Bis vor 25 Jahren gab es in Hilden gar keinen zentralen Ort, an dem das Werk des Begründers der wissenschaftlichen Chirurgie gezeigt wurde. Lediglich Teile der chirurgischen Instrumentensammlung konnte man sich in den Vitrinen in der Wilhelm-Fabry-Realschule anschauen. Erst 1989 wurde das Museum zu Ehren Wilhelm Fabrys (hier ein Porträt, das um 1620 von Bartholomäus Sarbourgh erstellt wurde) in der historischen Kornbrennerei eröffnet. Seitdem wächst die Sammlung stetig. Dabei hat das Museum ein klares Konzept: Der Fokus liegt auf der Geschichte der Chirurgie und den chirurgischen Instrumenten vor der Zeit maschineller Produktion.
In der Ausstellung zum 25-jährigen Bestehen des Museums werden auch Objekte zum ersten Mal gezeigt, wie etwa das kürzlich gespendete Werk „Theatrum anatomicum" des Baseler Professors für Anatomie und Botanik, Caspar Bauhin (1560 bis 1624), aus dem Jahre 1605.
Netzwerker im 16. Jahrhundert
Bereits in den vergangenen Jahren machte das Museum durch lehrreiche Ausstellungen zur Medizingeschichte von sich reden. Besonders das „Fabry-Jahr“ 2010 zum 450. Geburtstag des Wundarztes verhalf zu einem höheren Bekanntheitsgrad. Ein neues Highlight ist nun die Ausstellung „Wilhelm Fabry - Persönlichkeit, Wirken, Weltbild, Netzwerk, Patienten“.
Eingangs wird dem Besucher die Person Wilhelm Fabrys näher gebracht. Seine Lehrer wie Cosmas Slot, bei dem er von 1579 bis 1585 in Düsseldorf studierte, Briefpartner aus ganz Europa wie der Markgraf Georg Friedrich von Baden (1573 bis 1638), dessen Leibarzt er 1606 wurde, medizinische Kollegen wie der flämische Anatom Andreas Vesalius (1514 bis 1564) oder Ambroise Paré (etwa 1510 bis 1590), der Chirurg der französischen Valoiskönige und wichtige Persönlichkeiten der Epoche wie Kardinal Richelieu (1585 bis 1642) gehörten zum Lebensumfeld des 1560 in Hilden geborenen Mediziners.
Eine Leiche für die Bürgerrechte
Betritt der Besucher den Saal zur Anatomie, erfährt er, welche Bedeutung die Anatomie für Fabrys Wirken hatte. Standen in seiner Epoche doch der Grundvoraussetzung für die Anatomie - der Sektion von Leichen - immer noch starke christliche und moralische Vorbehalte entgegen, gegen die sich Fabry ausdrücklich wandte. 1601 hatte Fabry in Lausanne die Leiche eines Hingerichteten seziert, dessen Skelett er 1624 der Stadt Bern als Dank für Aufnahme als Bürger schenkte. Zeitgenössische Werke der Anatomie, wie das „Theatrum anatomicum", komplettieren das Bild.
Im Hauptteil der Ausstellung werden die einzelnen Behandlungsbereiche eines Wundarztes der frühen Neuzeit lebendig. Konkrete Krankheitsfälle und deren Verläufe, die Wilhelm Fabry in seinen „Observationes“ oder Briefen schilderte, werden so präsentiert, dass das Verhältnis Fabrys zu seinen Patienten erlebbar wird.
Schädelbohrer und Amputationsbesteck
Die Sammlung medizinischer Fallberichte, das Observationum et Curationum Chirurgicarum Centuriae, verfasste Fabry ab 1610 in sechs Teilen. Das Thema Fasten, der Gebrauch des Klistiers, Augenkrankheiten, das Entfernen von Steinen, die Anwendung eines Kugelbohrers nach Schlussverletzungen und der Aderlass werden durch Fabrys Schriften und originale Instrumente veranschaulicht.
Besonders hervorzuheben sind ein vollständiger Trepanationsbesteckkasten von etwa 1770, ein Schädelbohrer (1640 bis 1700) und Trepanationsbohrer (1570 bis 1630). Gezeigt werden auch Instrumente zur Amputation, sowie zwei Darstellungen dazu aus Fabrys Werk „De gangraena et sphacelo“ (Oppenheim 1617). Thema ist natürlich auch die Seuche der Zeit - die Pest. Ausgestellt ist auch eine Reiseapotheke aus dem 17. bis 18. Jahrhundert - ein ähnliches Exemplar dürfte auch Fabry auf seinen Reisen begleitet haben.
Aderlass als Vorbereitung der Zahnextraktion
Zuletzt fehlen darf natürlich nicht die Behandlung von Zahnerkrankungen. Geschildert werden aus Fabrys Werken zwei Fälle. Obwohl Fabry kein Zahnarzt war, hatte er anscheinend genügend anatomische Kenntnisse, um die in seiner „Observatio III/ 32“ festgehaltene Wurzelentfernung durchführen zu können.
Nachdem sein Kollege beim Zahnziehen scheiterte und durch den verbliebenen Zahnrest ein Abszess an der Zahnwurzel entstanden war, half Fabry schließlich, indem er beim zuvor durch Diät und Aderlass vorbereiteten Patienten die Zahnwurzel ausgrub. Zur Zahnbehandlung werden einige Instrumente wie ein Wurzelheber aus dem 17. Jahrhundert gezeigt.
Die Ausstellung ist noch bis zum 25. Januar 2015 im Wilhelm-Fabry-Museum in Hilden zu sehen. Umrahmt wird die Schau von Vorträgen zum Thema.
Keine Kommentare