zm-online: Herr Bauer, Was hat Sie veranlasst, Spenden von Heraeus Kulzer nach Haiti zu bringen?
Tobias Bauer: Es gibt seit 2010 eine Zusammenarbeit mit der Faculté d'Odontologie de l'Université d'Etat d'Haiti in Port au Prince, Haiti und wir, das heißt die Dental International Aid Networking Organisation, stehen in stetigem Kontakt mit dem Dekan, Dr. Samy Prophete, der uns regelmäßig über den Bedarf an seiner Klinik informiert.
Die Materialien kommen überwiegend in den studentischen Kursen zum Einsatz. Konkret handelt es sich um Füllungsmaterialien, dazu kommen weitere Materialspenden aus der südbadischen Kollegenschaft, die uns ebenfalls seit 2010 sehr großzügig unterstützt. Es sind vor allem chirurgische Instrumente, aber auch Anästhesie und Verbrauchsmaterialien.
Wie sollte man sich auf einen Hilfseinsatz auf Haiti vorbereiten?
Es ist nicht empfehlenswert, auf eigene Faust nach Haiti zu reisen. Es gibt nach wie vor Sicherheitswarnungen für Reisende, nachzulesen beim Auswärtigen Amt. Ob sie berechtigt sind oder nicht, können wir letztlich nicht ermessen. Im Grunde gelten aber die gleichen Empfehlungen wie für andere Hilfsprojekte auch. Es empfiehlt sich eine gute Vorbereitung. Sprachkenntnisse sind unbedingt empfohlen, aber auch die Prüfung und gegebenenfalls Auffrischung der Grundimmunisierungen nach der Aufstellung des RKI.
Aus meiner Sicht ist es zudem empfehlenswert, sich an einem Projekt zu beteiligen. Einfach mal hinzufahren, um für eine bestimmte Zeit zu behandeln und dann wieder mit vielen bunten Bildern zurückzukommen, ist ein Tropfen auf den heißen Stein und trifft nicht unbedingt die vor Ort vorhandenen Bedürfnisse. Da gerät man auch leicht mit den Autoritäten in einem Land in Konflikt.
Viele der bestehenden Projekte basieren auf den Grundsätzen der Nachhaltigkeit, Vertrauen und Verantwortung, die nicht hoch genug geschätzt werden können und dazu dienen, einen Beitrag zu leisten, um den Menschen vor Ort bei den Perspektiven für ihre eigene Zukunft zu unterstützen.
Seitdem die großen Medien abgezogen sind, hört man nicht mehr viel aus Haiti. Wie stellt sich die Situation für Sie dar?
Die Situation ist komplex. Da ich mittlerweile gut ein Dutzend Mal in Haiti war und der nächste Besuch schon wieder gebucht ist, kenne ich die Situation vor Ort. Haiti als das ärmste Land in der westlichen Hemisphäre steht noch ein langer Weg bevor, um diese Lage zu überwinden. Es hat sich viel getan und aus meiner Sicht besteht Hoffnung, aber darüber wird kaum berichtet. Was aber an Informationen in Deutschland verbreitet wird, entspricht oftmals nicht den Tatsachen.
Als ich im Januar in Haiti war, gab es im deutschen öffentlich-rechtlichen Fernsehen einen Bericht über Aufstände in Port au Prince. Mein Weg führte über die gleichen Plätze, auf denen es angeblich zu gewalttätigen Aktionen gekommen war - es war nichts zu sehen. Die Menschen sind überaus freundlich und sehr dankbar. Über die Jahre hinweg sind viele Kontakte entstanden.
Neben der Zahnklinik stehen wir mit der Jesuitenorganisation Foi y Joie in Kontakt, die mehrere Schulzentren baut, in denen ein Ambulatorium vorgesehen ist. Mit der Caritas arbeiten wir in Leogane zusammen, dort wird gerade in einer mit deutschen Spendengeldern gebaute Klinik eine Zahnstation eingerichtet - die einzige in einer Stadt mit knapp 200.000 Einwohnern.
Hatten Sie auch Gelegenheit, einen Einblick in die Mundgesundheitsversorgung zu bekommen?
Ja, bereits 2011 hatte ich ein Gespräch in der obersten Gesundheitsbehörde. Hier ging es auch darum, ein Präventionskonzept zu entwickeln. 2012 kam die PaHo dazu, die Pan-American Health Organisation, die regionale Unterorganisation der WHO, bei der diese Aufgabenstellung nochmals präzisiert wurde.
Hier bekommen wir nun Unterstützung von ADI, der Academy of Dentistry International, eine weltweite Organisation, die sich für die soziale Verantwortung der Zahnärzte einsetzt. Die Situation vor Ort ist sehr schwierig. Da das Grundeinkommen sehr niedrig liegt, können sich die meisten keinen Zahnarztbesuch leisten und sind auf andere Heiler, sogenannte Médecine du feu angewiesen.
Wenn sich deutsche Zahnmediziner oder Zahnmedizinstudenten auf Haiti engagieren möchten: An wen können sie sich wenden?
Es gibt regelmäßig Volunteercamps im Nachbarland Dominikanische Republik, wie jetzt wieder im April, die an die Arbeit auf der Insel heranführen, für Haiti gelten nach wie vor extreme Reisewarnungen vom Auswärtigen Amt, was aus meiner Sicht nicht berechtigt ist, dem aber genüge getan werden muss.
Keine Kommentare