Kristin Jahn: Herr Prof. Dr. Dr. Wiltfang, Sie forschen zu periimplantären Entzündungen. Wie groß ist hier aktuell der Wissensbedarf?
Jörg Wiltfang: Der Forschungsbedarf ist in diesem vergleichsweise neuen Themengebiet noch sehr hoch, es gibt viele Wissenslücken. Im Augenblick haben wir keine verlässlichen Zahlen über die Häufigkeit der Periimplantitis. Wir haben auch noch keine verlässlichen Hinweise zu den Ursachen. Genetische Analysen im Rahmen eigener Untersuchungen haben gezeigt, dass bei der Periimplantitis ganz andere Gene aktiviert werden als bei einer Parodontitis. Bei der Periimplantitis sind es eher Gene der Abwehr, anstatt Gene, die Entzündungen regulieren.
Wie entstehen periimplantäre Entzündungen?
Ich glaube, wir machen es uns zu einfach, wenn wir davon ausgehen, dass die Periimplantitis einfach eine Parodontitis am Implantat ist. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass wir ein Fremdmaterial aus Titan oder Keramik mit einer Oberfläche unterschiedlicher Art einbringen. Dieses Material steht im direkten Kontakt zur Mundhöhle, im Gegensatz zum Beispiel zu einer Hüftprothese.
Auch bei der Parodontitis gibt es noch viele Fragezeichen: Welchen Einfluss hat die Genetik, warum gibt es auch jüngere Patienten, die einen sehr aggressiven Verlauf aufweisen, welche Co-Faktoren beeinflussen die Parodontitis? Bei der Periimplantitis kommt zu diesen Fragen der Einfluss des technischen Systems "Implantat" hinzu. Natürlich gibt es hier schon Ergebnisse und auch Vermutungen, aber eine endgültige Lösung gibt es noch nicht.
Sie haben eine Langzeitstudie über regenerative Periimplantitistherapien durchgeführt. Können Sie Ziele und Aufbau der Studie beschreiben?
Unser Ziel war, bei einer fortgeschrittenen Periimplantitis mit Knochenabbau eine Regeneration zu erreichen. Wir wollten die Implantatoberflächen im Vorfeld so behandeln, dass wieder eine Knochenanlagerung stattfindet. Um das zu erreichen, haben wir die Implantatoberfläche mit Ätzgel konditioniert und die Knochendefekte mit knochenaufbauenden Substanzen wieder gefüllt. Dabei hatten wir ganz gute Erfolge. Allerdings sind das keine Langzeiterfolge - eine solche regenerative Therapie kann die Periimplantitis nicht stoppen, aber sie kann deren Verlauf positiv beeinflussen.
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