zm: Herr Dr. Fedderwitz, zunächst eine persönliche Frage. Crème brûlée oder Carpaccio - sind Sie eher der süße oder eher der herzhafte Typ?
Dr. Jürgen Fedderwitz: Wenn ich die Wahl habe, liebe ich es eher herzhaft, aber ab und zu neige ich auch zum Naschen und dann gern zu Crème brûlée.
Laut der WHO sollte die tägliche Aufnahme freier Zucker zehn Prozent des gesamten Energiebedarfs pro Tag nicht überschreiten. Und eine Zuckerreduktion auf weniger als fünf Prozent der täglichen Gesamtenergiemenge bringe einen gesundheitlichen Benefit mit sich. Wie beurteilen Sie diese Empfehlung?
Die Studie steht ja bekanntlich auf wackeligen Beinen, aber ich halte auch die Empfehlungen für ziemlich unrealistisch, in der Umsetzung realistischer und damit erfolgreicher ist beispielsweise der deutsche Weg. Wir haben weniger Karies bei gleichem Zuckerkonsum. Das bedarf einer langjährigen Motivation und einer entsprechenden Versorgungsphilosophie.
"Lieber eine Tafel Schokolade in einem Rutsch als Riegel für Riegel über den Tag verteilt", sagt der stellvertretende KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz.
Ketchup, Wurst, Cerealien - die meisten Lebensmittel enthalten Zucker. Die Kariesprävalenz hat jedoch trotz hohem Zuckerkonsum abgenommen - wie lässt sich das erklären?
Ja, das ist der deutsche Weg: Bei den Kindern und Jugendlichen haben Gruppen- und Individualprophylaxe den Grundstein gelegt. Der DMFT-Wert weist die deutsche Spitzenstellung aus. Hinzu kommt, dass unsere Patienten den höheren Stellenwert von gesunden, ja auch schönen Zähnen erkannt und verinnerlicht haben.
Zucker ist ein Risikofaktor. In der modernen Zahnmedizin rücken aber auch Schutzfaktoren in den Vordergrund. Welche spielen für die Kariesprävention die entscheidende Rolle?
Neben der Fluoridapplikation in Zahncremes, im Speisesalz, ja auch im Mineralwasser, ist in meinen Augen auch die hohe intensive Betreuung unserer Patienten ein wesentlicher Faktor. Die Empfehlung, zweimal im Jahr zum Zahnarzt, hat dazu geführt, dass wir von allen medizinischen Berufen die höchste Betreuungsquote pro Jahr haben. Auch so vermeintlich auf den ersten Blick nebensächliche Faktoren wie etwa das Bonusheft haben ihren Anteil. Belohnungskonzepte lohnen sich immer.
Stichwort Frequenz: Welche Rolle spielt sie mit Blick auf den Grad der Schädigung durch Zucker?
Die Aufnahmefrequenz von Zucker muss natürlich gering gehalten werden. Deshalb gilt die alte Regel: Lieber die Tafel Schokolade in einem Rutsch und nicht Riegel für Riegel über den Tag verteilt.
Die Fragen stellten Julian Thiel und Sara Friedrich.
Keine Kommentare