Jahrestagung der DG PARO

Parodontologie im zahnärztlichen Behandlungskonzept

sf/pm
Zahnmedizin
Ende September trafen sich Parodontologen zu ihrer Jahrestagung in Dresden. Wichtig zu wissen: Im kommenden Jahr wird es neue Paro-Klassifikationen geben.

Zu den neuen Paro-Klassifikationen sagte uns Univ.-Prof. Dr. Henrik Dommisch, Leiter der Abteilung für Parodontologie und Synoptische Zahnmedizin an der Charité Berlin, dass die detaillierten Inhalte erst auf dem EuroPerio-Kongress 2018 (20.-23. Juni) in Amsterdam veröffentlicht werden. Eine Vorschau gebe es aber schon auf der DG PARO Frühjahrstagung (2.-3. Februar, Langenbeck-Virchow-Haus, Berlin) - mit dem Fokus, ob sich etwas konkret für die Praxiskonzepte ändert.

In Dresden referierten unter anderem Prof. Barbara Noack (Dresden), PD Dr. Amelie Bäumer-König (Bielefeld) sowie Dr. Margret Bäumer (Köln) über Differenzialdiagnostik und Therapie der aggressiven und schweren chronischen Parodontitiden.

Die Expertinnen betonten, dass bei diesen schweren Erkrankungsformen die frühzeitige Diagnostik und konsequent durchgeführte Therapie einschließlich Erhaltungstherapie und Verhaltensbeeinflussung durchaus zu einem sicheren und voraussagbaren Therapieerfolg mit langfristigem Zahnerhalt führen.

Grundlagenforscher der Mikrobiologie, Pathobiochemie und Immunologie präsentierten pathobiologische Erkenntnisse der Parodontitisgenese.

Qualitative und quantitative Veränderungen der oralen Mikrobiota stehen bekanntermaßen im Mittelpunkt der Ätiologie der Parodontitis, wie Prof. Arne Rodloff (Leipzig) ausführte. Prof. Jürgen Gräsler (Dresden) zeigte anschaulich, wie aus der primären Schutzfunktion der Entzündungsreaktion gegen den bakteriellen Angriff eine pathologische Wirkung resultiert. Danach stellte Prof. George Hajishengallis (Philadelphia, USA) das moderne Parodontitispathogenesekonzept der polymikrobiellen Synergie und Dysbiose (PSD) einschließlich der Rolle von sogenannten Schlüsselbeinen vor.

Ist Scaling überhaupt noch State of the Art?

„Parodontitis-Papst“ Prof. Maurizio Tonetti (Hong Kong) setzte sich mit der Rolle des Scalings auseinander. „Ist Scaling überhaupt noch „State of the Art?“, fragte er. Seine Antwort: Scaling bleibt der Goldstandard der Parodontitisbehandlung. Zusätzliche Maßnahmen bedingen seiner Erfahrung nach oft einen Mehraufwand an Kosten für den Patienten. Ein Mehraufwand sollte jedoch unbedingt im klinischen Outcome sichtbar sein, was viele Therapien nicht erreichen.

Prof. Benjamin Ehmke (Münster) berichtete darüber hinaus vom Zusatzeffekt der systemischen Antibiose auf das Ergebnis des Scalings, was generell auch in den von ihm vorgestellten Studienergebnissen sehr effizient war. Es gibt demnach nur wenige Indikationen für die systemische Antibiose. Initial tiefe Taschen und Patienten unter 55 Jahren profitieren wohl am ehesten.

Prof. Ti-Sun Kim (Heidelberg) widmete sich dann der lokalen Applikation von Antibiotika, die im Rahmen der unterstützenden Therapiephase in Kombination mit mechanischer Instrumentierung Verwendung findet. Sie wies darauf hin, dass Metaanalysen nur einen sehr begrenzten, klinisch kaum relevanten zusätzlichen Behandlungserfolg gezeigt haben.

Auch Prof. Sigrun Eick (Bern) konnte nur über sehr eingeschränkte Effekte durch den Einsatz von Laser, photodynamischer Therapie oder Hyaluronsaure berichten. Prof. Giovanni Salvi (Bern) betonte, dass trotz potenzieller Unterschiede in Ätiologie oder Verlauf zwischen Parodontitis und Periimplantitis auch bei der Mukositis/Periimplantitis die Plaquekontrolle im Vordergrund von Prophylaxe und Therapie steht.

Was sind die Grundlagen der Entzündungsmodulation?

Prof. Søren Jepsen (Bonn) thematisierte den Einfluss des Alterns auf die Leistungsfahigkeit des Immunsystems, was die Parodontitisanfälligkeit erhöht. Der Internist und Labormediziner Prof. Triantafyllos Chavakis (Dresden) zeigte potenzielle zukünftige Optionen der Entzündungsmodulation anhand äußerst interessanter Ergebnisse zur Rolle eines regulatorischen Faktors der Leukozytenrekrutierung. Laut Socransky-Preisträger PD Dr. Moritz Kebschull (Bonn) muss man sich darauf einzustellen, dass zukünftig die Klassifikation parodontaler Erkrankungen eventuell aufgrund neuer Erkenntnisse zu molekularen Unterscheidungsmustern verschiedener Parodontitisformen überdacht werden muss.

Beiträge zu Langzeitergebnisse und Analysen lieferte DG PARO-Präsident, Prof. Christof Dörfer (Kiel) zur Gingivitis und periimplantaren Mukositis. Auch im Kontext aktueller gesundheitspolitischer Debatten stellte er die Gingivitis als potenzielle Vorstufe der Parodontitis heraus und fasste die wissenschaftliche Evidenz hinsichtlich der Bedeutung professioneller sowie häuslicher Plaquekontrolle zusammen.

Sein Kieler Kollege, PD Dr. Christian Graetz (Kiel) stellte zusätzlich Trends in der zahnärztlichen Behandlungsphilosophie vor. Anhand der Erkenntnisse aus 30 Jahren konservativer Parodontitistherapie in Kiel wurde anschaulich verdeutlicht, wie durch eine strukturierte und fortlaufende Therapie auch bei initial unsicherer Prognose langfristiger Zahnerhalt möglich ist.

Prof. Holger Jentsch (Leipzig) erläuterte verschiedene Aspekte der Parodontitistherapie. Dabei stellte er die Bedeutung der systemischen Therapiephase sowie der individuellen mikrobiologischen Diagnostik vor adjuvanter Antibiotikagabe heraus.

Im sich anschließenden Vortrag zeigte Prof. Bernd Klaiber (Würzburg) anhand klinischer Bilder Möglichkeiten der minimal-invasiven ästhetischen Rehabilitation im parodontal erkrankten Gebiss unter Anwendung der direkten Adhäsivtechnik.

Zur Fragestellung der prothetischen Rehabilitation des Parodontitispatienten referierte DGZMK-Präsident, Prof. Michael Walter (Dresden) unter besonderer Berücksichtigung der verkürzten Zahnreihe, der im Kontext des demografischen Wandels eine steigende Bedeutung als realistisches Therapieziel zukommt.

Prof. Hannes Wachtel (München) betonte im Zusammenhang der Implantat-getragenen prothetischen Versorgung beim Parodontitispatienten die Wichtigkeit von suffizienter parodontaler Vorbehandlung und Nachsorgetherapie sowie das Risikomanagement zur Sicherstellung des langfristigen implantologischen Therapieerfolgs.

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