Ende 2014 war es wieder soweit: Wie seit vielen Jahren machten sich Gießener Zahnärzte im Rahmen der vom Verein Lotus organisierten Hilfsmission auf den Weg auf die Philippinen. Die von Dr. Karl Ampt, Dr. Gerd Cyrus und Jonas Diefenbach behandelten Patienten können sich dort normalerweise keine Behandlung leisten und sind so oftmals gezwungen, schmerzhafte Zustände über lange Zeit zu ertragen.
Sonne, Palmen, Strand - und große Armut
Wunderschöne Strände, Palmen, 30 Grad - ein beliebtes Urlaubsziel. Doch leider auch überall kaum zu übersehende, große Armut. So ist es auch in der Provinz Zambales auf der Hauptinsel Luzon. Dort, in der Nähe der 230.000 Einwohner großen Stadt Olongapo, wo ein Großteil der Lotus-Projekte angesiedelt ist, fand die Dentalmission auch dieses Mal wieder statt.
Karies ist Schicksal
Aufgrund der technischen Voraussetzungen vor Ort war auch diesmal wieder nur eine chirurgische Versorgung der Patienten möglich. Meistens wurden schmerzende und zerstörte Zähne oder Reste von dem, was früher mal Zähne gewesen waren, entfernt.
Die erste Station war die James L. Gordon Grundschule in Olongapo, wo größtenteils Kinder behandelt wurden. Neben den oft schlechten Zähnen kam hier noch eine große Unkenntnis über die Entstehung von Karies und Zahnschmerzen hinzu. So waren teilweise sogar Lehrer der Meinung, dass es eben „an den schlechten Genen“ liege und dass Karies somit Schicksal sei. Also versuchte man sich hier neben der Behandlung auch in Aufklärung über Zahnpflege und die Entstehung von Karies und damit auch Zahnschmerz, was oft schwierig war. Zusätzlich war die Schule von Süßigkeiten und Eis verkaufenden Kiosken geradezu umzingelt.
Behandlung hinter Gittern
Der nächste Einsatzort befand sich beim „Cabalan Landfill“, der Mülldeponie der Region. Die hier lebenden Menschen zählen zu den Ärmsten der Armen, sie leben von dem, was sie im Abfall finden und verkaufen. Nach der Behandlungszeit wurden hier noch von Lotus gespendete Essensrationen und Kleider an die Menschen verteilt.
Abwechslungsreich war dann vor allem der nächste Tag, diesmal ging es ins Gefängnis. Im „Olongapo District Jail“ im Stadteil Barrio Barretto wurden männliche und weibliche Häftlinge behandelt, die dort getrennt untergebracht sind. Erschreckend und gleichzeitig interessant war, wie die Insassen die Zustände vor Ort hinnehmen - die rund 60 m² großen Zellen waren mit 60 bis 90 Personen belegt.
Kontakt mit Ureinwohnern
Die letzten beiden Behandlungstermine fanden im ländlichen Umland statt, wo das Hilfsteam auch in Kontakt mit der Urbevölkerung der Philippinen, den Aetas, kam. Besonders abgelegen war die Station am letzten Tag, wo in einem Zelt behandelt wurde. Einzelne Patienten hatten einen bis zu sieben Stunden dauernden Fußmarsch aus den Bergen hinter sich, um sich behandeln zu lassen. An diesem Tag war durch Lotus auch eine allgemeinmedizinische Behandlungsstelle in Kooperation mit philippinischen Ärzten eingerichtet. Auch wurden Nahrungsmittel und Kleidung an die Bevölkerung verteilt.
Milchkühe für eine gesündere Ernährung
Neben den Behandlungen hatten das Team auch noch die Möglichkeit, das Milchbauernprojekt von Lotus zu besichtigen. Hier werden aktuell zehn Milchkühe und fünf Kälber betreut, die bei weiterer erfolgreicher Vermehrung an die lokalen Bauern weitergegeben werden sollen.
Hintergrund ist der auf den Philippinen vorherrschende Mangel an Milchprodukten - rund 95 Prozent müssen importiert werden. Milchprodukte wie Joghurt sind daher für die dortigen Verhältnisse meist sehr teuer. Dies schlägt sich auch in der Ernährung nieder, die meistens sehr fettig und zuckerreich ist.
Besonders beeindruckt haben uns die Menschen, die wir während des Einsatzes getroffen haben. Die philippinischen Helfer und auch die Patienten waren auf eine herzerweichende Art freundlich, hilfsbereit und fröhlich - was besonders in Anbetracht der Lebensumstände dieser Menschen imponiert. Auch aus zahnärztlicher Sicht muss man den Patienten - oft Kinder -, denen teilweise bis zu 15 Zähne gezogen wurden, eine besondere Tapferkeit zusprechen. Insgesamt ließen sich nur eine Handvoll Kinder nicht behandeln, der absolute Großteil hat bei den Behandlungen vorbildlich mitgemacht.
Alles in allem ein sehr erfolgreicher, wahnsinnig interessanter Einsatz, der den Horizont aller Teammitglieder erweitert und viel Freude bereitet hat . Es wird mit Sicherheit nicht das letzte Mal gewesen sein.
Jonas Diefenbach
Lotus Hilfsprogramme e.V.
jdiefenbach@gmail.com
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