Zm Starter nimmt die uneinheitlichen Regelungen zum Anlass, die Frage zu stellen: „Was ist eine Mitarbeiterin wert?“ Dr. Art Timmermeister, niedergelassener Zahnarzt in Bielefeld und Arbeitgeber von neun Angestellten, beantwortet sie aus seiner Sicht.
Der Verband medizinischer Fachberufe e. V. hat im Juni erste Ergebnisse seiner Onlineumfrage zur Bezahlung zahnmedizinischer Fachangestellter veröffentlicht. Demnach wären derzeit mehr als 60 Prozent (ZFA, ZMF, ZMV, ZMP, DH) untertariflich bezahlt. Zum Vergleich: Bei den medizinischen Fachangestellten lag der Anteil der untertariflich Bezahlten bei lediglich 33 Prozent. Woran liegt das Ihrer Meinung nach? Dürfen sich Zahnärzte bei diesen Rahmenbedingungen tatsächlich über einen Fachkräftemangel beschweren?
Diese Zahlen regen zweifellos zum Nachdenken an, unabhängig davon, wie man selbst oder auch der Berufsstand im Allgemeinen zu Tarifverträgen steht. Mir sind Einzelheiten der Studie leider nicht bekannt, daher kann ich nicht darauf eingehen, ob und inwieweit eine Vergleichbarkeit tatsächlich gegeben ist. Auch kenne ich den Ablauf in Praxen anderer Fachrichtungen zu wenig, um eine qualifizierte Einschätzung vornehmen zu können.
Allerdings bin ich der Meinung, dass jeder das Personal bekommt, das er verdient. Die Ansicht einiger Kollegen, dass Mitarbeiter lediglich Geld kosten, kann ich nicht teilen. Ich freue mich über jeden Mitarbeiter, den ich übertariflich bezahlen kann, weil er einen großen Beitrag zum Praxiserfolg leistet. In meinen Augen ist das eigentliche Problem nicht, ob tarifliche Bedingungen erfüllt sind, sondern dass für jeden einzelnen Mitarbeiter Karrieremöglichkeiten in seinem Berufsbild existieren, diese aber nicht immer gefördert werden.
Einmal ganz allgemein gefragt: Woran bemisst sich der Wert eines Mitarbeiters?
Für mich bemisst sich der Wert eines Mitarbeiters an der Zahl erfolgreich behandelter, zufriedener Patienten. Nicht alle Mitarbeiter sind daran unmittelbar beteiligt, tragen aber indirekt durch begleitende Leistungen dazu bei. Die Kernfunktion dieser Mitarbeiter besteht darin, mir Arbeit abzunehmen und es mir zu ermöglichen, einen möglichst effizienten Tagesablauf zu erzielen.
Bemessen kann ich als Zahnarzt diesen Wert, indem ich die Auslastung meiner Praxis betrachte unter dem Aspekt, inwieweit der Mitarbeiter diese erweitert. Zu bedenken ist dabei, dass meine Mitarbeiter nicht dafür verantwortlich sind, wie viel Patientenpotenzial ich habe, an dem ich das umsetzen kann. Wenn jedoch diese externen Faktoren gegeben sind und ich mich auf die internen konzentrieren kann, geht es vor allem darum, wie gut und reibungslos die Prozesse funktionieren – oder, um einen Begriff aus dem stationären Bereich zu verwenden, wie lang die Durchlaufzeiten sind.
Dies sind Faktoren, die von den Mitarbeitern abhängen. Verkürzt sich meine eigene Wartezeit, bin ich produktiver. Andere Mitarbeiter bereiten meine Arbeit vor, Ohne Heil- und Kostenplan beispielsweise könnte ich überhaupt nicht behandeln. Auch diese Vor- und Nacharbeiten gehen direkt in den Umsatz ein. Abgesehen von den Prophylaxefachkräften erwirtschaftet kaum ein Mitarbeiter eigenständiges Honorar, dementsprechend darf man ihm keine absoluten Zahlen zurechnen. Es geht vielmehr abstrahiert darum, wie erfolgreich die Praxis insgesamt ist. Weitere Fragen können sein: Wie viele Mitarbeiter brauche ich, um erfolgreich zu sein? Wie schaffe ich es, mit mehr Mitarbeitern noch erfolgreicher zu werden? Wenn ich das gewährleisten kann, ist jeder Mitarbeiter für mich auch an Ziele geknüpft.
Wie handhaben Sie das sensible Thema „Gehalt“ konkret in Ihrer Praxis? Gibt es z. B. Zuschläge für Qualifikationen, Zielvereinbarungen oder andere Absprachen?
Ich spreche nicht offen mit allen über die Gehälter, das ist die Hoheit, die ich als Arbeitgeber innehabe. Grund dafür ist, dass man einzelne Bewertungsfaktoren nicht durch Zahlen abbilden kann, sondern diese vielmehr einer Beurteilung bedürfen. Das können Vorgesetzte machen, die es bei kleineren Strukturen wie einer Zahnarztpraxis aber meist nicht gibt, also bin ich als Chef dafür verantwortlich.
Entsprechend treffe ich Absprachen mit den einzelnen Mitarbeitern, dabei gibt es einen ungefähren Handlungsrahmen, der für alle gleich ist und sich danach bemisst, welcher Ausbildungsabschluss und welche Zusatzqualifikationen vorliegen. Das sind die externen Faktoren. Die internen sind beispielsweise, welche Fortbildungsmaßnahmen innerhalb der Praxis der Mitarbeiter durchlaufen hat, welche Schulungen, welche Qualitätsmaßnahmen geprüft wurden und in welchen Bereichen in der Praxis ich den Mitarbeiter einsetzen kann. Dafür erhält dieser eine direkt abhängige Leistungszulage. Darüber hinaus gibt es Ziele bzw. Projekte, die nicht zu dem täglichen operativen Geschäft gehören. Diese werden individuell mit dem Mitarbeiter vereinbart und durch Prämien vergütet, die sich nach dem Grundgehalt richten. Damit aber nicht jeder für sein eigenes Ziel rennt, sollte es meines Erachtens auch immer einen Teambonus geben, der auch nur gemeinsam zu erreichen ist. Dieser lässt sich gut am Umsatz, dem prozentualen Materialeinsatz und der Patientenzufriedenheit messen.
Aus diesen Bausteinen setzt sich, auf das Jahr gesehen, das Gehalt jedes einzelnen zusammen und reflektiert dadurch letztlich auch den Wert eines Mitarbeiters.
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