Preisgekrönte Prophylaxe mit behinderten Patienten

zm
Zahnmedizin
Wie man die Mundgesundheit von geistig- und mehrfach behinderten Menschen verbessern kann, zeigt dieses Prophylaxe-Projekt in Berlin. Die Gesundheitswissenschaftlerin Ines Olmos (MPH), Mitarbeiterin von Special Olympics Deutschland, erhielt für ihre Public Health Masterarbeit den Wrigley Prophylaxe Preis 2016 im Bereich Öffentliches Gesundheitswesen.

In Ihrer Arbeit wertete sie die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit des Berliner Mundgesundheitsprogramms für Erwachsene mit Behinderungen in Wohneinrichtungen aus und wies nach, dass mit den Angeboten nachhaltige Verhaltensänderungen für eine bessere Mundgesundheit der Bewohner erreicht werden konnten. Hier stellt sie ihre Masterarbeit kurz vor:

Menschen mit geistiger und/oder Mehrfachbehinderung gehören aufgrund verminderter motorischer beziehungsweise intellektueller Fähigkeiten zur Durchführung einer adäquaten Mundhygiene sowie häufig eingeschränkter Behandlungskooperativität zur Hochrisikogruppe für Karies und Parodontalerkrankungen [Schulte, Freyer, Bissar 2012; Kaschke 2008].

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Mehr Artikel zum Thema finden Sie auf unserer Themenseite Alters- und Behindertenzahnheilkunde

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Zur Verbesserung ihrer Zahn- und Mundgesundheit sind lebenslang zahnmedizinische Prophylaxemaßnahmen erforderlich. Diese sollten neben der Individualprophylaxe auch gruppenprophylaktische Angebote als Basis beinhalten. Prävention und Gesundheitsförderung spielt für Menschen mit Behinderung eine maßgebliche Rolle.

Das Projekt: Betreuer sollen lernen, die Mundhygiene der Bewohner zu fördern

Das Projekt „Mundgesundheitsförderung für erwachsene Bewohner von Behinderteneinrichtungen in Berlin“ bietet aus diesem Grund ein Mundgesundheitsprogramm in Wohneinrichtungen für Erwachsene mit Behinderung in Berlin an. Seit 2005 wird das Projekt durch das gemeinnützige Berliner Hilfswerk Zahnmedizin e.V. mit Unterstützung der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales sowie organisatorischer Leitung des Philipp-Pfaff Instituts durchgeführt (2007 bis 2014).

Ziel der Maßnahme ist, die Betreuer zu unterstützen, zu motivieren und unter theoretischer und praktischer Anleitung zur Mundhygiene ihrer Bewohner fortzubilden. Fortgebildete zahnmedizinische Teams führen vor Ort in den Wohneinrichtungen gemeinsam mit Betreuern und Bewohnern praktische Zahnputzübungen, Mundhygieneinstruktionen, Unterweisungen zur Prothesenpflege und Ernährungsberatungen durch. 

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Ergebnisse: Bewohner putzen länger und besser

Eine erste Evaluation zur Wirksamkeit des Programms erfolgte in den Jahren 2008/09 mit ursprünglich 193 Probanden. Diese Ergebnisse haben gezeigt, dass durch die gezielte Förderung und konsequente Fortsetzung der Gruppenprophylaxe im Erwachsenenalter positive Veränderungen im Mundhygieneverhalten erreicht werden können. Um den nachhaltigen Erfolg des Projekts und dessen langfristige Wirkung zu überprüfen, erfolgte fünf Jahre später in den Jahren 2013/14 eine Nachbefragung.

Von den Teilnehmern der Erstuntersuchung nahmen insgesamt 89 Bewohner (46 Prozent der damaligen Probanden-Gruppe) aus 20 Wohngruppen (64 Prozent) an der Nachuntersuchung teil. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmer betrug 47 Jahre (SD=11.76; Range 28 bis 74). Die Ergebnisse wurden mit dem Statistik-Programm SPSS 22.0 ausgewertet.

Signifikante Verbesserungen zeigten sich für die durchschnittliche Dauer der Zahnpflege (p< 0.05) und die Häufigkeit der zusätzlichen wöchentlichen Anwendung von Fluoriden (p< 0.05). Die Untersuchungen belegen nachhaltig positive Verhaltensänderungen der Mundhygienemaßnahmen bei Erwachsenen mit Behinderung in Berliner Wohneinrichtungen.

Mit diesem risikogruppenorientierten Ansatz können der orale Gesundheitszustand und damit auch die Lebensqualität von Menschen mit Behinderung verbessert werden. Mit dem Projekt kann die Zielgruppe frühzeitig und flächendeckend mit präventiven Maßnahmen erreicht werden.

Die mundgesundheitsfördernden Interventionen finden direkt in den Behinderteneinrichtungen statt, um die alltägliche Lebenswelt mit einzubeziehen und einen niedrigschwelligen Zugang zu Beratung und Unterstützung zur Mundhygiene zu gewährleisten.

Dabei werden auch alternative Handlungsmöglichkeiten für problematische Situationen in der täglichen Mundpflege aufgeführt. Mit diesem Ansatz können Bewohner, Betreuer sowie Angehörige ihre Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen rund um die Mundgesundheit stärken.

Die Studienergebnisse verdeutlichen darüber hinaus den Stellenwert der Zahn- und Mundgesundheitsförderung bei Erwachsenen mit Behinderung in der Gesundheitspolitik und weisen auf ein wichtiges Public Health Tätigkeitsfeld hin. 

Ines Olmos MPHSpecial Olympics Deutschland e.V.Invalidenstr. 124, 10115 BerlinInes.olmos@specialolympics.de

Das Projekt erhieltauf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung in Leipzig den Wrigley-Prophylaxe-Preis im Bereich Öffentliches Gesundheitswesen. Das Preisgeld beträgt 3.000 Euro.

Literatur

  • Kaschke, I. Mundgesundheitsförderung für erwachsene Bewohner von Behinderteneinrichtungen- Evaluation des Berliner Modellprojektes. Masterarbeit. Berlin. Freie Universität. 2008.

  • Schulte, A.G., Freyer, K., Bissar A. Caries experience and treatment need in adults with intellectual disabilities in two German regions. Community Dent Health 2012; 30 (1).39-44.

 

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