zm: Herr Dr. Klingenberger, Sie haben jüngst an einer Studie zum Stellenwert von Sozialkapital in Praxisbewertungsverfahren mitgearbeitet. Erklären Sie uns, was ist Sozialkapital?
Dr. David Klingenberger: Der soziologische Begriff des Sozialkapitals bezeichnet „alle sozialstrukturellen Ressourcen, die bestimmte Handlungen eines Individuums als Teil einer Beziehungsstruktur begünstigen“. Das klingt zunächst kompliziert, beschreibt aber einen alltäglichen Sachverhalt.
Soziales Kapital entsteht durch die Bereitschaft der Menschen, miteinander zu kooperieren. Dazu bedarf es einer Vertrauensbasis, auf der sich Kooperation und gegenseitige Unterstützung entwickeln können. Der Begriff des „Sozialkapitals“ betont also den Wert von Beziehungsnetzwerken, die eine Gesellschaft quasi als „sozialen Kitt“ zusammenhalten.
Dies gilt für die Gesamtgesellschaft ebenso wie für die kleineren und überschaubaren Gemeinschaften. Und damit wird Sozialkapital auch für die einzelne Zahnarztpraxis relevant, die im Grunde nichts anderes als ein Beziehungsnetzwerk aus Zahnarzt und Patienten, unter Einbezug der Praxismitarbeiter und des zuarbeitenden Dentallabors, darstellt.
Wie lässt sich Sozialkapital von Humankapital abgrenzen?
Das bereits erwähnte Beziehungsnetzwerk macht den Unterschied. In Abgrenzung zum Humankapital liegt das soziale Kapital nicht in der direkten Verfügung des Einzelnen, sondern es ist an die Existenz anderer Personen beziehungsweise die Verbindung mit diesen anderen Personen gebunden.
Sie können das Sozialkapital daher auch nicht einfach aus der Praxis herausziehen. Es bleibt immer Bestandteil der Praxis! Sozialkapital lässt sich aber generell in anderes, für den Praxisinhaber direkt nutzbares Kapital „konvertieren“, so etwa beim Verkauf der Praxis. Damit erwirbt der Praxiskäufer das Recht, das angesammelte Sozialkapital der Praxis zu nutzen.
Weil sich aber die vom alten Praxisinhaber aufgebaute Patientenbindung schnell verflüchtigen kann, muss der neue Praxisinhaber nun seinerseits den Patientenstamm der Praxis an seine Person binden. Er zehrt also von einem Vertrauensvorschuss der Patienten, dem er in der Folge auch gerecht werden muss. Um das Sozialkapital der Praxis zu sichern, muss die Patientenbindung erneuert werden.
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