Vom Patenschaftszahnarzt zum Kooperationspartner

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Zahnmedizin
In Sachsen-Anhalt gibt es inzwischen gut 150 Kooperationsverträge zwischen Zahnärzten und den 460 Pflegeheimen. Dr. Nicole Primas von der Landeszahnärztekammer erklärt, wie diese Zusammenarbeit funktioniert.

Wie ist der Zahnstatus der Pflegeheimbewohner? Mit welchen Erkrankungen muss der Zahnarzt rechnen?

Dr. Nicole Primas:Eine Untersuchung in einem Altenpflegeheim in Magdeburg in Vorbereitung des Modellprojektes "Altern mit Biss" 2004 ergab, dass 48,6 Prozent der untersuchten Senioren eine mangelhafte Mundhygiene aufwiesen, circa 50 Prozent trugen insuffizienten Zahnersatz.

Wenn man die Vierte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS IV) zu dieser Untersuchung betrachtet, in der aufgezeigt wird, dass 80 Prozent der untersuchten Parodontopathien aufweisen und 45 Prozent Wurzelkaries haben, wird klar, dass gerade dieses Klientel auf zahnmedizinische Versorgung angewiesen ist. Die ist jedoch aufgrund von Multimorbidität und Demenz oft nur noch im Altenpflegeheim möglich. Ein Aufsuchen von Zahnarztpraxen ist für die Heimbewohner oft nicht mehr tragbar.

"Natürlich ist das Behandeln in den Pflegeheimen schwierig"

Natürlich ist das Behandeln in den Pflegeheimen schwierig. Die Heimleitung, das Pflegepersonal müssen geschult sein in Sachen Zahn- und Mundgesundheit, um Erkrankungen des Mundraums zu erkennen. Deshalb sollte ein ortsnaher Patenschaftszahnarzt ein Heim betreuen, um Vertrauen aufzubauen und zeitnah behandeln zu können.

Er sollte sich mit Multimorbidität auskennen - Medikation, Allgemeinerkrankungen sollten mit dem Hausarzt besprochen sein; und auch die Angehörigen müssen wissen, wie wichtig die Mundgesundheit ist für die Allgemeingesundheit und die Lebensqualität. Diese Erkenntnisse hat das Projekt "Altern mit Biss" gebracht, das seit 2007 in Sachsen-Anhalt propagiert und immer wieder in Vorträgen erläutert wird.

Welche Vorsorgeuntersuchungen erhalten die Patienten?

Die Patienten erhalten die gesetzlich vorgeschriebenen Vorsorgeuntersuchungen - zweimal im Jahr - mit den dafür festgeschriebenen Leistungen. Allerdings wären aufgrund des schlechten Zustands der Zahn- und Mundgesundheit der Bewohner umfangreichere und häufigere prophylaktische Maßnahmen notwendig, die jedoch nicht von den Krankenkassen getragen werden. Umso wichtiger ist, dass das Pflegepersonal gut geschult ist und die Zahnreinigung und Prothesenpflege übernehmen kann sowie den Patenschaftszahnarzt bei Auffälligkeiten verständigt.

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Das Pflegepersonal muss gut geschult sein

Seit April 2014 sind die Altenpflegeheime gesetzlich verpflichtet, Kooperationsverträge über die Behandlung ihrer Bewohner auch mit Zahnärzten abzuschließen. Diese Kooperationsverträge regeln die regelmäßige, präventive zahnmedizinische Betreuung von immobilen Senioren in Altenpflegeheimen und die individuelle Schulung des Pflegepersonals.

Wie kommt ein Kooperationsvertrag zwischen Pflegeheim und Zahnarzt zustande?

Viele zahnärztliche Kollegen aus Sachsen-Anhalt kennen die zahnmedizinische Betreuung in Altenpflegeheimen noch aus DDR-Zeiten. Hier war eine regelmäßige Betreuung gewährleistet und diese Zusammenarbeit wurde nach der Wende fortgeführt. Dazu konnten junge Kollegen vom Projekt "Altern mit Biss" überzeugt werden und so gab es in Sachsen-Anhalt schon viele Patenschaftszahnärzte für Pflegeheime, oft verbunden mit viel Engagement und Ehrenamt.

"Viele Kollegen kennen die Betreuung in Altenpflegeheimen noch aus der DDR"

Auch viele Träger von Heimen beziehungsweise Heimleiter konnten von dem Konzept - regelmäßig präventive Betreuung der Bewohner, Schulung des Pflegepersonals und Einbeziehung der Angehörigen - überzeugt werden und gingen Patenschaften mit Zahnärzten ein. Eine Rahmenvereinbarung, die während des Projekts „Altern mit Biss“ erarbeitet wurde, regelte Rechte und Pflichten beider Seiten.

Diese Vereinbarungen wurden nun ab dem 1. April 2014 in Kooperationsverträge, die bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung eingereicht werden müssen, umgewandelt - aus Patenschaftszahnärzten wurden Kooperationspartner mit zusätzlichen Abrechnungsmöglichkeiten.

Dr. Nicole Primas ist Vorstandsreferentin für Prävention der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt.Die Fragen stellte Claudia Kluckhuhn.

Derzeit gibt es in Sachsen-Anhalt gut 150 Kooperationsverträge zwischen Zahnärzten und den 460 Pflegeeinrichtungen. Seit April 2014 ist diese Zusammenarbeit möglich, zuvor wurde die Zahnmediziner nur gerufen, wenn beispielsweise jemand Zahnschmerzen hatte. Nun ist neben zahnärztlichen Behandlungen in den Heimen auch Vorsorge möglich. Bundesweit gibt es laut KZBV etwa 2.000 Verträge.

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