Studie aus den USA

Zusammenhang zwischen Parodontitis und Arthritis entschlüsselt

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Zahnmedizin
Wieso hat man nach einer Parodontitis eine erhöhte Anfälligkeit für andere entzündliche Erkrankungen? Verantwortlich ist ein „maladaptiv trainiertes Immungedächtnis“.

In einer neuen Veröffentlichung legen Forschende aus den USA einen Mechanismus dar, bei dem das angeborene Immungedächtnis nach einer Parodontitis eine erhöhte Anfälligkeit für andere entzündliche Erkrankungen wie zum Beispiel Arthritis aufweist. Maßgeblich an diesem Prozess beteiligt sind Veränderungen an Vorläufern von Immunzellen im Knochenmark, die sogenannte „maladaptive Myelopoese“ [Li et al., 2022]. Im Mausmodell konnte das Team überdies zeigen, dass Empfänger einer Knochenmarkstransplantation zu einer schwereren Arthritis neigen, wenn ihr Spender eine Parodontitis hatte.

Das Immunsystem spielt eine entscheidende Rolle

Zur Erklärung des Zusammenhangs zwischen Parodontitis und anderen Erkrankungen wurden bereits verschiedene Mechanismen vorgeschlagen, doch habe bisher kein Ansatz die Frage der Bidirektionalität beantworten können, schreiben die Forschenden. Sie versuchten deshalb herausfinden, ob das angeborene Immunsystem dafür verantwortlich ist.

Es zeigte sich, dass myeloische Zellen nach behandelten Parodontalerkrankungen epigenetische Veränderungen in molekularen Markern aufweisen, die die Art und Weise verändern, in der die Gene exprimiert werden. Die Forscher stellten fest, dass das Gesamtmuster der epigenetischen Veränderungen mit bekannten Signaturen der Entzündungsreaktion zusammenhängt. So reagierte das Immunsystem von Mäusen in den Tests mit induzierten Parodontalerkrankungen später heftiger auf andere Reize.

Aufschluss gibt ein Test mit Knochenmarksspende

Um das Gesamtbild hinsichtlich der Verbindung zwischen entzündlichen Zuständen zu vervollständigen, wurden Knochenmarktransplantationen unter den Mäusen durchgeführt. Als Spender dienten sowohl Mäuse, die an Parodontitis erkrankt waren, als auch gesunde Mäuse als Kontrollgruppe. Einige Monate später wurden diese Mäuse den Kollagen-Antikörpern ausgesetzt, die Arthritis auslösen.

Die Mäuse, die das Transplantat von Mäusen mit Parodontitis erhielten, entwickelten eine schwerere Arthritis als die Mäuse, die eine Stammzellenspende von parodontal gesunden Mäusen erhielten. Die Forschenden führten dies auf die epigenetischen Veränderungen der Parodontitis-geschulten Stammzellen zurück. Somit scheint die maladaptive trainierte Immunität durch eine Knochenmarktransplantation von einem Organismus auf einen anderen übertragbar zu sein.

Das Immungedächtnis wird durch Krankheiten geprägt

Weitere Experimente deuten darauf hin, dass der Signalweg, der von einem Rezeptor für das Molekül IL-1 gesteuert wird, eine entscheidende Rolle bei der Entstehung dieses Entzündungsgedächtnisses spielt. Mäuse, denen die IL-1-Rezeptor-Signalübertragung fehlte, waren nicht in der Lage, das Immungedächtnis zu erzeugen, das die Empfängermäuse anfälliger für Komorbiditäten machte. Die Arbeit unterstreicht somit auch, dass die Blockierung der IL-1-Rezeptor-Signalübertragung ein wirksamer Ansatz sein könnte, um die Folgewirkungen einer trainierten Immunität abzumildern.

Obwohl im vorliegenden Modell Parodontitis und Arthritis exemplarisch verwendet werden, könnten die Ergebnisse über diese Beispiele hinausgehen, erklären die AutorInnen. Sie beschreiben den Mechanismus als zentrales zu vereinheitlichendes Prinzip, das in dem Zusammenhang einer Vielzahl von Komorbiditäten zugrunde liegen könnte. 

Aus ihrer Sicht könnte dieser Mechanismus auch dazu führen, die Auswahl von Knochenmarkspendern zu überdenken: Denn Spender mit Immungedächtnissen, die durch entzündliche Erkrankungen geprägt werden, könnten die Empfänger von Knochenmarktransplantaten einem höheren Risiko für entzündliche Erkrankungen aussetzen.

Xiaofei, L. et al: „Maladaptive innate immune training of myelopoiesis links inflammatory comorbidities“ pubished in Cell on April 27, 2022. DOI: https://doi.org/10.1016/j.cell.2022.03.043

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