zunächst zu seiner Hausärztin. Diese veranlasste eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Kopfes und Halses und überwies den Mann zur weiteren Behandlung in die Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.

In der Allgemeinanamnese des Patienten sind rheumatische Beschwerden sowie zahlreiche kardio-vaskuläre Vorerkrankungen bekannt. Dazu zählen zwei Herzinfarkte, ein Gefäßersatz der großen Körperschlagader vor einam Jahr und Stents in den Venen der Leiste und der Oberschenkel. Deshalb nahm er regelmäßig zwei Medikamente zur Gerinnungshemmung. Darüber hinaus bestand täglicher Nikotin- und Alkoholkonsum.

Zur Diagnosesicherung erfolgte zunächst eine Gewebeprobe. Unter mikroskopischer Sicht bestätigte sich der Verdacht auf eine bösartige Krebserkrankung der Mundhöhlenschleimhaut. Weitere Untersuchungen zeigten keine Absiedlungen des Tumors, sodass in der interdisziplinären Klinikkonferenz im Beisein von MKG-Chirurgen, HNO-Ärzten, Strahlentherapeuten, Onkologen und Pathologen der operative Eingriff zur Tumor-Entfernung empfohlen wurde.

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Tumor den Unterkieferknochen bereits in 3,5 cm Länge teilweise zerstört.

###more### ###title### Hightech-OP-Planung in 3D ###title### ###more###

Hightech-OP-Planung in 3D

Am Computer wurde aus den 3-D-Daten von CT und MRT zunächst die Grenze der geplanten Entfernung festgelegt. Anhand dieses Datensatzes konnte des weiteren per 3-D-Drucker eine Schablone für die Entnahme und Formung des Wadenbeintransplantates hergestellt werden. Circa eine Woche nach dieser Planung erfolgte die Operation.

Die vorgefertigten Schablonen ermöglichen die passgenaue Knochenentnahme und weitere exakte Formung. So konnte in einer OP der neue Unterkieferersatz entnommen, geformt und sofort nach der Tumorentfernung eingebracht, fixiert und die Gefäße mikrochirurgisch angeschlossen werden.

Nach routinemäßiger intensivmedizinischer Überwachung wurde der Patient auf die mund-, kiefer-, gesichtschirurgische Normalstation verlegt. Die Wundheilung schritt gut voran und er konnte sich aufgrund der guten Schluckfunktion rasch wieder über die Mundhöhle ernähren. Nach knapp zweieinhalbwöchigem Krankenhausaufenthalt wurde er nach Hause entlassen.

Weitere Rehabilitation

Im Rahmen der interdisziplinären Klinikkonferenz wurden die während der Operation entnommenen und weiter unter dem Mikroskop untersuchten Gewebe besprochen und entschieden, dass der Patient aufgrund der Tumorgröße und Absiedlungen in den Halslymphknoten eine Bestrahlung benötigte. Darüber hinaus sollten in regelmäßigen Abständen ambulante Verlaufskontrollen erfolgen.

Nach einem Jahr Tumorfreiheit konnte dann die zahnmedizinische Rehabilitation beginnen: Hierzu wurden jeweils vier Implantate gesetzt, im Oberkiefer erfolgte ein zusätzlicher Kieferknochenaufbau. Nach der problemlos verlaufenden Einheilphase konnten der aus dem Labor angefertigte Steg und die endgültige prothetische Versorgung des Ober- und Unterkiefers eingesetzt werden.

Diese ermöglicht dem Patienten neben einem ästhetisch ansprechenden Äußeren ebenfalls eine gute Aussprache und Kaufunktion. Verlängert durch die Strahlentherapie konnte auch dieser Patient eineinhalb Jahre nach dem ersten Eingriff vollständig – ohne funktionelle oder ästhetische Einbußen –  rehabilitiert werden. Die weiteren klinischen Verlaufskontrollen im Rahmen der Tumornachsorge verliefen unauffällig.

Melden Sie sich hier zum zm Online-Newsletter an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Online-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm starter-Newsletter und zm Heft-Newsletter.