Wie war es in deinem Fall? Hat es irgendwann "Klick" gemacht und du wusstest, dass du jetzt so weit bist – sowohl persönlich als auch fachlich?
Dr. Elena Heinemann: Ein von langer Hand geplanter oder vorbereiteter Vorgang, nachdem ich mich einmal entschlossen hatte, mich selbstständig zu machen, war meine Niederlassung nicht. Tatsächlich würde ich die Praxisübernahme eher als Selbstläufer bezeichnen, der sich – einmal in Gang gesetzt – Schritt für Schritt weiter ergeben hat.
Ich habe immer schon viel reisen und viel sehen wollen, und zu dieser Lebensweise passt das Konzept einer Niederlassung natürlich nur sehr bedingt. Während meiner Zeit als Vertretungszahnärztin in der Hamburger Praxis wurde mir aber klar: Wenn ich meine eigene Zahnarztpraxis haben möchte, dann wäre es genau diese und keine andere. Als sich mir dann die Chance zur Übernahme bot, habe ich zugegriffen – und den Schritt nicht bereut.
Das mag nach einem sehr spontanen Entschluss klingen, was es aber nicht war. Schon einige Zeit vorher hatte sich mir die Option zur Übernahme einer anderen Praxis geboten. Damals habe ich dieses Angebot – ebenfalls nach reiflicher Überlegung – abgelehnt, und auch dies aus voller Überzeugung. Zu dem Zeitpunkt war ich einfach noch nicht so weit, das habe ich gespürt und danach gehandelt.
Was hat dir vor der Niederlassung die größten Sorgen bereitet?
Natürlich hatte ich trotz der intuitiven Entscheidung, dass diese Praxis die richtige für mich ist, gelegentliche Zweifel, wie wohl jeder Neugründer sie hat. Traue ich es mir zu, eine Praxis zu führen, Arbeitgeber zu sein, die alleinige Verantwortung zu haben? Dies alles dann noch vor dem Hintergrund meiner Vorliebe für das Reisen, die ich auch nach meinen letzten Auslandsaufenthalten und der Rückkehr nach Hamburg nicht verloren habe.
"Das Zeitmanagement war für mich die größte Herausforderung!"
Den Entschluss habe ich schließlich gefasst, weil ich weiß, dass ich mich auf meine Schwester als Vertretung verlassen kann: Sollte ich mich zu einem längeren Auslandsaufenthalt entschließen, wird sie für mich als Zahnärztin einspringen und die Praxis in meiner Abwesenheit weiterführen.
Was war rückblickend die größte Herausforderung vor und in der ersten Zeit deiner Niederlassung?
Für mich war das Zeitmanagement die größte Herausforderung. Ich arbeite sehr gerne strukturiert und habe Spaß an Organisation. Trotzdem hatte ich unterschätzt, was alles zu erledigen war, bevor es überhaupt losgehen konnte. Vor allem die Schreibtischarbeit beansprucht mich sehr viel mehr als vorher angenommen. Es kommt häufig vor, dass ich nach Hause gehe mit dem Gefühl, nicht alles, was zu tun war oder was ich mir vorgenommen hatte, geschafft zu haben.
Als problematisch empfand ich anfangs auch die vielen steuerlichen Fragen. Kontaktpersonen waren häufig schwierig zu ermitteln und gelegentlich auch etwas anstrengend. Die Empfehlung, mich an eine Existenzgründerberatung zu wenden, hat mir sehr weiter geholfen. Dort habe ich meinen persönlichen Ansprechpartner, der mir bei Unklarheiten zur Seite steht und mir vieles erleichtert.
Warum hast du deine Praxis ausgerechnet in Hamburg gegründet – wo doch Hamburg eine der Städte ist, die zahnmedizinisch eher überversorgt sind?
In der Tat kann man die Lage der Praxis als innerste Innenstadt bezeichnen. Trotzdem ist die Zahnarztdichte hier noch nicht so hoch, wie sie sein könnte. Die Zeit meiner Anstellung habe ich in einer Gegend verbracht, in der es um die 30 Zahnarztpraxen allein in einer einzigen Straße gab.
"Ich wusste sehr genau, worauf ich mich einlasse!"
Ich wusste sehr genau, worauf ich mich einlasse, denn aus meiner Zeit als Vertretungszahnärztin kannte ich die Praxis bereits gut. So war ich mit den Abläufen ebenso vertraut wie mit den meisten Patienten und dem Personal. Zudem war ich für die Patienten und das Team auch keine Fremde. So wusste nicht nur ich, was auf mich zukommt, sondern auch ein Großteil der Menschen, die sich relativ kurzfristig mit einem neuen Zahnarzt oder Arbeitgeber arrangieren mussten.
Geholfen hat mir außerdem, dass ich während der Entscheidungsphase viel positives Feedback bekommen habe. Abgeraten davon, den Schritt zu tun und gerade diese Praxis zu übernehmen, hat mir niemand, stattdessen gab es viele Menschen in meinem Umfeld, die mir Mut gemacht und mich unterstützt haben.
Probleme mit der extrem hohen Wettbewerbsintensität eines Innenstadtstandorts haben sich nicht bemerkbar gemacht. Nach wie vor beruht ein großer Teil des Zulaufs auf Mundpropaganda. Bei dieser Art des Empfehlungsmarketings hat die Lage einer Praxis häufig nicht die oberste Priorität.
"Durch meine Reisen bin ich entspannter!"
Haben dich deine vielen Reisen besser vorbereitet auf die Aufgaben, die eine Niederlassung mit sich bringt?
Meine Auslandsaufenthalte und sozialen Projekte haben mich wohl nicht speziell auf die Praxisarbeit selbst vorbereitet, auf jeden Fall aber hatten sie großen Einfluss auf meine innere Haltung. Ich bin in vielen Situationen entspannter und lasse mich auch von unvorhergesehenen Problemen oder scheinbaren Hürden nicht aus der Ruhe bringen. Diese Gelassenheit hat mir dabei geholfen, die Übernahme in sechs Wochen durchzuziehen, wofür andere im Schnitt sechs Monate brauchen.
Glaubst du, dass sich die fachliche Berufsausübung in der Stadt und auf dem Land unterscheidet?
Ja, absolut. Auf dem Land sind vor allem Generalisten gefragt, die sich der Herausforderung stellen, möglichst viele Bereiche abdecken zu können. In Ballungsgebieten dagegen spezialisieren sich sehr viele Zahnärzte, denn dort ist es besonders wichtig, sich von den Wettbewerbern abzuheben.
Aus meiner vorherigen Tätigkeit in einer Überweisungspraxis habe ich dazu wertvolle Erkenntnisse mitgenommen, und mit der Niederlassung bot sich dann eine Spezialisierung an. Um die Wirtschaftlichkeit meiner Praxis zu garantieren, habe ich daher neben allgemeinzahnärztlichen Leistungen zusätzliche Schwerpunkte auf Endodontologie und CMD gelegt.
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