Wenn eine Praxis an die nächste Zahnärzte-Generation weiter gegeben wird, stellt sich für viele Praxisabgeber und Praxisübernehmer die Frage, wie mit der Praxisimmobilie verfahren werden soll. Sofern die Räume angemietet sind, ist das in der Regel kein Problem: Der Übernehmer der Praxis tritt in die aus dem Mietvertrag resultierenden Rechte und Pflichten des Praxisabgebers ein, der Vermieter stimmt dieser Vorgehensweise zu, und das Problem ist gelöst. Falls sinnvoll oder erforderlich, kann der Übernehmer noch ergänzende Vertragsbestimmungen (versuchen zu) vereinbaren, zum Beispiel eine längere Vertragslaufzeit oder andere Verlängerungsoptionen und Vereinbarungen über die Übernahme von Umbaukosten.
Aber wie verhält es sich, wenn der Abgeber der Praxis (oder seine Ehefrau) gleichzeitig Eigentümer der Praxisräume ist, und der Übernehmer sich vor die Wahl gestellt sieht, die Praxisräume zu kaufen oder zu mieten?
Zwei Perspektiven
Aus Sicht des Praxisabgebers ist abzuwägen, ob er lieber Mieteinnahmen zur Aufbesserung seiner Rente erzielen möchte. Dann muss er aber auch aus den Mieteinnahmen die Instandhaltung der Praxisimmobilie bezahlen, und das kostet Zeit und Geld. Oder er muss überlegen, ob er die Immobilie verkaufen möchte, um das Geld anderweitig zinsbringend anzulegen beziehungsweise eine andere Immobilie zu erwerben. Feste Regeln, welche Alternative besser ist, gibt es nicht: Der Zustand der Praxisimmobilie, die Lebensplanung des Praxisabgebers, das vorhandene Vermögen und viele weitere Gesichtspunkte können da eine Rolle spielen. Bei dieser Rechenaufgabe sollte, wenn ein Verkauf der Immobilie zur Diskussion steht, auf jeden Fall der Steuerberater hinzugezogen werden, da das Finanzamt bei Immobiliengeschäften ebenso wie beim Praxisverkauf ein gewichtiges Wort mitzureden hat.
Aus Sicht des Übernehmers der Praxis stellt sich die Sachlage ganz anders dar: Er muss in erster Linie entscheiden, ob er zu den Investitionen, die beim Erwerb und der Instandsetzung der Praxis aufgewendet werden müssen, auch noch den Betrag aufbringen will, der für den Erwerb der Praxisräume nötig ist. Hier sind nicht nur steuerliche Überlegungen anzustellen, auch die Bank muss mitspielen. Sofern die Bank der Auffassung ist, dass aus den Praxiserträgen Lebenshaltungskosten, Praxisbetrieb, Praxiskauf und Kauf der Praxisimmobilie nicht finanziert werden können, wird ein Erwerb der Immobilie schon daran scheitern, dass die Finanzierung des Immobilienerwerbs abgelehnt wird. Dann hat der Praxisübernehmer nur noch die Alternative, sich ein notariell beglaubigtes Vorkaufsrecht auf die Praxisimmobilie eintragen zu lassen, um zu einem späteren Zeitpunkt auf sie zugreifen zu können.
Diese Vorgehensweise kann durchaus sinnvoll sein, wenn zum Beispiel der Praxisübernehmer befürchten muss, dass die Erbengemeinschaft der (aus seiner Sicht missratenen) Kinder des noch lebenden, aber schwer erkrankten Eigentümers der Praxisräume ihm später das Leben schwer machen könnte.
Wichtige Fragen vor der Kaufentscheidung
Selbst wenn die Bank einem gleichzeitigen Erwerb der Praxis und der Praxisimmobilie zustimmt, ist immer noch die Frage zu stellen, ob das wirtschaftlich sinnvoll ist. Sofern die Miete der Praxisräume nur unwesentlich geringer ist als die Kosten für Zinsen und Tilgung, die bei einem Kauf der Praxisräume zu bezahlen sind, spricht das eher dafür, die Praxisräume zu kaufen statt zu mieten. Je größer die Differenz zwischen Miete einerseits sowie Zins und Tilgung andererseits wird, desto unattraktiver ist der Kauf der Immobilie.
Was zu beachten ist
Vier Aspekte sollten keinesfalls außer Acht gelassen werden, wenn man mit dem Gedanken spielt, die Praxisräume zu erwerben:
- Sofern man die Praxisräume selbst erwirbt, kann man zwar die Abschreibungen auf die Praxisimmobilie sowie Reparaturkosten steuerlich geltend machen, muss aber bei Aufgabe der Praxistätigkeit den gesamten Wert der Immobilie (abzüglich Buchwert) aktivieren, das heißt, wie laufendes Einkommen versteuern.
- Sofern eine andere Person – zum Beispiel die Ehefrau – die Praxisräume kauft, muss deren Wert bei Aufgabe der Praxistätigkeit zwar nicht aktiviert werden, im Falle einer Scheidung gehören die Räumlichkeiten dann aber der nicht mehr Gattin. Und ob die Kinder als Eigentümer später ihren Eltern Freude bereiten, ist bei Erwerb der Praxisimmobilie ebenfalls noch nicht abzuschätzen.
- Die Miete kann nicht ohne weiteres an die Kosten des Immobilienkredits (nach oben) angepasst werden, weil das Finanzamt die Höhe der zuvor gezahlten Miete kennt und bei drastischen Mieterhöhungen unter Umständen die neu vereinbarte höhere Miete, welche an den neuen Eigentümer entrichtet wird, nicht anerkennt. Das Modell „Ich bezahle aus der Miete an meine Frau Zins und Tilgung für die Immobilie“ klappt nicht immer, und es muss zuvor vom Steuerberater auf Realisierbarkeit abgeklopft werden. Derzeit steigen die Immobilienpreise deutlich, aber die Zinsen sind günstig. Welche dieser beiden gegenläufigen Tendenzen sich stärker auswirkt, muss im Einzelfall genau überprüft werden.
- Je mehr Schulden man bei der Bank hat, desto größer ist die Abhängigkeit, in die man sich begibt. Dass Banken keine reinen Wohltäter der Menschheit sind, dürfte sich herumgesprochen haben. Und ob die tägliche Arbeit mehr Spaß macht, wenn die Bank mittels vom Bankkunden zu bezahlenden Unternehmensberatern in die Praxisführung hineinregiert, darf bezweifelt werden. Der Abhängigkeit kann man am besten entgegenwirken, wenn man für den Immobilienkauf möglichst viel Eigenkapital einsetzen kann.
In der Regel ist es günstiger, wenn der Praxiseigentümer den Erwerb der Praxisimmobilie einer ihm nahe stehenden Person überlässt. So wird ein Teil der Alterseinkünfte über die Praxisimmobilie privat finanziert und unterliegt nicht den politischen Interessen des Gesetzgebers. Die Gestaltung des Gewerbemietvertrages sollte gegebenenfalls mit Steuerberater und Anwalt abgestimmt werden.