Herr Dreusicke, muss man naiv sein, um zu glauben, dass Patienten auf Arztvergleichsportalen echte Bewertungen zu lesen bekommen?
Dreusicke: So würde ich es nicht formulieren, es gibt hier natürlich echte Bewertungen. Die Frage ist nur, wie viele der Bewertungen auf diesen Portalen echt sind - und wie viele nicht. Eins kann man sicherlich sagen: Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass weniger als 100 Prozent echt sind. Das liegt unter Umständen auch an dem Werbeverbot für Ärzte und dem gleichzeitig hohen wirtschaftlichen Druck. Da stellt das Einkaufen positiver Bewertungen eine effektive Möglichkeit dar, auf sich aufmerksam zu machen, der möglicherweise nicht jeder widerstehen kann.
Was sind denn die gängigen Maßnahmen, die Shop- oder Portalbetreiber ergreifen, gekaufte Bewertungen als solche herauszufiltern?
Es gibt verschiedene Verfahren, die eingesetzt werden. Für eine maschinelle Filterung gibt es verschiedene Angriffspunkte: Indem zum Beispiel die sonstige Aktivität der Nutzer betrachtet wird, die Bewertungen abgegeben haben. Außerdem wird überprüft, wie spezifisch die abgegebenen Kommentare sind: Je allgemeingültiger, umso einfacher sind sie maschinell herstellbar.
Die Rechnung ist hier: Mit der Menge an Details steigt die Kommentarqualität - und die Wahrscheinlichkeit, dass der Kommentar echt ist. Wenn jemand für das Schreiben der Kommentare allerdings eine Agentur engagiert, bei der sich Texter hinsetzen und Geschichten entwerfen, sind automatische Filtermechanismen chancenlos. Ob jemand lügt und absichtlich eine fingierte Bewertung schreibt, kann man ja schon als Mensch kaum feststellen. Die Erfahrung zeigt, dass Agenturen, die in diesem Geschäftsfeld operieren, gezielt Details und kleinere Widersprüche einbauen, damit die gefälschten Bewertungen nicht auffallen.
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