Dr. Peter Kriett: Herr Prof. Klodt, die Politik der Europäischen Union wird von vielen nicht mehr verstanden. Welche Folgen hat das?
Prof. Dr. Henning Klodt: Die EU befindet sich in einer ihrer tiefsten Vertrauenskrisen. Ein Hauptgrund dafür ist der übertriebene Regulierungs- und Zentralisierungseifer der EU-Kommission.
Gibt es regionale Unterschiede?
Das Vertrauen in die EU ist in jenen Ländern besonders gering, die von den Euro-Rettungsschirmen profitieren. Sehr positiv wird die EU dagegen in den osteuropäischen Mitgliedsländern gesehen, da für sie die Integration die größten Chancen bietet.
Ist die sogenannte Euro-Krise seit Anwendung der Rettungsschirme und der Zinspolitik der Europäischen Zantralbank (EZB) als erledigt anzusehen?
Die Euro-Krise ist längst noch nicht überwunden, da ihre zentrale Ursache - die Überschuldung vieler Mitgliedsländer - nicht überwunden ist. Die Krise wird derzeit nur von der Geldschwemme der EZB überdeckt.
Was muss sich ändern, um die Akzeptanz der EU in allen EU-Ländern zu verbessern?
Die EU vernachlässigt ihre eigentlichen Aufgaben und mischt sich in Bereiche ein, die besser auf der nationalen Ebene geregelt würden. Um Vertrauen zurückzugewinnen, braucht es kein Durchwursteln, sondern eine konkrete Utopie, in der die Idee der Subsidiarität eine zentrale Rolle einnehmen sollte.
Bei der Europawahl gab es Veränderungen bezüglich der politischen Zusammensetzung des EU-Parlaments. Was bewirken diese Veränderungen?
Die Europa-Wahl hat unmittelbar wenige Auswirkungen, da das EU-Parlament immer noch wenig zu sagen hat. Aber der Erfolg der Europa-kritischen Parteien in vielen Mitgliedsländern dürfte die Politiker veranlassen, die europäische Integration etwas weniger euphorisch voranzutreiben.
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