US-Studie

Reduzierte Kaufunktion ist Risikofaktor für Demenz

Kerstin Albrecht
ZahnmedizinAlterszahnheilkunde
Studien deuteten bereits auf einen Zusammenhang zwischen Zahnverlust und kognitiver Beeinträchtigung bei älteren Erwachsenen hin. Der Grund ist in der Rückkopplung von Gehirn und Kaumuskeln zu suchen.

Wissenschaftler vermuten bereits seit einiger Zeit, dass eine verminderte Kaukraft bei zahnlosen älteren Menschen zu einer Abnahme der Stimulation des Hippocampus führen könnte und so die Kognition beeinträchtigt.

Studien darüber befassten sich in der Vergangenheit nur mit kleineren Kohorten (zum Beispiel Patienten in Wohngruppen) oder mit Probanden aus regional begrenzten Gebieten. Eine Arbeitsgruppe aus Boston, USA, nutzte für ihre retrospektive Kohortenstudie nun medizinische und zahnmedizinische Daten einer Krankenversicherung aus den gesamten USA [Choi S.E. et al., 2022].

Hippocampus

In die Studie wurden Daten von 156.450 Erwachsenen ab 65 Jahren einbezogen, die drei Gruppen zugeordnet wurden:

Totalprothesenträger in beiden Kiefern

Totalprothesenträger in nur einem Kiefer (Teilprothese oder natürliche Zähne im Gegenkiefer)

natürliche Zähne in beiden Kiefern (kein Zahnersatz)

Bei den Totalprothesenträgern in beiden Kiefern lag die Prävalenz klinischer kognitiver Beeinträchtigungen bei 10,45 Prozent, bei den Probanden mit einer Totalprothese in nur einem Kiefer bei 10,31 Prozent. Probanden ohne Zahnersatz wiesen nur zu 5,81 Prozent kognitive Beeinträchtigungen auf.

Zahnverlust war signifikant mit kognitiver Beeinträchtigung assoziiert

Nach Bereinigung der Zahlen um individuelle Risikofaktoren war der Prothesenstatus signifikant mit klinischer kognitiver Beeinträchtigung assoziiert (Odds Ratio von 1,13 / 95 % KI: 1,02–1,25 und 1,26 / 95 % KI: 1,09–1,45 für Vollprothesen in einem beziehungsweise beiden Kiefern). Bei Einbeziehung erster Anzeichen und Symptome einer kognitiven Beeinträchtigung lag die Prävalenz sogar bei 16 Prozent der Probanden mit einer Totalprothese in einem Kiefer, gegenüber 9,21 Prozent in der Gruppe ohne Zahnersatz.

Es besteht eine Rückkopplung zwischen Gehirn und Kaufunktion

Die Kaufunktion wird vom Hirnstamm aus über den Nervus Trigeminus innerviert. Umgekehrt erhält das Gehirn über Propriozeptoren der Zähne sensorische Reize über den Trigeminusnerv. Das verminderte Kauen mit natürlichen Zähnen führe zu einer reduzierten Stimulation des Hippocampus und damit zu Gedächtnisproblemen, vermuten die US-Forscher.

Choi, S.E., Mo, E., Palmer, N. et al. Cognitive impairment and edentulism among older adults: an observational study using claims data. BMC Geriatr 22, 278 (2022).https://doi.org/10.1186/s12877-022-02985-w

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