Acht Gründungsgeschichten in 80 Minuten – das Gründer Camp startete am Freitag äußerst dynamisch mit der Vorstellung acht verschiedener junger Zahnärzte, die vor Kurzem gegründet haben bzw. gerade mittendrin stecken. So unterschiedlich die Persönlichkeiten der Referenten, so unterschiedlich auch ihre Erfahrungen.
Geld ist gut und Schwangerschaft halb so wild
Dr. Sonja Goupil aus Rust beispielsweise erzählte auf sehr authentische Art, wie sie während 2015 ihrer Schwangerschaft die Ideen für eine eigene Praxis entwickelte. Und ganz ehrlich fügte sie an, dass es bei jeder Gründung schließlich auch auf die finanzielle Verbesserung ankommt: „Geld ist gut!“ Gleichzeitig spricht sie ein anderes Thema an, dass im Rahmen der Feminisierung der Zahnmedizin oftmals diskutiert wird. Familie und eigene Praxis schließen sich für sie nicht aus. „Das geht. Es ist halb so wild“, ruft Goupil den Damen im Raum zu und klingt dabei wahnsinnig gelassen. Später im Workshop geht sie mit den hauptsächlich weiblichen Teilnehmern auf die konkreteren Probleme ein wie Kita-Betreuung von 7 bis 18 Uhr ein. Ihr Rat: selbst einen Kollegen anstellen, um die Praxis auch in Abwesenheit in guten Händen zu wissen – aber ja bloß keinen frisch von der Uni! – und ihm unbedingt Handlungsfreiheit und Mitspracherecht einräumen. Dann fühlt er sich auch wohl.
Viele angestellte Zahnärzte sind unzufrieden
Denn über eines waren sich alle Gründer einig, die vorab im Angestelltenverhältnis gearbeitet haben. Referent Jakob Osada aus Halle (Saale) brachte es mit einer Frage ins Publikum auf den Punkt: „Wer von Ihnen ist angestellt und wer ist zufrieden mit seiner Situation?“ Nur eine einzige Handmeldung zeigte, warum sich in Deutschland laut IDZ-Analyse jährlich rund 1.300 Zahnärzte selbständig machen. Ursachen für die Unzufriedenheit sind nach den Gründern vor allem eine geringe Flexibilität, eine zu knappe Bezahlung und das fehlende Mitspracherecht. Um seine eigenen Visionen zu verwirklichen, ist die Existenzgründung die richtige Wahl. Damit die Herausforderungen, die damit verbunden sind, dem Gründer nicht über den Kopf wachsen, sind jedoch gute Berater und Partner unerlässlich. Ob es die Anwaltskanzlei, der Steuerberater, die kooperierende MKG-Praxis oder das Depot ist – einen Businessplan zu erstellen, ein Bankgespräch zu führen oder das geeignete Praxisobjekt zu finden sind für Zahnärzte nicht ohne Weiteres zu stemmen. Auch das wurde während der Vorträge und Gespräche klar.
Ohne Team bist du nichts
Auch wenn die Praxisgründung dann einmal in trockenen Tüchern ist und die Eröffnung vor der Tür steht, ist der Gründer weiterhin auf die Unterstützung anderer angewiesen: Das Team. Und das ist für den Erfolg noch wichtiger als der Standort oder das Logo auf dem Praxisschild. Besonders Jakob Osada appellierte an den Teamgeist. In seiner Praxis arbeiten außer ihm zwei angestellte Zahnärztinnen und acht zahnmedizinische Fachangestellte. Er rät zu regelmäßigen Team-Maßnahmen und einer angemessenen Bezahlung für die Mitarbeiter. „Gute Leute zu schwer zu finden. Wenn man sie hat, sollte man alles tun, sie zu halten“, meint Osada. Auch Frank Caspers, Kommunikationsexperte und Gründerberater, stellte in seinem Vortrag zur Personalführung die Bedeutung der Mitarbeiter heraus. Er beschrieb nicht nur die verschiedenen Phasen des Team-Buildings, sondern zeigte auch Wege der Kommunikation auf. „Ein Konflikt ist auch immer eine Chance und wird erst dann zu einem Problem, wenn man nicht mehr miteinander spricht“, erklärte er. Die Kommunikation mit dem Patienten hingegen sollte vor allem „emotional attraktiv“ sein. Wenn der Behandler herausfindet, welche Motive den Patienten antreiben – seien es Ansehen, Sicherheit oder Wohlbefinden –, kann er ihn auf dieser Ebene abholen und Leistungen argumentieren.
Netzwerken ist das Wichtigste
In den offiziellen „Netzwerkpausen“ zwischen den Programmpunkten und bei der Party am Abend, war ausreichend Zeit, sich mit den Referenten und Kollegen auszutauschen. Diese Gelegenheit nutzten die Teilnehmer sehr rege, um teils ganz konkrete Fragen zu stellen. Denn von der Erfahrung anderer zu lernen, ist enorm wichtig und schien einer der Haupt-Mehrwerte des Gründer Camps zu sein. Andererseits kann man die eigenen Ziele und Wünsche am Ende doch nur selbst entwickeln, bestätigte auch noch einmal Frank Caspers in seinem Workshop zum Business Start-up: „Beim Businessplan, bei der Finanzierung und all diesem finden Sie Unterstützung, aber was Sie selbst vom Leben erwarten, können nur Sie beantworten.“
Klingt philosophisch – ist aber wahr. Veranstaltungen wie das Gründer Camp können daher immer nur allgemeine Fakten liefern und zusätzlich eine Plattform bieten, um Leute, die vor einem Entwicklungsschritt stehen, zusammen zu bringen mit Leuten, die diese Entwicklung schon durchgemacht haben. In den restlichen Workshops ging es deshalb auch eher um pragmatische Aspekte der Praxisgründung etwa um Planung, Praxishygiene oder Ergonomie sowie um Technologien wie CEREC, Laser und Röntgen und verschiedene Spezialisierungen. In den Vorträgen am Freitag erhielten die Gründungswilligen außerdem noch Tipps zu Businessplan, Marketing und dem zeitlichen Ablauf einer Gründung.
Gründer Camp als überregionales Angebot
Produktmanagerin Theresa Reuter, „Kopf und Seele“ des Gründer Camps und der Marke dent.talents., ist mit der ersten Veranstaltung zufrieden. Schließlich schienen auch die rund 100 Teilnehmer durchweg angetan. Vor allem ziehe man Learnings, an welchen Stellschrauben bei nächsten Mal noch gedreht werden könnte. Denn das wird es auf jeden Fall geben. Das Format ist als überregionale Fortbildung eine Ergänzung zu den regionalen Angeboten, sagte Vice President Marketing Joachim Feldmer. Für Henry Schein sei es wichtig zu zeigen, was man als Full-Service Unternehmen für Gründer leisten kann und gemeinsam mit den Partnern aus der Industrie eine solide Basis für die Gründung zu schaffen.