Fehler können sogar dabei helfen, eigene Fähigkeiten zu erweitern und Umsicht zu fördern. Dabei ist es gar nicht notwendig, die Fauxpas anderer zu wiederholen, um für sich selbst einen Erkenntnisgewinn zu erzielen.
Diese Einsicht ist auch die Grundlage für das Berichts- und Lernsystem „CIRS dent – Jeder Zahn zählt!“, das die Kassenzahnärzt‧liche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) im Januar 2016 gestartet haben. CIRS ist die Abkürzung für „Critical Incident Reporting System“ – frei übersetzt: Berichtssystem für kritische Zwischenfälle. Ziel dieses onlinebasierten Systems ist es, durch den kollegialen Austausch unerwünschte Ereignisse in der Zahnarztpraxis möglichst von vornherein zu vermeiden. Fehlervermeidung setzt dabei immer die Bereitschaft und Fähigkeit voraus, über Fehler offen zu sprechen. Berichten ist sinnvoll – vor allem dann, wenn eine konstruktive Reaktion die Folge ist. Nur wer über Fehler redet, kann aus ihnen lernen. Und wer aus ihnen lernt, erhöht die Chance, diese Fehler und daraus entstehende Schäden künftig zu vermeiden.
Analysen in Hausarztpraxen haben gezeigt, dass Prozessfehler – wie etwa die Ausgabe der falschen Patientenakte an den behandelnden Arzt – etwa 80 Prozent, tatsächliche Wissens- oder Fertigkeitsfehler von Behandlern oder Mitarbeitern dagegen nur 20 Prozent aller Fehler ausmachen. Der Großteil entsteht also gar nicht, weil einzelne Personen falsch oder unachtsam gehandelt haben, sondern weil Arbeitsabläufe grundsätzlich nicht optimal gestaltet sind. Auch bei CIRS dent – Jeder Zahn zählt! geht es nicht darum, „den Schuldigen“ zu finden. Vielmehr ist es das Ziel, Abläufe und Prozesse systematisch zu verbessern, unerwünschte Ereignisse gering zu halten und somit insgesamt die Sicherheit für alle Patienten zu erhöhen.
Damit sich nun möglichst viele Zahnärzte über ihre Erfahrungen austauschen können, haben alle Praxen und zahnärztlichen Einrichtungen in Deutschland Anfang dieses Jahres Post mit einem Zugangscode erhalten. Mit diesem einmal auf der Website www.cirsdent-jzz.de registriert, können die Kollegen anonym und ohne Rückschlüsse auf die jeweilige Praxis von unerwünschten Ereignissen im Zusammenhang mit Behandlungen berichten, Erfahrungsberichte anderer kommentieren und sich mit der CIRS dent – Jeder Zahn zählt!-Community direkt und unkompliziert im Netz austauschen. Ein Fachberatungsgremium, das zusätzlich ein hohes Maß an zahnärztlichem Know-how einbringt, stellt nach Eingang eines Berichts die Anonymisierung sicher und ergänzt den geschilderten Fall um Hinweise und Lösungsvorschläge, wie ein solches Ereignis künftig vermieden werden kann. Anschließend wird der Bericht in dem nur für registrierte Nutzer zugänglichen Bereich veröffentlicht. Wichtige Informationen, die sonst nur in einem kleinen Kreis verfügbar sind – etwa in der Praxis, in einem Qualitätszirkel oder persönlich unter Kollegen –, können so ganz einfach einem breiten Fachpublikum zur Verfügung gestellt werden. So effizient lässt sich sonst nur selten aus Fehlern lernen!
Userzahlen belegen den erfolgreichen Start
Die bisherigen Userzahlen zeigen, dass CIRS dent – Jeder Zahn zählt! schon in den ersten Monaten nach dem Start auf große Resonanz bei Zahnärztinnen und Zahnärzten stößt: Im Oktober 2016 gab es mehr als 4.000 registrierte Nutzer, 100 Berichte und 200 Kommentare waren seit dem Start des Systems eingegangen. Diese Zahlen sind besonders deshalb bemerkenswert, weil Experten bei der erfolgreichen Einführung von Fehlermeldesystemen grundsätzlich von einem phasenhaften Verlauf der Berichtszahlen ausgehen: In der ersten Phase steigern sich die Berichtszahlen langsam, immer mehr Nutzer erfahren von der Möglichkeit des CIRS und berichten. In der zweiten Phase wird ein Gipfel erreicht: Es wird alles berichtet, was schon seit Langem aufgefallen ist. In einer dritten Phase sinken die Zahlen dann wieder auf ein bestimmtes Niveau leicht ab. Kritische Ereignisse werden kontinuierlich berichtet, ein Großteil an Vorkommnissen ist jedoch schon bearbeitet und viele der verursachenden Faktoren sind möglicherweise bereits beseitigt.
An den vorliegenden Zahlen des zahnärztlichen CIRS ist also zu erkennen, dass bereits in der ersten Phase eine hohe Akzeptanz und Beteiligung der Zahnärzte vorliegt. Das ist entscheidend, da CIRS dent – Jeder Zahn zählt! auf das aktive Engagement seiner Nutzer setzt. Dies bedeutet jedoch nicht etwa zusätzliche, lästige Bürokratie in der Praxis, sondern die freiwillige Beteiligung der User, die einen persön‧lichen Beitrag zur Patientensicherheit leisten wollen. Daher ist es wichtig, auch weiterhin eine möglichst große Beteiligung bei CIRS dent – Jeder Zahn zählt! zu erreichen. Auf diese Weise führen Fehler zu wertvollen Informationen – für sich selbst, aber auch für andere. (www.cirsdent-jzz.de)
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