Spülen Pulpaexposition einer Kavität mit Pulpa-Dentin-Wunde

Weniger postoperative Schmerzen mit NaOCl 2,5 %

Kerstin Albrecht
Zahnmedizin
Womit sollten Zahnärzte eine Kavität mit Pulpa-Dentin-Wunde spülen? Was hält postoperative Schmerzen in Grenzen? Die Zwischenergebnisse einer klinischen Studie sprechen ganz eindeutig für NaOCl 2,5 %.

Eine internationale Arbeitsgruppe von Wissenschaftlern aus Indien, Irland und der Schweiz untersuchte in einer randomisierten klinischen Studie, welche Wundreinigung bei einer Pulpakammereröffnung nach Exkavation einer tiefen Karies zu weniger postoperativen Beschwerden führt: das Auswaschen der Kavität mit Pulpaexposition mit steriler, physiologischer Kochsalzlösung (0,9 Prozent NaCl) oder mit 2,5 prozentiger NaOCl-Lösung (unter Kofferdam).

Zähne mit Caries profunda und reversibler Pulpitis

Die 96 erwachsenen Patienten, die die Forscher für die Studie rekrutierten, hatten alle eine tiefe, kariöse Läsion, die röntgenologisch bis an die Pulpa heranreichte, so dass eine Pulpaeröffnung im Zuge der vollständigen Kariesexkavation unumgänglich war. Die Zähne waren apikal und parodontal unauffällig und wiesen maximal Symptome einer reversiblen Pulpitis auf.

Nach Kariesexkavation und Pulpaeröffnung pressten die Behandler ein mit steriler NaCl-Lösung getränktes Wattepellet circa eine Minute lang auf die Pulpa-Dentin-Wunde, um die Blutung zu stoppen. Für das Auswaschen der Kavität kam entweder Kochsalzlösung (n=48) oder NaOCl (n=48) zum Einsatz. Die Forscher drückten die entsprechende Lösung mit einem Wattepellet vorsichtig gegen die Pulpa-Dentin-Wunde und wuschen die Kavität sanft damit aus.

Nach erneuter Spülung der Kavitäten mit steriler Kochsalzlösung und vorsichtigem Trocknen deckten die Forscher die Pulpaexposition mit Kalziumsilikat-Zement (Medcem MTA, Weinfelden, Schweiz) im Sinne einer direkten Überkappung ab. Das Überkappungsmaterial überzogen sie mit lichthärtendem Glasionomer-Zement (Ionolux, VOCO GmbH, Cuxhaven) und versorgten die Kavitäten anschließend mit Komposit.

Die Studie war eigentlich auf die Untersuchung des Vitalerhalts der Pulpa ein Jahr nach Wundspülung mit den oben genannten zwei verschiedenen Lösungen angelegt. Doch überraschenderweise hatten sich eindeutige Ergebnisse das sekundäre Outcome der Studie betreffend gezeigt, nämlich Schmerzen an Tag drei und nach sieben Tagen nach der Prozedur und innerhalb der ersten drei Monate. Daher haben die Studienautoren die Zwischenergebnisse bereits jetzt publiziert.

Weniger Schmerzen nach Wunddesinfektion mit NaOCl

In der NaOCl-Gruppe waren die Schmerzen laut der NRS-11-Skala (numeric rating scale) an Tag drei und sieben signifikant geringer verglichen mit der Gruppe mit den Kochsalz-Wundspülungen. Zwölf Patienten aus der „Kochsalz-Gruppe“ stellten sich innerhalb der ersten drei Monate mit Schmerzen im Notdienst vor. Es musste eine Wurzelkanalbehandlung eingeleitet werden. Aus der NaOCl-Gruppe war es lediglich ein Patient. Dieser Unterschied war ebenfalls statistisch signifikant.

Die Studienautoren diskutierten, ob das NaOCl möglicherweise zytotoxisch auf die Nervenendigungen der Pulpa gewirkt und so Schmerzen unterdrückt haben könnte. Jedoch waren zytotoxische Reaktionen von vitalem Pulpagewebe auf NaOCl in anderen Studien nur in Verbindung mit höherer Konzentration (6 Prozent; [Martin et al., 2014]) und längerer Expositionszeit (mehrere Stunden) verbunden gewesen.

Sicherlich sollte eine Pulpaexposition bei symptomfreien Zähnen mit tiefer Karies vermieden werden, stellt sie doch bei dem Versuch, Karies komplett zu exkavieren, eher das Ergebnis einer Überbehandlung dar [Schwendicke et al., 2016]. Doch es gab und gibt natürlich Fälle, bei denen eine Pulpaexposition aufgrund einer tiefen Karies im Grunde unvermeidlich ist.

Obwohl NaOCl-Lösungen schon ätzende Wirkungen auf vitale Gewebe gezeigt hatten [Hülsmann und Hahn, 2000], rief diese spezifische Anwendung keine unmittelbaren postoperativen Beschwerden hervor.

Fazit

Die Infektionskontrolle nach einer Pulpaexposition an symptomfreien Zähnen scheint ein entscheidender Faktor für den Erfolg einer direkten Überkappung zu sein. Die Verwendung einer NaOCl-Lösung (2,5 Prozent) bei der Behandlung vitalen Pulpagewebes ist auf Grundlage dieser Ergebnisse sehr zu empfehlen. Nicht zuletzt ist das Auswaschen einer Pulpa-Dentin-Wunde mit 2,5-prozentiger NaOCl-Lösung ein einfacher und kostengünstiger Behandlungsschritt.

Ballal, N.V.; Duncan, H.F.; Rai, N.; Jalan, P.; Zehnder, M. Sodium Hypochlorite Reduces Postoperative Discomfort and Painful Early Failure after Carious Exposure and Direct Pulp Capping—Initial Findings of a Randomized Controlled Trial. J. Clin. Med. 2020, 9, 2408. DOI: 10,3390 / jcm9082408

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Hülsmann, M.; Hahn, W. Complications during root canal irrigation—Literature review and case reports. Int. Endod. J. 2000, 33, 186–193.

Marending, M.; Attin, T.; Zehnder, M. Treatment options for permanent teeth with deep caries. Swiss Dent. J. 2016, 126, 1007–1027. 

Martin, D.E.; De Almeida, J.F.; Henry, M.A.; Khaing, Z.Z.; Schmidt, C.E.; Teixeira, F.B.; Diogenes, A. Concentration-dependent effect of sodium hypochlorite on stem cells of apical papilla survival and differentiation. J. Endod. 2014, 40, 51–55.

Schwendicke, F.; Frencken, J.E.; Bjørndal, L.; Maltz, M.; Manton, D.J.; Ricketts, D.; Van Landuyt, K.; Banerjee, A.; Campus, G.; Doméjean, S.; et al. Managing Carious Lesions: Consensus Recommendations on Carious Tissue Removal. Adv. Dent. Res. 2016, 28, 58–67.

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