Normalerweise haben die Patienten von Stephan Jagella weniger Haare. Und auch das Gebiss sieht etwas anders aus. Aber einmal musste der Zahnarzt auch einen Hund behandeln.
Das war allerdings nicht im Bundeswehrkrankenhaus in Berlin, wo Jagella normalerweise arbeitet. Sondern im Militärlazarett in Mazar-e Sharif, Afghanistan. Und der Hund war auch kein gewöhnlicher Hund, sondern ein speziell ausgebildeter Diensthund der deutschen Bundeswehr.
Stephan Jagella ist nämlich auch kein ganz gewöhnlicher Zahnarzt. Er ist Oberfeldarzt der Bundeswehr und deshalb muss der ausgebildete Oralchirurg hin und wieder seine komfortablen Praxisräume in der Scharnhorststraße 13 in Berlin Mitte eintauschen gegen die engen Container eines Militärlazaretts.
Bei bis zu 50 Grad im Schatten und einem herannahenden Wüstensturm, der den Horizont in eine gigantische Sandwalze verwandelt, zieht er dann Zähne und richtet Kiefer. Ob Somalia, Kosovo, Kabul oder Mazar-e Sharif, Jagella war schon fast überall, wo auch seine Kameraden ihren Dienst tun müssen.
In Afghanistan zählt jeder Mann und jeder Hund
Dem armen Hund nun musste damals dringend geholfen werden, weil er während seines Fluges nach Afghanistan vergeblich versucht hatte, mit den Zähnen seinen Transportkäfig aufzubeißen. Verrücktes Tier. Aber diese Hunde sind wichtig, in Afghanistan zählt jeder Mann und jeder Hund.
So musste Stephan Jagella eben zur Abwechslung mal einen Hund operieren. Kein Problem, gelernt ist gelernt. "Nach Wurzelfüllungen und operativer Entfernung der abgebrochenen Zähne war der Patient wieder voll einsatzfähig" sagt Jagella, der sich über die Abwechslung gefreut hat.
Überhaupt ist Jagella richtig gerne Oralchirurg und Zahnarzt. "Mein Vater war schon Zahnarzt, irgendwie gab es für mich überhaupt keine Frage, dass das auch für mich der richtige Beruf sein würde", sagt er. Nur ist er einen etwas anderen Weg gegangen als der Vater.
Statt in die eigene Praxis am Stadtrand von München zog es den sportlichen jungen Mann nach dem Studium erst mal in die Bundeswehrkaserne nach Berchtesgaden. Dort tourte er neben der Arbeit mit den Kameraden zu Fuß und auf Skiern durch die Berge. Er war auf dem Großklockner, dem Großvenediger und hat den Mont Blanc überschritten.
Mit den Gebirgsjägern in Somalia
Noch als Zeitsoldat kam die Aufforderung, mit den Gebirgsjägern nach Somalia zu gehen. "Ich habe das als Feuerprobe betrachtet", sagt er. Jagella wollte erst einmal sicher gehen, dass er das auch wirklich wollte - Bundeswehrzahnarzt sein unter Einsatzbedingungen. Nicht Jedermanns Sache. Doch alles ging gut. Nach dem Einsatz verpflichtete er sich als Berufssoldat und absolvierte die Weiterbildung zu Fachzahnarzt für Oralchirurgie an der Universität in München.
Die Möglichkeit, an Auslandseinsätzen teilzunehmen, steht übrigens nicht nur aktiven Soldaten wie Jagella offen, sondern theoretisch auch zivilen Kollegen. Die können sich freiwillig melden, durchlaufen vorher Lehrgänge und sind dann üblicherweise sechs Wochen im Einsatz.
Jagella sagt nicht, dass er sie mag, aber er "akzeptiert die Teilnahme an Auslandseinsätzen als Bestandteil des soldatischen Berufes". Erst letzten November ist er aus Mazar-e Sharif zurückgekehrt, im Juni soll es wieder losgehen. Einmal im Jahr ist er durchschnittlich unterwegs, das will er auch in Zukunft so halten. "Zumindest, solange meine Familie das mitmacht", sagt er. Jagella hat zwei Töchter.
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