"Qualität ist unser Thema"

sg
Zahnmedizin
Die Koalition will eine "Qualitätsoffensive" im Gesundheitswesen starten. Ist das notwendig? Wir fragten Dr. Holger Weißig, Chef der KZV Sachsen und Mitglied der AG Qualität in der KZBV, wo die Zahnmedizin beim Thema Qualität steht.

Herr Dr. Weißig, Hand aufs Herz: Wie ist es um die Mundgesundheit hierzulande bestellt?

Dr. Holger Weißig:Wir haben in Deutschland nachweislich eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Niedergelassene Vertragszahnärzte leisten mit ihrer wohnortnahen und qualitativ hochwertigen Versorgung dazu ihren Beitrag.

Und wie steht es um die Qualität zahnmedizinischer Leistungen?

Die Förderung und Sicherung von Qualität ist ureigene Aufgabe des Berufsstandes und Grundvoraussetzung für eine leistungsfähige Zahnmedizin. Deshalb hat etwa die KZBV im Unterausschuss Qualitätssicherung ganz bewusst und aktiv einen Vorschlag für einen zahnärztlichen Qualitätsindikator eingebracht.

Wie sieht dieser Vorschlag aus?

Beim Qualitätssicherungsverfahren zur "Systemischen Antibiotikatherapie im Rahmen der parodontalen und konservierend-chirurgischen Behandlung", wurden Hinweise aufgegriffen, dass es hier gegebenenfalls Verbesserungspotenziale gibt. Ziel ist, die indikationsgerechte Antibiotikaverordnung qualitativ zu fördern. In Zeiten zunehmender Resistenzen halten wir dies für einen wertvollen Beitrag zur Sicherung von Therapieoptionen unserer Patienten.

Allerdings ist der Weg bis zu einer an der Basis wirksam werdenden Qualitätssicherungsrichtlinie noch lang und wird erst in einigen Jahren nach Abschluss der Beratungen im G-BA beschritten sein. Zielorientierte sektorenspezifische und zweiseitig getragene Entscheidungen könnten hier viel schneller substanzielle Ergebnisse bringen als die jetzigen ausschließlich sektorenübergreifenden Findungsprozesse.

Zahnmedizin und sektorenübergreifende Qualitätssicherung - geht das zusammen?

Nein, deshalb setzen sich die zahnärztlichen Körperschaften angesichts der besonderen zahnmedizinischen Belange im G-BA ja auch dafür ein, dass die Zahnmedizin mehr als eigenständiger Versorgungssektor wahrgenommen wird. Der Koalitionsvertrag sieht jedoch vor allem den Ausbau der sektorenübergreifenden Qualitätssicherung und die Gründung des neuen fachlich unabhängigen Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz vor.

Was für eine Rolle wird das Institut für Sicherung der Qualität spielen?

Die BZÄK und KZBV bewerten die Gründung dieses Instituts und seine geplanten Aufgaben grundsätzlich als sachgerecht. Eine neue überbordende „Qualitätsbürokratie“ lehnt die Zahnärzteschaft aber klar ab! Bereits bei den bestehenden Bestimmungen zur Qualitätssicherung sind die spezifischen Bedingungen der vertragszahnärztlichen Versorgung zu wenig berücksichtigt.

Der Hang zu nivellierenden einheitlichen Qualitätsregelungen für die stationäre, die ambulant ärztliche und zahnärztliche Versorgung ist offenkundig. Doch ebenso offenkundig ist die zahnärztliche Eigenständigkeit. In der zahnärztlichen Versorgung kommt zum Beispiel der Mitarbeit und Mitverantwortung des Patienten eine besondere, eine eigene Stellung zu.

Worin bestehen denn die Spezifika der Zahnmedizin hinsichtlich der Ergebnisqualität?

Die Zahnheilkunde ist in der Regel planbar und kennt meist vielfältige Therapiealternativen. In der Zahnheilkunde sind vor allem Struktur- und Prozessqualität überprüfbar. Ergebnisqualität hingegen ist in der Regel nur schwer oder langfristig messbar.

Auch die heute zum Teil wie eine Monstranz vorausgetragene Evidenz hat bei Zahnärzten eine ganz eigene Dimension. Hier gilt nicht die isolierte Anwendung des Prinzips der „besten verfügbaren Evidenz“ - hier gelten individuelle klinische Expertise und externe Evidenz aus systematischer Forschung. 

Trotz der Spezifika hat der Umgang mit Qualitätsmanagement, Qualitätssicherung und Leitlinien in der zahnärztlichen Praxis schon lange seinen festen Platz, dieses dokumentiert auch die neu überarbeitete Agenda Qualitätsförderung von KZBV und BZÄK. Insbesondere die präventive Ausrichtung der Behandlung ist bei der Qualitätsförderung der Kernbeitrag zahnmedizinischen Handelns.

Welche Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem zahnärztlichen Gutachterwesen zu?

Mit dem etablierten Gutachterwesen gibt es in der Zahnmedizin bereits eine einzigartige Form der zielgerichteten und einzelfallbezogenen Qualitätssicherung, die schon im Vorfeld einer Therapie greift. Dieses Instrument hat sich seit vielen Jahren bewährt. Das Gutachterwesen dient der Überprüfung der Behandlungsqualität und deren Förderung in der zahnmedizinischen Versorgung.

Die Fragen stellte Stefan Grande.

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