Wie sieht das Investitionsverhalten von Zahnärzten bei der Niederlassung aus? Das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) liefert gemeinsam mit der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) dazu seit 1984 jedes Jahr Daten und Analysen. Aus den Zahlen des 36-seitigen InvestMonitor Zahnarztpraxisvon 2015 (Autoren: Dr. David Klingenberger und Bernd Köhler) lässt sich dabei durchaus auch auf die Gegenwart schließen.
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Die Übernahme einer Einzelpraxis ist immer noch die häufigste Form der zahnärztlichen Existenzgründung. 65 Prozent der Zahnärzte entschieden sich 2015 für diesen Weg in die Selbstständigkeit. Das Finanzierungsvolumen einer solchen Übernahme belief sich dabei auf 326.000 Euro. Gegenüber dem Vorjahr stieg der Anteil um weniger als 1 Prozent. Bei Neugründungen sah es ganz anders aus: Dort betrug das Finanzierungsvolumen 484.000 Euro – und lag damit 15 Prozent über dem Vorjahreswert.
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Die Höhe der absoluten Werte könne jedoch schnell falsch interpretiert werden, warnt Klingenberger und erläutert: "Das Finanzierungsvolumen stellt so etwas wie den Maximalfinanzierungsbetrag dar." Denn hier sei neben dem reinen Investitionsvolumen auch der im Idealfall großzügig kalkulierte Betriebsmittelkredit enthalten. Da dieser jedoch lediglich eine Art Kreditlinie der Bank für etwaige Liquiditätsengpässe der Praxis in der Anlaufphase darstellt und in aller Regel nicht ausgeschöpft wird, sei eine Praxis nicht ganz so "teuer", wie die reine Zahl suggeriert.
So machte der Betriebsmittelkredit im Durchschnitt der aus 2015 beobachteten Fälle (n=32) von Einzelpraxisneugründungen gerundet 13 Prozent des Finanzierungsvolumen aus. Die restliche Investitionssumme verteilte sich auf medizinisch-technische Geräte (59,5 Prozent), sonstige Investitionen (13,8 Prozent) und Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen (13,6 Prozent).
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Bevor die Preise einer Einzelpraxisübernahme betrachtet und verglichen werden können, muss zwischen dem ideellen Wert und dem materiellen Wert unterschieden werden. "Der materielle Wert einer Praxis – auch Substanzwert genannt – ergibt sich aus der Addition der Einzelwerte der übernommenen Geräte und Ausstattung", so Klingenberger. "Der vom übernehmenden Zahnarzt an den bisherigen Praxisinhaber zu zahlende ideelle Wert wird auch Goodwill genannt und ist der Betrag, um den der tatsächlich zu zahlende Kaufpreis den Substanzwert übersteigt."
Dabei wird der ideelle Wert einer Zahnarztpraxis im Wesentlichen durch die persönlichen Beziehungen und das langjährige Betreuungsverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient sowie durch die soziale Praxislage und -organisation beeinflusst. Letztlich unterliegt der dafür zu zahlende Preis der freien Aushandlung zwischen den Vertragspartnern. Je mehr ein Käufer für den ideellen Wert zu zahlen bereit ist, umso höher schätzt er die zukünftige Ertragskraft der Praxis ein. "Im tatsächlich gezahlten Goodwill spiegelt sich die subjektive Erwartung des übernehmenden Zahnarztes an die zukünftige Ertragslage der Praxis wider", so Klingenberger. "Die Erwartungsbildung wird durch die Entwicklung der letztjährigen nominalen Einnahmenüberschüsse und die sich für die Zukunft abzeichnenden gesundheitspolitischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beeinflusst."
Beide Beträge zusammen ergeben den sogenannten Übernahmepreis. Dieser lag 2015 im Durchschnitt bei 172.000 Euro, wozu der Goodwill mit 124.000 Euro zu gut zwei Dritteln beitrug. Zusammen mit den durchschnittlichen Investitionen in Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen (18.000Euro), medizinisch-technische Geräte und Einrichtung (60.000 Euro), sonstigen Investitionen (23.000 Euro) sowie den Betriebsmittelkredit (53.000 Euro) waren 326.000 Euro zu zahlen.
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Der Anteil der Berufsausübungsgemeinschaften schwankte im Zeitraum von 2011 bis 2015 zwischen 24 Prozent und 33 Prozent. Im Jahr 2015 betrug der Anteil der Berufsausübungsgemeinschaften 28 Prozent. Damit liegt der Anteil der Berufsausübungsgemeinschaften an den Existenzgründungen weiterhin deutlich über dem der Einzelpraxisneugründungen. Bei den jüngeren Zahnärztinnen und Zahnärzten (bis 30 Jahre) lag der Anteil der Berufsausübungsgemeinschaft mit 39 Prozent deutlich höher.
Die Neugründung einer solchen Berufsausübungsgemeinschaft schlug 2015 mit 330.000 Euro zu Buche, gut 6 Prozent mehr als noch 2014.
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Bei der Übernahme einer BAG fielen im Schnitt Kosten in Höhe von 292.000 Euro an. Durchschnittlich entfielen 63 Prozent des Finanzierungsvolumens auf den Goodwill und 19 Prozent für den Substanzwert. 3 Prozent wurden für Modernisierungs- und Umbaumaßnahmen, 6 Prozent für medizinisch-technische Geräte und Einrichtung, 2 Prozent für sonstige Investitionen sowie 7 Prozent für den Betriebsmittelkredit aufgewendet.
Gegenüber dem Vorjahr sanken die Investitionen in medizinisch-technische Geräte und Einrichtung um 5 Prozentpunkte, während der ideelle Wert um 10 Prozentpunkte stieg. Insgesamt stieg das Finanzierungsvolumen um 10 Prozent.
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Ebenfalls gut zu wissen: Gründer brauchen kein Geld wie Heu. Zur Frage, wie die meisten Existenzgründer ihre Praxis finanzieren, verweist Dr. David Klingenberger vom IDZ auf eine Befragung vom Herbst 2002 im Rahmen des AVE-Z-Projekts. Demnach setzten lediglich 28,3 Prozent der befragten Zahnärzte Eigenmittel ein. Dieses Eigenkapital lag im Schnitt bei 40.000 Euro. Bezogen auf alle erfassten zahnärztlichen Existenzgründungen wurden lediglich knapp über 11.000 Euro je Fall an Eigenmitteln aufgebracht. Im Hinblick auf das Finanzierungsvolumen entspricht das einer durchschnittlichen Eigenkapitalquote von 4,7 Prozent - also vergleichsweise wenig. Zur besseren Anschaulichkeit: Im Mittelstand betrug die Eigenkapitalquote 2013 rund 22,3 Prozent - und selbst bei den kleineren mittelständischen Unternehmen (unter 1 Mio. Euro Umsatz) noch 17,2 Prozent.
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Und wie sieht es mit der Nutzung der verschiedenen Förderoptionen aus? Öffentliche Fördermittel (KfW etc.) nahmen 58,2 Prozent der befragten Zahnärzte in Anspruch. Die durchschnittliche Höhe dieser Mittel betrug dabei 131.000 Euro (IDZ Information 1/2004). Der Großteil der Finanzierung erfolgte somit über die Geschäftsbanken zu marktüblichen Kreditkonditionen und Zinsen. „Gerade angesichts der geringen Eigenkapitalquote könnten mehr Zahnärzte Fördermittel nutzen“, sagt David Klingenberger. „Möglicherweise sind die Förderprogramme auch zu wenig bekannt oder werden als zu bürokratisch empfunden.“
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